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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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berühren.
    Es hatte sich von ihr gespeist. Sie war damit verbunden. Sie war mit dem Traumdieb verbunden, und sie war auch mit Slipknot verbunden.
    Wenigstens wusste sie nun, weshalb Ereshdiran sie neulich im Haus der Mortons nicht getötet hatte. Wieso hätte er das tun sollen, da er sich doch so leicht von ihr speisen lassen und sie als Ersatz-Energiequelle gewissermaßen vorrätig halten konnte, für den Fall, dass Slipknots Leichnam so weit zerfiel, dass er seine Seele nicht mehr halten konnte?
    Sie wich zurück, versuchte vergeblich, cool zu bleiben.
    »Chess«, sagte Terrible. »Chess, willst du dich setzen?«
    »Wieso bist du denn plötzlich so blass?«, fragte Bump. »Dir ist doch nicht etwa schlecht?«
    »Ich bin okay.« Sie zwang sich, die Hand sinken zu lassen, und ballte sie an ihrer Seite zur Faust. Terrible und Bump beäugten sie, Terrible mit besorgter, Bump mit unergründlicher Miene.
    Dieses Wesen war mit ihr verbunden - mit ihrem Blut und ihrer Seele. Waren deshalb ihre Reaktionen im Haus der Mortons so verlangsamt gewesen?
    »Heute Nacht.« Sie atmete tief durch. Scheiß auf den Flugplatz und die Geister. Sie würde keinesfalls zulassen, dass sich so ein Wesen wie ein übersinnlicher Bandwurm an sie heftete. »Wir vollziehen das Ritual heute Nacht.«
    Terrible glitt mit dem Chevelle in eine Parklücke an der 25. Straße. Chess stieg aus, ehe er dazu kam, um den Wagen herumzugehen und ihr die Tür zu öffnen. Sie fand es nicht mehr richtig, ihn das tun zu lassen. Falls es ihn störte, ließ er es sich nicht anmerken.
    Sie war noch nie in diesem Pfeifenraum gewesen, doch der Mann am Eingang kam ihr bekannt vor. Er sah sie kaum an, nickte nur Terrible zu und trat beiseite.
    »Hey, Bone«, sagte Terrible. »Ist der alte Earl da?«
    »Ja, seit fünf Minuten. Er ist unten. Ich hab ihm aber nicht gesagt, dass du kommst.«
    »Gut. Gehn wir.«
    Chess folgte ihm. Hinter der schweren Holztür gelangten sie in einen Vorraum, der grün tapeziert und mit flauschigem braunem Teppichboden ausgelegt war. Leichter Dream-Duft lag in der Luft, und aus der dahinter befindlichen Bar roch es nach Whiskey. Hätte Chess nicht gewusst, dass sie sich hier in einem Lokal von Bump befand, so hätte sie es spätestens an der Farbe der Wände und an der jazzigen Lounge-Musik erkannt, die im Hintergrund lief. Bump war der Ansicht, das beuge Streitigkeiten unter den Wartenden vor. Wahrscheinlich stimmte das nicht, denn alle, die sie kannte, trieb es eher in den Wahnsinn, aber Bump ließ sich da nicht beirren.
    Abends und frühmorgens und erst recht am Wochenende reichte die Schlange vor dem Pfeifenraum manchmal bis auf die Straße. Nachmittags aber war nicht so viel Betrieb. Chess und Terrible betraten die Bar, wo ein weiterer Türsteher darauf wartete, sie reinzulassen.
    »Willst du vorher noch was trinken?«, fragte Terrible. Chess schüttelte den Kopf. Wer konnte daran denken, etwas zu trinken oder sonst etwas zu tun, wenn man der Sache so nahe war? Ihre Pillen brauchte sie, aber Dream ... Dream war wie ein Dutzend Pillen auf einmal, Dream war, als schliefe man auf einer Wolke ein. Mit Dream vergaß man, dass es die Welt überhaupt gab - von sich selbst ganz zu schweigen.
    Und sie durfte nichts davon haben. Nicht jetzt. Doch immerhin konnte sie es riechen, konnte zusehen, konnte indirekt daran teilhaben - dank der Glücklichen, die ihre Pfeifen genossen. Und anschließend, wenn das alles vorbei war ...
    Der Pfeifenraum in der Nähe des Markts, den sie normalerweise besuchte, war in Blautönen gehalten. Dieser hier war in ein prachtvolles Purpurrot getaucht, das im Licht der Kerzen und Öllampen bestens zur Geltung kam. Rote Kristalllüster hingen unter der hohen Gewölbedecke, die einmal weiß gewesen war und mittlerweile einen schmuddeligen Rauchton angenommen hatte. Im Hintergrund standen rote, muschelförmige Sofas rings um funkelnde Wasserpfeifen, und weiter vorn lagen einzelne Pfeifen auf Tabletts bereit.
    Die meisten Sofas waren leer, auf einigen aber lagen Leute, die rauchten, an die Decke sahen oder zu dösen schienen.
    Und selbst an diesem Nachmittag gingen die Bedienungen unablässig wie Ballettfiguren zwischen den Sofas hin und her. Sie spießten kleine, klebrige Dream-Klumpen auf lange Silbernadeln und formten sie geschickt über silbernen Tellern, auf dass sie in die Pfeifenköpfe gesteckt werden konnten, um sich dort in Rauch aufzulösen. Sie gaben frische Pfeifen aus und nahmen die gebrauchten zur Reinigung

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