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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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wieder geschmolzen. Dunkle Flächen waren ja an Sonnentagen auch wärmer als helle. Zum Glück hatte Garðar das Fuchsskelett sofort wieder zugeschaufelt – Katrín wollte die Überreste des Tieres nicht vor Augen haben. Ein weiterer heißer Wasserguss prallte auf ihren Kopf, und sie bekam Shampoo in die Augen. Dafür brannte ihre Kopfhaut nicht mehr so stark.
    »Scheiße.« Katrín rieb sich die Augen, was es nur noch schlimmer machte. »Gib mir mal das Handtuch.« Sie bückte sich, öffnete die Augen einen Spalt und zuckte zurück, als sie auf der Terrasse direkt unter ihrem Gesicht schmutzige Kinderfüße sah, so als stünde direkt vor ihr ein Kind. Sie schloss die Augen wieder, und als sie sie erneut aufschlug, sah sie nur noch die triefnassen Bretter der Terrasse. Katrín richtete sich so schnell auf, dass ihr schwindelig wurde. Das Wasser aus ihren Haaren spritzte in alle Richtungen.
    »Was machst du denn da?« Genervt trocknete Garðar sich mit dem Handtuch ab, bevor er es Katrín reichte. »Ihr macht vielleicht eine Schweinerei!«
    Líf war als Erste dran gewesen, hatte auch Shampoo in die Augen bekommen und überall Wasser verschüttet. Putti hatte das meiste davon abbekommen, war von der Terrasse gesprungen und traute sich nicht mehr rauf. Katrín überlegte, ob Líf dieselbe Sinnestäuschung gehabt hatte, wollte aber nicht fragen. Sie wollte das Thema nicht schon wieder auf den Jungen lenken, denn sie hatten beim Renovieren ganze drei Stunden nicht mehr über ihn geredet. Aber es lag auf der Hand, dass alle an ihn dachten. Sie hatten die Fußleisten angebracht, die der Vorbesitzer im Erdgeschoss aufgestapelt hatte. Vor seinem Tod hatte er es nicht mehr geschafft, den neuen Holzboden fertig zu verlegen. So hatten sie alle im selben Zimmer arbeiten und die Nähe der anderen spüren können. Obwohl das Haus nicht groß war, wollte sich keiner von ihnen alleine in einem geschlossenen Raum aufhalten.
    »Warte mal ab, bis du dran bist«, sagte Katrín und wickelte das Handtuch um ihre nassen Haare. »Wie viel Wasser haben wir noch?«
    »Nicht genug.« Garðar zeigte ihr den Rest Wasser im Topf. »Ich hole schnell noch was, der Ofen brennt noch, und das Wasser wird schnell lauwarm. Ich brauche kein heißes, ich bin abgehärteter als ihr.«
    »Ja, klar.« Líf erhob sich von dem Küchenstuhl, den sie mit nach draußen genommen hatte. Ihre Haare waren auch in ein Handtuch gewickelt, das auf ihrem Kopf aussah wie ein weißer Turban. Nach der Haarwäsche wirkte sie viel entspannter. »Du bist ein echter Held.« Sie nahm den Zigarettenstummel, den sie gerade ausgedrückt hatte, und steckte ihn mit besorgtem Blick zurück in die Schachtel. Der Tabakvorrat schien ihr wichtiger zu sein als die Kabbelei mit Garðar. »Habt ihr im Arzthaus noch mehr Zigarettenpäckchen gesehen?«
    »Nee.« Katrín fand es zwar nicht gut, dass Líf das Päckchen mitgenommen hatte, aber wenn sie eine Zigarette zur Hand hatte, war die Stimmung besser. Und die würde sich wieder ändern, sobald das Päckchen leer war. »Wir können ja heute Abend noch mal die Schränke durchsuchen. Vielleicht finden wir noch welche.« Sie hatten bereits beschlossen, wieder im Arzthaus zu übernachten. Ein Lächeln zog sich über Lífs Gesicht, und Katrín fürchtete, sie würde sich wieder eine anstecken, das Päckchen leer rauchen und darauf vertrauen, dass sie noch eins fänden. »Aber rechne lieber nicht damit.«
    Garðar war runter zum Fluss gegangen. Katrín wollte eigentlich auf der Terrasse auf ihn warten, aber ihr war zu kalt, und die wenigen Haare, die unter dem Handtuch hervorlugten, waren schon steif und fühlten sich gefroren an. »Sollen wir reingehen?«
    »Ja, gerne. Ich bin total durchgefroren«, antwortete Líf und schüttelte sich. »Kannst du dir vorstellen, wie kalt es damals war, als die Frau und das Kind im Eis eingebrochen sind? Ich dachte, es könnte kaum noch kälter werden, aber der Fjord ist ja noch nicht zugefroren. Wie kalt muss es eigentlich sein, damit das Meer zufriert?«
    »Keine Ahnung.« Eigentlich wollte Katrín das gar nicht wissen. Sie hatte das Gefühl, eine eisige Kälte heraufzubeschwören, wenn sie zu viel darüber redeten. Und dann würde kein Boot am Steg anlegen und kein Schlauchboot zum Strand kommen.
    Líf trat auf der Terrasse von einem Bein aufs andere, machte aber keine Anstalten reinzugehen. »Kannst du dir vorstellen, wie verzweifelt die Frau war, als sie beim Versuch, ihr Kind zu retten, gemerkt hat, dass

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