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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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das grelle Licht der Deckenbeleuchtung hatte alle Farbe aus den Gesichtern der drei gesogen, sodass sie ganz ätherisch aussahen. Sie schliefen den tiefen, ungestörten Schlaf der Gerechten - obwohl sie schuldig waren. Sie lagen, zusammengerollt wie Katzenkinder, auf dem Sofa und dem Fußboden. Entweder hatten sie es nicht mehr bis in die Betten geschafft, oder sie waren schon zu verängstigt, um dort zu schlafen.
    Von draußen hörte man nur das Zirpen der Grillen und das Rauschen des Windes in den noch jungen Bäumen. Sämtliche Häuser an dieser Straße hatten dunkel dagelegen, als sie daran vorübergegangen waren. Schliefen alle schon? Hatte der Traumdieb bereits begonnen, Macht anzusammeln?
    Chess hob nervös eine Hand an die Stirn, um sich noch einmal des dort aufgemalten Symbols zu vergewissern, dabei ängstlich darauf bedacht, es nicht zu verschmieren. Terrible drehte die Augen nach oben, so als könnte er das auf diese Weise erledigen, wirkte ansonsten aber vollkommen unbesorgt. Chess versuchte sich kurz einzureden, dass er nur so ruhig war, weil man ihm noch nie glühend heißen Stahl in eine offene Wunde gerammt hatte, aber dem war ja gar nicht so. Allerdings hatte er noch nie mit dem Traumdieb zu tun gehabt. Wahrscheinlich aber lagen die Gründe für seine Ruhe ganz woanders.
    Seine Gegenwart wirkte beruhigend auf sie, so ungern sie sich das auch eingestand, und sie ging mit mehr Elan, als sie eigentlich verspürte, die Treppe hinauf. Etwa auf halber Strecke betrachtete sie die Lücke zwischen den Bildern an der Wand, die ihr auf dem Foto aufgefallen war. In dem grellen Licht, das jetzt brannte, war es nicht so deutlich, aber durchaus zu erkennen.
    Das Schlafzimmer der Mortons sah im Großen und Ganzen unverändert aus. Es war immer noch so sauber und ordentlich, bloß das Buch der Wahrheit war nirgends zu sehen. Das hatten sie wahrscheinlich unters Bett gesteckt.
    »Wonach suchen wir?«
    »Nach irgendetwas. Vor allem nach Bildern. Aber auch nach Büchern über Magie oder Geister. Nach irgendwelchen magischen Beuteln. Und nach Briefen.«
    Er nickte. »Soll es unbemerkt bleiben, dass wir hier gesucht haben?«
    »Nein, egal. Hauptsache, es geht schnell.«
    Sie durchsuchten das Zimmer, ohne zu sprechen, und eine Zeit lang hörte man nur, wie Schubladen aufgerissen wurden und Kleiderbügel aneinander schlugen. Terrible dabei zu haben, war praktischer, als Chess gedacht hatte: Er konnte bis ins oberste Fach des Wandschranks blicken und mit Leichtigkeit Möbel verrücken.
    Der Beutel war zwischen dem Kopfteil des Bettes und der Wand verborgen, genau wie bei Albert, und als Chess ihn öffnete, stellte sie fest, dass er die gleichen Dinge enthielt.
    »Aber sie schlafen ja«, sagte Terrible. »Weil sie weit weg von dem Beutel sind, oder weil der Beutel nicht wirkt?«
    »Ich glaube nicht, dass er wirkt«, erwiderte Chess ganz langsam. Mist, diese zusätzlichen Cepts hatten ihrer Hand gutgetan, ihrem Hirn aber ganz und gar nicht. »Wer das zusammengestellt hat, hat es entweder nicht aktiviert oder hat dabei nicht genug Macht eingesetzt, damit es funktionieren kann. Amateure.«
    »Wie die Familie hier.«
    »Ja. Ich frage mich ... hm. Ich frage mich, ob man ihnen einfach die Zutaten gegeben hat und ihnen gesagt hat, was sie damit machen sollen ... Vielleicht hat man ihnen eine Art Anleitung aufgeschrieben.«
    Terrible nahm die Suche wieder auf. Er ging dazu über, die verbliebenen Schubladen herauszureißen, sodass sie auf den hellen Teppichboden knallten, und wühlte darin herum. Chess betrachtete den auf dem Bett ausgebreiteten Inhalt des Beutels.
    Es war möglich, dass jemand versuchte, die Mortons umzubringen. Ach Quatsch, jemand: Goody Tremmell, und sie benutzte die Lamaru dabei als Werkzeug. Es war möglich, dass Goody Tremmell versuchte, die Mortons umzubringen, und dass sie ihnen nicht funktionierende Traumfänger angedreht hatte, um sie in Sicherheit zu wiegen. Sie hatte diese nette kleine Verschwörung wahrscheinlich gemeinsam mit den Mortons in Bankhead Spa ausgeheckt und sich anschließend überlegt, dass sie die Mortons dabei auch gleich hinters Licht führen konnte.
    Goody Tremmell stellte die Entschädigungs-Schecks aus. Es wäre für sie ein Leichtes, diesen Scheck auf sich selbst auszustellen oder die betreffenden Mittel auf ein anderes Konto umzuleiten.
    Doch wozu dann dieser Beutel für die Mortons - mit Materialien darin, die Chess’ Recherchen zufolge durchaus einige Wirkung entfalten konnten?

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