Geister-Canyon
Gedanken. Er wusste: was er hier erlebte, hatten sich nicht tote Indianer, sondern ein quicklebendiges teuflisches Gehirn ausgedacht! Was seine plötzlich auflodernde Angst nicht minderte. Das grauenvolle Lachen wurde lauter und lauter. Die Fratze verlosch, und Justus wich zurück in die andere Richtung, in den Teil des Canyons, den er noch nicht kannte. Wenn er sich jetzt beeilte, kam er auf der anderen Seite hinaus â heraus aus dem Canyon! â das war jetzt sein einziger Gedanke, heraus, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und zu überlegen, was zu tun sei. Ãber ihm rauschte etwas, und als Justus den Kopf nach oben drehte, traf es ihn auch schon. Er hustete und spuckte, eingehüllt in eine gewaltige Ladung Sand, der ihm in den Augen brannte. Justus kauerte sich nieder und rieb sich die tränenden Augen. »Die Million«, meinte er zwischen all dem Gelächter zu hören, »die Million, gib mir die Million! Und verschwinde!«
Die Rucksäcke waren unter ihm, er hatte sie sich zwischen die Knie geklemmt. Er brauchte sie nur herzugeben. Dann hatte er wahrscheinlich seine Ruhe.
Als er endlich den Sand aus seinen Augen entfernt hatte, richtete er sich auf und rief: »Komm raus, du Phantom! Du kriegst deine Million! Aber nur gegen die Geige!«
Die Antwort war ein Lachen. Und eine zweite Ladung Sand. Für einen kurzen Augenblick verlor Justus die Nerven. Er drehte sich um und floh. Zwängte sich zwischen den Felsen hindurch, stolperte über Steine, wollte hinaus ins Freie, bis ihn eine flackernde Hitzewand aufhielt: Sein Fluchtweg war durch einen dicken brennenden Ast versperrt! Die Flammen loderten meterhoch. Justus drehte um und hastete zurück. Doch auch hier: Feuer!
Er saà in der Falle. Langsam wich Justus zurück. Etwa in der Mitte zwischen den beiden Brandherden befand sich eine etwas gröÃere Höhle, in der er innehielt. Er spürte seine Taschenlampe in der Hand und leuchtete die Wände hoch, um zu prüfen, ob er irgendwie aus dem Canyon herausklettern konnte. Doch es war aussichtslos. Die Wände waren zu steil. Selbst der sportliche Peter hätte kaum eine Chance gehabt, da hochzukommen.
Plötzlich erstarb das Gelächter. Mit einem Schlag wurde es ganz still. Selbst die Geige war nicht mehr zu hören. Unwillkürlich kauerte sich Justus zusammen. Was für eine Ãberraschung erwartete ihn als Nächstes? Von oben strahlte eine Lampe auf. Sie leuchtete durch die Höhle und markierte einen Punkt im Sand, der sich wenige Meter neben Justus befand. Unwillkürlich bewegte er sich auf die Stelle zu. Der Boden war weich. Justus bückte sich und fing an zu graben, erst langsam, dann immer schneller. Er war auf etwas gestoÃen, das hohl klang, wenn man dagegen stieÃ. Kaum eine Minute später zog er einen schwarzen Geigenkasten aus dem Sand. Im gleichen Moment erlosch das Licht über ihm. Justus wartete einen Moment und versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Als nichts passierte, leuchtete er den Geigenkasten an. Es war dasselbe Modell, das er aus dem Zion Park kannte. Auch dieser Kasten war unverschlossen. Justus klappte die Verriegelung hoch und öffnete den Koffer. Der Geigenkasten war leer. Bis auf ein zusammengefaltetes Blatt, aus dem ein Foto fiel, als Justus es herausnehmen wollte. Er erschrak. Es war ein Polaroidbild, unterbelichtet zwar, dennoch konnte man Justus, Peter und Bob erkennen, wie sie unter der Plane am Parkplatz des Antelope Canyons saÃen und die Reste ihres Einkaufs aus dem Supermarkt verspeisten. Etwas unscharf, aber doch deutlich zu erkennen. Justus drehte das Bild herum. Auf der Rückseite stand in dicken Buchstaben:
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LETZTE WARNUNG: DAS NÃCHSTE MAL BIST DU ALLEIN!
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Der Entführer wusste über alles Bescheid! Er hatte sie beobachtet. Aber es würde ein nächstes Treffen geben. Die Geige war noch nicht verloren. Justus faltete das Blatt auseinander. Es war nach dem Schema der bisherigen Botschaften aufgebaut. Drei Bilder, die den Ort markierten, sowie eine Uhrzeit: MONTAG 11 UHR. Was die Fotos abbildeten, war nicht schwer zu erraten. Es war eine bestimmte Stelle im Grand Canyon, dem gröÃten, tiefsten und eindrucksvollsten Canyon, den Amerika zu bieten hatte. Nachdenklich verstaute Justus alles wieder im Koffer. Er wusste, nun hatte er nichts mehr zu befürchten. Zumindest heute nicht. Was ihn jedoch nach den gerade durchstandenen Ereignissen noch alles im Grand Canyon
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