Geisterflut
aus den Fingern, als sie wieder durchsichtig wurden.
Ein Mal noch: »Arcranda beliam dishager!«
Es funktionierte. Ereshdiran verschwand, während der Chevelle die Highway-Abfahrt zum Flugplatz hinabsauste - zum Flugplatz und zum Ende von all dem. So oder so.
35
»Die Kirche ist stets wachsam, um euretwillen.
Das ist eine Tatsache.«
Das Buch der Wahrheit, »Veraxis«, Artikel 2
Eine kleinere Menschenmenge erwartete sie auf dem schlammigen Parkplatz. Bump in vollem Ornat, inklusive zerlumptem Cape. Etliche seiner Männer standen Zigaretten rauchend in Grüppchen beisammen und wirkten dabei so mordsgefährlich wie Sprengminen-Cluster. Sie alle wandten sich um und griffen nach ihren Messern, als das Licht der Scheinwerfer sie traf, und entspannten sich wieder, als sie den Wagen erkannten.
»Na, wenn das mal nicht meine Chessie ist.« Bump kam zum Wagen, während sie ausstieg. »Und? Bist du bereit, deine kleine Hexennummer abzuziehen?«
Sie nickte. Wenn sie so tat, als wäre sie bereit, würde sie es irgendwann vielleicht auch sein, dachte sie.
»Ausgezeichnet. Wir haben Slipknot da drüben auf dem Feld aufgebahrt. Terrible hat mir durchgegeben, was du alles brauchst. Es steht alles bereit. Bring’s hinter dich, dann sind wir quitt.«
»Okay.« Terrible hatte wohl mit Bump telefoniert, während sie sich in der Kirche aufgehalten hatte. Sie hatte gar nicht daran gedacht, ihn zu fragen, ob er dafür gesorgt hatte, dass alles vorbereitet war. Alles bis auf das, was sich in ihrer Tasche befand und im Kofferraum des Wagens. Ihr ganzes Equipment.
»Also: Was stehn wir hier noch rum? Abmarsch, ja?«
Sie nickte erneut. Ihre Kehle war so zugeschnürt, dass sie kaum ein Wort herausbekam.
Der Gang durch eine Lücke im Zaun und über die Reste des alten Rollfelds erschien ihr wie eine Art Leichenzug. Slipknot immerhin würde endlich befreit werden - oder zumindest in ein komfortableres Verlies verlegt. Doch was die anderen anging ...
Ihr Mobiltelefon summte. Lex schon wieder. Er hatte bereits ein Dutzend Mal angerufen und etliche Nachrichten hinterlassen, die sie noch nicht abgehört hatte. Die Männer gingen ein Stückchen voraus, und ihre breiten Rücken schwangen ein wenig hin und her, während sie sich einen Weg durch die Rollfeldtrümmer bahnten. Chess nahm das Gespräch an.
»Tülpi! Verdammt noch mal, ich dachte schon, du lebst nicht mehr. Wieso hast du nicht auf mich gewartet?«
»Das hab ich dir doch schon gesagt. Ich hatte keinen guten Empfang, und -«
»Ja, okay, hör mal, ich muss mit dir sprechen, am besten sofort. Komm rüber zu mir.«
»Ich kann nicht, ich bin -«
»Ich weiß, wo du bist, und ich weiß, was du vorhast. Aber vorher muss ich dir noch was sagen. Ich bin hier ganz am Rande des Flugfelds, hinter dem Zaun. Bei den Häusern da. Komm her, wir müssen klären, dass du das Richtige machst.«
»Ich kann nicht«, sagte sie noch einmal. Terrible sah sich zu ihr um, und sie senkte die Stimme. »Hier geht’s nicht um -. Hier geht’s nicht um das, worüber wir gesprochen haben.«
»Es geht doch um diesen Traumdieb, nicht wahr? Ich muss mit dir reden, Tülpi. Ist mir egal, wie du das drehst. Du musst herkommen. Ich muss dir was sagen, was du jetzt unbedingt wissen musst.«
»Wieso sagst du es mir nicht einfach am -«, begann sie, doch da hatte er schon aufgelegt. Mist.
Direkt voraus, auf der linken Seite des Flugfelds, lag Slipknots bleicher Leichnam auf einer aus Holzkisten zusammengezimmerten Plattform. Es war gut, dass er nicht direkt auf dem Erdboden lag, denn sonst hätte es zu irgendwelchen Interferenzen kommen können ... Sie waren schon fast da.
»Ich muss vorher noch mal kurz auf die Toilette.« Das war keine supertolle Ausrede, aber die einzige, die ihr einfiel, die man ihr einerseits auf jeden Fall abkaufen und die ihr andererseits ein wenig Privatsphäre verschaffen würde. Sich hier mit Lex erwischen zu lassen wäre alles andere als gesund.
»Hat das nicht noch ein bisschen Zeit?« Bump musterte sie von oben bis unten, wie um die Dringlichkeit ihres Bedürfnisses abzuschätzen - das sie, wie konnte es anders sein, in diesem Moment tatsächlich zu verspüren begann. Zu blöd aber auch! Jetzt musste sie mit Lex sprechen und konnte nicht pinkeln gehen, was bedeutete, dass sie immer noch müssen würde, wenn sie wiederkam, es sei denn, sie nahm sich die Zeit, sowohl mit Lex zu sprechen als auch pinkeln zu gehen, in welchem Fall sich die Männer fragen würden, wo sie so lange
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