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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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er einfach mal vorbeischauen, anstatt Muscheln zu verteilen und den Boden mit nassen Stiefeln zu versauen«, fügte sie hinzu.
    Garðar trank einen Schluck aus seiner Coladose. »Sag so was nicht. Es gibt garantiert eine Erklärung dafür, auch wenn wir im Moment nicht darauf kommen. Wir sollten uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, die Muscheln waren wahrscheinlich schon da, wir haben sie nur nicht bemerkt, und das auf dem Boden ist Regenwasser. Du weißt doch, dass das Haus total reparaturbedürftig ist.«
    »Erzähl doch nicht solchen Quatsch. Es hat überhaupt nicht geregnet. Nein, hier läuft ein Verrückter rum und versteckt sich in einem der Häuser. Bei diesem Gruß von ihm bekommt man doch eine Gänsehaut«, entgegnete Líf und massierte ihren Arm. »Tschüs! Was soll das denn bedeuten? Will er, dass wir gehen, oder will er uns umbringen und sich vorher von uns verabschieden?« Sie drehte sich wieder zum Fenster und starrte hinaus. »Ob wir es gemerkt hätten, wenn letzte Nacht oder heute Morgen ein Boot angekommen wäre?« Sie schaute zum Strand, der hundert Meter unterhalb des Hauses lag, und übers Meer. »Ich kann zwar kein Boot sehen, aber vielleicht hat er tiefer im Fjord angelegt.«
    »Natürlich hätten wir ein Boot gehört. Weißt du noch, wie laut der Kahn war, mit dem wir hergekommen sind?« Garðar trank einen weiteren Schluck. »Hier ist niemand außer uns.«
    Katrín war sich da nicht so sicher, auch wenn sie Líf nicht beipflichtete. Sie waren gestern Abend so müde gewesen, dass ein Hubschrauber vor dem Haus hätten landen können, ohne dass sie es gemerkt hätten. Katrín war noch gar nicht auf die Idee gekommen, dass ein Boot an einer anderen Stelle als am Schwimmsteg anlanden könnte. Natürlich war das denkbar, der Kapitän hatte erzählt, dass man an einem Sandstrand oft Leute mit einem Schlauchboot an Land bringen musste. Es war also durchaus möglich, an Hesteyri vorbeizufahren, tiefer im Fjord zu ankern und mit einem Schlauchboot an Land zu rudern, das man leicht verstecken konnte. So könnte jemand unbemerkt herkommen.
    »Gib mir mal einen Schluck.« Katrín nahm die Dose und trank. Trotz der Kälte war die Cola warm. Sie hatten den alten Kaminofen im Erdgeschoss, der ihren Schlafraum heizte, noch nicht angemacht. Das hätte in dem Zimmer, in dem sie jetzt in dicken Pullis und Wollsocken saßen, nichts gebracht. »Können wir das Thema nicht auf morgen früh verschieben? Tagsüber erscheint immer alles viel einfacher als abends und nachts. Ich will jetzt nicht weiter darüber reden.«
    »Aber ich kann nicht schlafen, wenn ein Verrückter draußen rumstreunt«, sagte Líf. Als sie sich umdrehte, war die Scheibe hinter ihr beschlagen. »Und wenn er heute Nacht kommt? Das Schloss unten hält doch noch nicht mal ein Kleinkind ab. Wahrscheinlich habe ich ihn gehört, als ich aufgewacht bin.«
    Garðar rappelte sich hoch. Putti blickte auf, steckte die Schnauze aber sofort wieder unter seinen Körper und schlief weiter. »Hier ist niemand außer uns, glaub mir. Wir haben nichts zu befürchten, und das beweise ich euch sogar. Ich gehe runter zum Fluss und hole das Bier. Ein bisschen Alkohol im Blut kann euch im Moment nicht schaden.«
    Katrín verschluckte sich an ihrer Cola. Sie wollte nicht, dass Garðar sie alleine ließ und in die Nacht hinausging. Als sie heute von ihrem Spaziergang zurückgekommen waren, war sie sofort in die Stube gegangen, um sich die Muscheln anzuschauen, von denen Garðar gesprochen hatte. Auf dem Nachhauseweg hatte sie die Muschel, die sie von dem Grab mitgenommen hatte, so fest umkrallt, dass sich tiefe, wellenförmige Streifen in ihrer Hand abzeichneten. Sie hatte ihren Griff erst gelöst, als sie vor den schneeweißen, völlig identischen Muscheln gestanden hatte, die auf dem Fußboden mit schiefen Buchstaben das Wort
tschüs
bildeten. Das war also der Abschiedsgruß. Keiner von ihnen wollte zugeben, das Wort gelegt zu haben. Katrín hatte das Gefühl, dass Garðar Líf verdächtigte. Natürlich war sie geschockt gewesen, als sie das krakelige Wort gesehen hatte. Sie war davon überzeugt, dass keiner von ihnen das gemacht hatte, und wurde das unheimliche Gefühl, das bei dem Anblick über sie gekommen war, nicht los. Sie würde Garðar nie alleine in die Nacht hinausgehen lassen, zumindest nicht, solange sie nicht wussten, ob sich jemand draußen herumtrieb. Zum Beispiel Lífs Verrückter.
    »Du gehst nicht alleine raus«, sagte Katrín und wischte

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