Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
Vom Netzwerk:
Vorstellung von der Größe des Zirkels. Der Durchmesser betrug etwa drei Meter, groß genug für mehrere Personen.
    Terrible kam auf sie zu, aber sie hob die Hand. »Nicht näher kommen. Du solltest nicht riskieren, da hineinzutreten. Hast du die Taschenlampe noch dabei?«
    Er blieb stehen, gab ihr die Lampe und wartete so geduldig wie ein treues Hündchen, während Chess den Boden inspizierte, so gut sich das von außerhalb des Zirkels machen ließ. Die Regenfälle der vergangenen Wochen und der allgemeine Zahn der Zeit hatten so ziemlich alles an Spuren getilgt, was vorhanden gewesen sein mochte. Doch dann sah sie in der Mitte des Zirkels etwas blinken.
    Sie richtete das Licht darauf und hielt dabei die Lampe hoch. Der Gegenstand war klein, glänzte wie die Schneide einer Rasierklinge und war, so weit sie das erkennen konnte, auch ziemlich scharfkantig. Er lag zwischen Grashalmen versteckt.
    »Besorg mir mal einen Stock oder so was.« Wenn dieser Gegenstand Bestandteil des Zaubers war, war es durchaus denkbar, dass sie den Zauber durchbrechen konnte, indem sie dieses Ding einfach fortnahm. Und wenn nicht... konnte sie es in ihrer Schatulle aus afrikanischem Grenadillholz unterbringen, in der sie die sonderbaren magischen Gegenstände verwahrte, die ihr so unterkamen. Dieses Holz blockte so ziemlich alles ab.
    Terrible ging zu den Bäumen, die gleich hinter dem Zaun standen. Chess sah zu, wie er ein neues Loch in den Maschendrahtzaun riss und hindurchschlüpfte. Schon seltsam, dass so ein großer Mann es schaffte, sich so lautlos fortzubewegen, aber andererseits musste er das in seinem Beruf wohl einfach drauf haben. Sie war ja nun nicht der einzige Mensch, der je erstaunt gewesen war, weil er urplötzlich vor ihr stand - nur der einzige, der dabei keine Knochenbrüche davongetragen hatte.
    Währenddessen hielt sie den Lichtstrahl auf das glänzende Ding gerichtet, da sie fürchtete, es könnte sich verwandeln oder verschwinden, wenn sie kurz nicht hinsah. Manche Leute hätten das für unmöglich gehalten, sie aber wusste es besser. In der Magie war so gut wie alles möglich: Alle Dinge verfügten über Energie, und Energie ließ sich beeinflussen.
    Schon komisch, wie viel sauberer die Luft hier war, nur gut zwanzig Kilometer von Downside entfernt, aber eben abseits der ewigen Feuer, Menschenmengen, Schlachthäuser. Trotz des dezenten Müllgestanks, der Chess jedes Mal um die Nase wehte, wenn sich der Wind regte, kam sie sich hier doch eher wie auf dem Lande vor, und sie konnte sich gar nicht erinnern, wann sie das letzte Mal in ihrer Freizeit aus der Stadt rausgekommen war. Okay, was das anging, konnte sie sich auch nicht erinnern, wann sie das letzte Mal in ihrer Freizeit aus ihrer Wohnung rausgekommen war — außer um Essen oder Drogen zu beschaffen. Aber weshalb sollte sie auch?
    Der Maschendraht klirrte leise. Terrible kam durch das Zaunloch zurück.
    Es hätte geeigneteres Werkzeug gegeben, aber nun musste es eben mit diesem Stock gehen. Chess beugte sich über den Zirkelrand und versuchte mit der Spitze des abgerissenen Zweiges, das Metallding zu sich heranzuziehen.
    Es klappte nicht. Vielleicht käme sie besser dran, wenn sie einen Fuß in den Zirkel setzte.
    Das war wahrscheinlich keine gute Idee. Schon bei dem Gedanken setzte ihr Herz für einen Schlag aus. Aber sie musste dieses Stück Metall einfach haben. Sie musste. Es wollte, dass sie es bekam, und sie wollte das auch.
    Sie hob einen Fuß und setzte ihn so weit sie konnte in den Zirkel hinein.
    Schmerzen schossen ihr das Bein hinauf, als hätten sich Dornen hineingeschlagen. Sie schrie und stürzte, konnte sich so schnell nicht abfangen und fiel kopfüber in den Zirkel.
    Schwarz. Um sie herum war alles schwarz - und kalt, durchdringend kalt, so kalt, dass sie sich kaum noch erinnern konnte, wie Wärme sich überhaupt anfühlte. Stimmen hallten wie Rufe in einem Windkanal, sagten schreckliche Dinge und lachten über den Tod, und direkt vor ihr waren zwei riesige schwarze Augen in einem knochendürren Gesicht und rot triefende Zähne ...
    Die Kraft wurde ihr aus dem Körper gesogen, ins Erdreich hinein. Sie spürte, wie sich unter ihr langsam ein Loch auftat und der Boden zurückwich. Die Stimmen wurden lauter. Sie höhnten nicht mehr, sondern redeten ihr gut zu und machten ihr Versprechungen. Schon zum zweiten Mal in dieser Nacht riefen die Toten nach ihr, doch diesmal klang es nicht abstoßend, sondern verführerisch. Wenn sie jetzt aufgäbe, würde

Weitere Kostenlose Bücher