Geister der Vergangenheit
landeten schließlich in Haggerston, wo Granger lebte. Es gab dort einen Park und auf der Ostseite die Haltestelle der U-Bahn. In der Nähe lag auch die kleine Straße, in der Granger wohnte.
Eine Einbahnstraße, die dort abschloss, wo der Haggerston Park begann. Nicht weit entfernt floss der Grand Union Canal entlang. Es war keine der Vorzeigegegenden in der Stadt, und auch der Park besaß nicht eben den besten Ruf.
Wir fanden eine freie Stelle, an der wir den Rover parken konnten. Den Rest gingen Bill und ich zu Fuß. Dass der Park in der Nähe lag, war zu riechen. Zudem hatte der Herbstwind viel Laub von den Bäumen gerissen, es über die Dächer der Häuser geweht und auch in die Einbahnstraße, sodass sie an manchen Stellen aussah wie ein mit Laub gedeckter Tisch. Die Häuser gehörten nicht zu den neusten Bauten. Sie zeigten graue Fassaden.
Geschäfte gab es keine. Nicht mal eine Kneipe war zu sehen. Dafür schauten die Baumwipfel des nahen Parks über die Dächer hinweg.
Die Haustür, durch die wir treten mussten, lag in einer Nische. An den beiden Ecken der Nische war der Putz abgeschlagen, sodass das nackte Gestein zum Vorschein kam.
Es gab ein Klingelbrett, auf dem verschiedene Namen standen. Zum Glück wohnte Granger Parterre, und er hatte uns bereits ankommen sehen, denn neben der Tür öffnete sich ein Fenster.
Phil Granger steckte seinen Kopf nach draußen. Ich schaute in ein blasses Dutzendgesicht. Seine Haare waren sehr hell blond, die Augen wirkten auf mich stumpf. Kein Glanz lag in ihnen.
Ich überließ Bill das Reden. Er kam nur nicht dazu, denn Granger war schneller.
»Ähm, Sie sind nicht allein gekommen?«
»So ist es.«
»Aber...«
Diesmal unterbrach Bill ihn. »Kein aber, Mr. Granger. Sie sollten wissen, dass ich auf Ihrer Seite bin. Sonst hätte ich mich nicht für Sie eingesetzt.«
»Ja, aber die Polizei wird...«
Jetzt übernahm ich das Wort. »Pardon, Mr. Granger, aber ich bin von der Polizei. Mein Name ist John Sinclair. Ich arbeite bei Scotland Yard.«
Der Mann schaute nicht mich an, sondern Bill. »Stimmt das, Mr. Conolly?«
»Ja.«
»Und was wollen sie mit...«
»Er wird sich alles anhören, und ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass John Sinclair ein Fachmann ist.«
»Nun ja, ich weiß nicht so recht...«
»Lassen Sie uns rein.«
Er schaute uns noch mal an, nickte und verschwand aus der Fensteröffnung. Kurze Zeit später hörten wir den Summer, und wir konnten die Tür nach innen drücken.
Ein kalter Hausflur empfing uns. Kalt nicht wegen der Temperatur. Er war einfach etwas zum Abgewöhnen. Die grauen Wände, die ebenfalls grauen Stufen, und der Boden besaß auch noch diese Farbe.
Granger erwartete uns in der offenen Tür. Er trug eine dunkelblaue Jogginghose und ein verblichenes T-Shirt. Sein Mund zuckte. So wusste er wohl nicht, ob er lächeln oder weinen sollte. »Kommen Sie rein.«
Die kleine Wohnung bot keine Überraschung. Schon im Flur war zu sehen, dass der Mann hier allein lebte. Da wies nichts auf die Anwesenheit einer Frau hin. Es gab keine Blumen, nichts Freundliches, und es roch nach kaltem Zigarettenrauch, der in den Tapeten zu kleben schien.
Im Wohnraum nahmen wir keinen anderen Geruch wahr. Da hatte auch das Öffnen der Fenster nichts bewirkt. Die Glotze lief. Granger schaltete sie aus und deutete auf eine Couch, auf deren Sitzfläche eine Decke lag. Er selbst setzte sich in einen Sessel, dabei sackte das Polster tief ein. Die Möbel hatten schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel, und nur der Fernseher war neu. Es handelte sich um einen dieser superflachen Plasmabildschirme.
»Wollen Sie etwas Trinken?« Granger schaute uns an und holte vom Rand des Tisches einen mit Kippen gefüllten Ascher.
Ich winkte ab. »Nein, nein, Mr. Granger, wir haben auch nur einige Fragen an Sie.«
»Bitte. Zu fragen kostet nichts. Außerdem bin ich bereits gefeuert worden. Da wird noch einiges auf mich zukommen.«
»Nicht unbedingt«, sagte ich.
»Ach? Wieso das denn? Da wissen Sie mehr als ich.«
»Das glaube ich nicht, Mr. Granger. Sie sind ja nicht absichtlich in das Schaufenster gefahren.«
»Das sagen Sie mal Ihren Kollegen. Oder dem Geschäftsführer der Buchhandlung. Der sieht alles ganz anders.«
»Das kann ich mir denken. Aber es gab wohl etwas, das Sie abgelenkt hat.«
Er schaute mich fast düster an. »Ja, das war der Mönch.« Plötzlich fing er an zu zittern. »Sie glauben gar nicht, was ich durchgemacht habe«, flüsterte er. »Das war der
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