Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
Vom Netzwerk:
warten. Wissen Sie, wer damit gemeint ist?“
    „Weiß ich. Gut. Mache ich. Da fahre ich morgen früh gleich hin.“
    Er war recht zufrieden. „Noch eines – würden Sie bitte bis zum Grenzübergang Needles in Arizona bleiben und von dort aus zum Ignacio fahren? So meiden Sie Nevada, und das könnte morgen von Vorteil sein.“
     
    Mann, abhauen war gar nicht so einfach, wie das immer dargestellt wird. Ich setzte mich zu ihm ins Auto und schrieb einen kurzen, wegen der weichen Unterlage ziemlich zittrigen Abschiedsbrief.
    So ein Anwalt hat Gummihandschuhe im Auto, was ich vorher auch nicht wusste, also steckte er mein „Adieu, schnöde Welt“ in einen Briefumschlag, dessen Klappe und Briefmarke er mich lecken ließ, verstaute ihn in seiner Ledertasche und holte ein längliches, gelbes Kuvert heraus. Es enthielt computerausgedruckte Anweisungen. Telefonnummern, wen wann und wofür anrufen, Namen und URLs, Internetadressen.
    Ich schaute interessiert darauf und dachte mir, dass ich als Rechtsanwalt nie und nimmer solch heiße Eisen aus der Hand geben würde. Sammy konnte Gedanken lesen. „Hole deinen Laptop aus deinem Auto und trage alles in den ein. Das Blatt bleibt bei mir.“
    Zuletzt überreichte er mir noch einen Umschlag mit Bargeld. „Für die Fahrt. Misty überweist einen Betrag an Ignacio. Momentan müsste das reichen, um die nächsten Tage einigermaßen zu überstehen.“
     
    Wir umarmten uns, nachts um eins auf einem Kneipenparkplatz in Arizona, und er sagte mir, wie schade es sei, dass wir uns nicht mehr sehen würden. Ich sei, obwohl Kalifornier, ein netter Mensch. Nette Menschen wären selten.
     
    Um diese Zeit noch ein Zimmer zu bekommen war ausgeschlossen. Also setzte ich mich ins Indianerkasino, spielte ein paar Runden Siebzehnundvier, trank viel zu viel Kaffee und fuhr morgens um sechs weiter. Bei Topock über die unbewachte Staatsgrenze, durch Needles und die lange, steile Steigung hoch in die Mojave.
    Bei Barstow rief ich Misty an, aber als sich Maria Guadalupe meldete, legte ich wortlos auf. Dann Rick – unsere heutige Verabredung in Las Vegas hatte ich gestern in der Aufregung total verschwitzt, aber er war zum Glück noch zu Hause.
    „Heute nicht – ist was dazwischengekommen. Ich werde nachher sterben, also staune nicht, wenn du TV-Nachrichten siehst!“
    „Alles klar. Schönen Tod wünsche ich. Meldest du dich wieder?“
    „Mache ich. Morgen oder übermorgen.“
    Keine fünfzehn Sekunden. Mann, o Mann.
     
    Der Sonnabend wollte nicht vergehen. Ich kreuzte durch die Wüste, fand mich plötzlich in Bakersfield wieder und bog nach Westen ab. Zweieinhalb Stunden später war ich an der Küste. Auf Highway 101 fuhr ich die dreißig Meilen nach San Miguel, kurvte um die Mission und stellte meinen Caddy neben Ignacios alten VW. Dann klopfte ich an seine Klausentür.
    „Mensch, Jon, wie schön! Sammy rief vorhin an und lässt ausrichten, es sei alles klargegangen. Für Montag habe er einen neuen Termin mit dem Polizisten, aber er schätzt, dass du am Montag schon längst von den Fischen gefressen wurdest.“
    „Hätte nie gedacht, dass ich so was von einem Mann Gottes hören würde. Wie geht´s, Hochwürden?“
    „Einwandfrei, Jon. Und dir auch, wie mir Misty sagte. Sie ist eine Liebe, nicht wahr?“ Das, versicherte ich, sei sie. Keine Frage. Und woher sie sich denn kennen würden.
    „Das erzählt dir Misty bei Gelegenheit.“ Womit er die Frage genauso elegant abbog wie sie das getan hatte.
     
    Wir holten Kaffee und Gebäck aus der Küche, gingen auf den Friedhof und setzten uns in den Schatten einer Goldeiche. Die Sonne schien, die Vögel sangen. Eine Gruppe Besucher stieg aus einem altertümlichen Reisebus, eine andere Gruppe strebte zu ihrem Bus, dessen japanische Aufschrift sich vor dieser alten spanischen Kolonialmission recht exotisch ausmachte.
    „Wie steht´s um dich?“
    „Wenn ich das wüsste, Ignacio. Ich habe zwar einen Plan gemacht und einen Freund dafür begeistern können, aber es hängt alles davon ab, ob ich denen noch mal von der Mistgabel hüpfen kann.“
    Stimmt, meinte er. Und fragte mich, ob ich schon vom Auffinden meines alten Radiochefs gehört habe. Hatte ich. Wir saßen eine Weile stumm im Schatten.
    „Ich habe dich bei meinen Ordensbrüdern als Asylanten geoutet. Die werden dich also schützen, und sie werden dir beistehen. Du hast eine Kammer, und ich zeige dir nachher, wo alles ist. Wo du hindarfst und wo nicht. Denn wir haben auch ein Verlangen nach

Weitere Kostenlose Bücher