Gehoere ich halt nicht dazu
kle i nen Drecksbalg kümmern muss. Eine Idee kommt mir, ein Funken Hoffnung. „Arbeitest du dort auch?“, frage ich.
„Nein. Ich muss meinen Sohn abholen, er heißt Florian und ist drei“, sagt sie.
„Er ist ein sehr liebes Kind“, sagt sie ein wenig später. Mir ist das egal.
Mein Auto gefällt Jolanda.
„Ein Cabrio. Das ist sicher teuer“, sagt sie. Ich sage nichts, aber öffne das Dach, obwohl es noch ein bisschen kühl dra u ßen ist.
Die Musik in meinem Auto gefällt Jolanda. Ich hab extra etwas Leichter e s ausgesucht. Sie singt mit. Wenn ich schneller fahre, lacht sie wie ein Kind, hebt ihre Arme Richtung Himmel und spürt den Wind. Bei Ampeln e r mutigt sie mich, den Motor aufheulen zu lassen. „Wie ein Wolf“, sagt sie.
Beim Aussteigen fragt sie: „Sehen wir uns wieder?“
Ich sage nichts und mustere sie wie die Amateur-Porno-Models im Internet, bevor ich entscheide, ob sie gut genug sind, um auf meiner Festplatte gespeichert zu werden. Sie merkt nichts.
„Morgen Nachmittag hätte ich Zeit“, sagt sie, weil ich immer noch schweige. Ich entscheide, ich will. Ist ja eh egal. „Gehen wir ins Haus des Meeres? Da zeige ich dir, dass nicht alle Schlangen böse sind“, sage ich.
„Ich nehme Florian mit und bin gegen drei dort“, sagt sie und läuft Richtung Kindergarten. Ich schaue ihr lange nach. Fa s sungslos.
Ich würde mir gern mit der Faust ins Gesicht schlagen. In me i nem Kopf ist Leere. Und gleichzeitig sind da tausend Stimmen. „Diese impertinente Göre. Kommt zum Date mit Kind, na super“, höre ich. „Jetzt sich zu verlieben, würde dich nur von deinem Plan abbringen zu sterben. Oder willst du sie unglücklich machen ? “, sagt eine lieblich säuselnde Stimme. „He, bei dir klappt nie was, ich hoffe, du schaffst das Umbri n gen überhaupt“, sagt eine andere Stimme. „Wie wäre es mit einem Bier ? “, sagt wer anderer tief in mir. „Spielen dreijähr i ge Kinder eigentlich Puzzle ? “, fragt ein Gedanke. „Du bist ein Id i ot“, hallt es in meinem Kopf. „Süß ist sie schon. Aber zu jung für dich.“ „Fick sie endlich“, sagt eine weitere Stimme. Das gefällt mir von allen Gedanken am besten.
Ich sehe, wie Jolanda mit ihrem Sohn am Arm schon wieder aus dem Kindergarten kommt und dr ü cke aufs Gaspedal um weiterzukommen, weg von den Gedanken hier.
Ich fahre in Richtung meiner Wohnung. Im Radio sind Nac h richten. Man erwarte Proteste entlang des Weges des Olympischen Feuers Richtung China, sagt ein Expe r te. Wegen der Tibetfrage. Mir tut das Feuer leid, das gerade erst so helde n haft gestartet ist. Ich versuche an Griechenland zu denken, ans Feuer und nicht mehr an meine neue Flamme.
Es gelingt nicht. Ich bin ein bisschen verliebt und ein bisschen geil. Aber das wird gleich wieder ve r gehen.
Ich weiß nicht, was ich tun soll. Oft geht es mir so. Wer keine Arbeit, keine Aufgabe und keine Familie hat, der hat zu viel Zeit. Selbst wenn er oft Autofahren geht. Nur mehr vier Tage, wenn man den heutigen nicht mehr mi t zählt, denk ich dann. Und es ist mir auch egal, dass ich Jolandas Lieblingskund en vielleicht nicht mehr kennen lernen werde. Ich muss noch überlegen, um wie viel Uhr ich sterben werde. Ob sie zu me i nem Begräbnis kommt? Ob pitpuff69 kommt?
Ich beschließe, wieder einmal zu meinem Hausarzt zu gehen, um mir Schlaftabletten verschreiben zu lassen. Da habe ich erstens noch einen Programmpunkt für heute und zweitens, denke ich, sind Tabletten wohl ohnehin der realistische Weg für mich, aus dem Leben zu sche i den. Das ist irgendwie so passiv und langweilig wie mein ganzes Leben. Und für meinen Freitod muss ich noch ein paar Pillen sammeln. Sicherheit s halber. Ich würde mich gerne mit einem Sprengstoffgürtel umbringen und viele Menschen mit in den Tod reißen. Vielleicht sogar in e i ner Kirche, so dass es einen lauten Knall gibt. Meine Anklage an die Welt würde dann ein paar Tage die Nac h richten beherrschen. Aber ich kenne mich. Ich glaub nicht, dass ich den Mut dafür aufbrächte. Ja, sogar für feige Taten bedarf es Mut. Außerdem weiß ich nicht, wie man an Sprengstoff kommt.
Ich habe mir einmal eine Geschichte ausgedacht. Wie es w ä re, wenn ein riesiger Komet auf die Erde stürzen wü r de und die Welt drei Tage vorher weiß, dass so etwas passieren wird. Wie die Leute sich verhielten, wenn klar ist, dass es definitiv das Ende der Erde sein wird. Denn ich glaube nicht, dass es so wäre wie in den Hollywood-Filmen, wo ein
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