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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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dass er gehorchte. Bei der Aufregung vergaßen Dagný und Freyr völlig, sich vor dem Gestank zu schützen, der sie in der Türöffnung wie ein unsichtbarer Vorhang traf. Aber sie gewöhnten sich unglaublich schnell daran, nachdem sie das Haus betreten hatten. Das wenige, das Freyr vom Inneren des Hauses sah, war so, wie er es sich vorgestellt hatte: ziemlich alt und abgenutzt, obwohl man an einigen Stellen erkennen konnte, dass jemand versucht hatte, es zu renovieren. Sogar bei dem schwachen Licht konnte man sehen, wie schlecht das geglückt war.
    »Sie ist hier.« Dagný ließ Freyr den Vortritt in die Küche. »Pass auf, da hinten ist ein Loch. Da willst du bestimmt nicht reinfallen, der Gestank kommt von da.« Veigar kniete neben einer Frau, die zusammengekrümmt auf dem Boden lag, das Gesicht in einer schwarzen Pfütze, von der Freyr hoffte, dass es kein Blut war, obwohl er es vermutete. Das würde das Blut an dem unverletzten Hund erklären.
    Freyr stellte Lebenszeichen an der Frau fest und strich mit den Händen über ihre Halswirbel. Sie waren unverletzt. Dann bat er Veigar, ihm ein Messer zu geben, und schnitt ihr damit die Kleidung auf. Als er ihren bleichen Rücken sah, untersuchte er den Rest ihrer Wirbelsäule, die unverletzt zu sein schien. Auch andere Wunden waren nicht zu erkennen. Ihr Atem ging unregelmäßig und rasselnd. »Hilf mir, sie vorsichtig umzudrehen«, sagte Freyr und drehte die Verletzte zusammen mit Veigar auf den Rücken. Veigar wich abrupt zurück, als er die Verletzungen sah. Die Frau hatte feuerrote, blutige, kreuzförmige Schnitte im Gesicht, die so nah an ihren Augen waren, dass sie froh sein konnte, sie nicht verloren zu haben. Freyr reckte sich nach Veigars Taschenlampe und stellte das Licht so ein, dass er besser sehen konnte. Er musste aufpassen, dass ihm der Kopf der Frau nicht aus der Hand glitt und zurück auf den Boden prallte. Freyr hätte schwören können, aus dem Loch hinter sich ein leises, dreistes Kinderlachen dringen zu hören, war aber zu verwirrt, um Angst zu bekommen.
    Es war Líf. Oder das, was von ihr noch übrig war.

33. Kapitel
    Entweder war der Gestank im Haus verflogen oder sie hatten sich so daran gewöhnt, dass sie ihn nicht mehr wahrnahmen, zumindest hielt sich niemand mehr die Nase zu oder verbarg sie in seiner Armbeuge. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, die beiden anderen Personen, die sich im Haus aufhalten sollten, zu suchen und sich um Líf zu kümmern, um noch etwas zu riechen. Mit jedem leeren Zimmer, das sie entdeckten, wurde ihnen mulmiger zumute. Das Paar schien verschwunden zu sein, und Veigars und Dagnýs Suche im Arzthaus trug auch keine Früchte.
    Der Kapitän saß auf einem Küchenstuhl, seufzte in regelmäßigen Abständen, schüttelte den Kopf und murmelte, er hätte doch versucht, die Leute zu warnen, aber auf ihn würde ja niemand hören. Noch nicht mal jetzt. Freyr war sich nicht sicher, ob er damit Dagný und Veigar meinte, die durch das Loch in den Keller geklettert waren. Veigar hatte als Erster seinen Kopf und die Taschenlampe durch das Loch gesteckt und war leichenblass wieder aufgetaucht, mit der Neuigkeit, im Keller befände sich eine Leiche. Vermutlich von einem Kind. Freyr hatte von der verletzten Líf aufgeschaut, deren Zustand sich langsam, aber stetig verschlechterte, und in den Keller gewollt, aber Dagný hatte ihn am Arm gepackt und zurückgehalten. Sie war Veigar dann selbst nach unten gefolgt und hatte kurz darauf den Kopf durch das Loch gesteckt, um Freyr zu sagen, dass es sich nicht um seinen Sohn handelte. Dann waren die beiden wieder hochgestiegen und aus der Küche gegangen, um sich unter vier Augen zu beraten. Sobald sie außer Sicht waren, legte Freyr Lífs Kopf vorsichtig auf seine zusammengerollte Jacke und ging zu dem Loch, um mit eigenen Augen zu sehen, dass es sich nicht um Benni handelte. Der Stacheldraht, der sich um sein Herz gelegt hatte, zog sich immer enger zu, und als er in den düsteren, niedrigen Raum schauen konnte, bekam er vor Beklemmung kaum noch Luft. Dagný hatte nicht gelogen, das konnte nicht Benni sein, dafür hatte die Leiche schon zu lange dort gelegen.
    Als Dagný und Veigar zurückkamen, lag Freyr immer noch auf dem Boden und schaute durch das Loch, völlig ergriffen von dem traurigen Anblick. Neben dem Häufchen, das einstmals geatmet, gelächelt und gespielt hatte, ohne die geringste Ahnung zu haben, wo es einmal ruhen würde, lag eine verschlissene, staubige Schultasche.

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