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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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erscheinen, damit sie sie wieder laufen ließen. Zumindest bis sie wusste, was sie von ihr wollten.
    Der Mann trug einen Stuhl herein, den er gut einen Meter entfernt vor ihr hinstellte. Dann ließ er sich darauf nieder, beugte sich vor und stützte die Ellenbogen auf die Knie. »Ich bin Lex«, sagte er.
    Sie funkelte ihn an.
    »Dir ist nicht nach Reden zumute? Kein Problem. Aber vielleicht hab ich ja was, das dir die Zunge löst.« Er griff in seine Jacke. Chess spannte sich an. Sie hatte ihr Messer nicht mehr, war vollkommen unbewaffnet, doch notfalls würde sie ihn kratzen oder ihm einen kräftigen Tritt in die Eier verpassen.
    Er zog gar keine Waffe. Oder zumindest keine, bei der Blut fließen konnte. Dafür aber eine, mit der er sie viel leichter gefügig machen konnte. Genau wie Bump zückte Lex ein Tütchen voller Pillen, hielt es ihr jedoch bloß vor die Nase und ließ es hin und her baumeln. Bei dem Anblick lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
    »Was meinst du, Tülpi? Vielleicht willst du ja doch reden, und dann würde ich dir eine davon geben?« Er griff in die Tüte und zog eine Cept hervor, die schön weiß zwischen seinen gebräunten Fingern leuchtete. »Oder vielleicht auch zwei?«
    Die Pille befand sich direkt vor ihrer Nase, begehrenswert wie ein Diamant. Ihr Magen begann sich zusammenzukrampfen. Wenn sie nicht bald irgendwas einwarf...
    »Ich habe alle Zeit der Welt. Du vermutlich eher nicht.« Er beugte sich noch ein wenig weiter vor. Seine Stimme wurde zu einem einschmeichelnden Flüstern, seine schwarzen Augen ließen sie nicht mehr aus dem Blick. »Spürst du das Kribbeln? Spürst du das Jucken? Das geht durch und durch, nicht wahr? So als würde es nie wieder aufhören zu jucken. Und der Magen ist gereizt, und die Beine sind wie aus Gummi...«
    Sie wäre am liebsten im Boden versunken. Hätte sie sich doch bloß von dem Psychopomp wegführen lassen! Sie hatte geahnt, dass es ein Fehler war, am Leben zu bleiben.
    »Und das wird mit der Zeit nicht besser, Tülpi.« Er warf die Cept hoch und fing sie wieder auf. Als er sie erneut hochwarf, griff er daneben. Sie fiel auf den Betonboden.
    Chess griff danach, doch nicht schnell genug. Seine Stiefelsohle senkte sich auf die Pille und zermalmte sie zu Staub. Doch das machte nichts. Wenn er nur jetzt rausgehen würde ... Es wäre kein schöner Anblick, aber der Boden war doch einigermaßen sauber, oder? Sie wusste nicht, ob sie ihr außer dem Messer auch das Geld abgenommen hatten. Sie hätte sich aus dem Dollarschein ein Röhrchen drehen können, das wäre kein Problem, selbst mit ihrer steifen, schmerzenden Hand. Wenn er nur rausgehen würde, wenn er bitte nur rausgehen würde.
    Doch Pustekuchen. Er zog eine Flasche Wasser hervor. »Jarkman!«
    Die Tür ging auf, und ein etwas kleinerer Mann kam herein. »Ja?«
    »Bring uns mal ein paar Papierhandtücher. Ich hab gekleckert.«
    Lex öffnete die Wasserflasche, hob den Fuß und goss ganz langsam und bedächtig das Wasser über die zermalmte Pille. Chess biss sich so fest auf die Lippe, dass sie zu bluten begann.
    Jarkman kam mit einer Rolle Papierhandtücher, wischte schweigend den Fleck auf und ging wieder hinaus.
    »Sollen wir das noch mal wiederholen? Ich hab hier ’ne ganze Tüte von dem Zeug. Mir macht’s nichts aus, die alle zu zertreten, und Jarkman könnte ein bisschen Bewegung gut gebrauchen.«
    Er nahm eine weitere Pille aus der Tüte. »Du weißt, was das Schlimmste ist, nicht wahr? Du hast das schon durchgemacht, oder? Wenn der Magen rebelliert ... wenn einem alles hochkommt ... unter Krämpfen ... Ich finde ja, das ist das Unangenehmste, was es -«
    »Stopp.« Das Wort kam ihr über die Lippen, ehe sie es überhaupt merkte. »Hör auf, ja?«
    Er guckte verdutzt. »Das waren ja schon vier Worte, gar nicht mal schlecht. Hier, Tülpi. Die ist für dich.«
    Er warf ihr die Pille hin wie einer Ente die Brotkrume. Sie nicht sofort aufzuheben fiel ihr unsagbar schwer.
    »Oh, du glaubst, wir wollen dich vergiften?« Wäre sie nicht kurz davor gewesen, in Tränen auszubrechen, so hätte sie sich über das Lächeln, das er ihr nun schenkte, eventuell sogar gefreut. Er schüttelte die Tüte und nahm eine dritte Pille heraus. Sie sah zu, wie sie in seinem Mund verschwand und er sie mit einem Schluck Wasser hinunterspülte. »Das ist kein Gift. Die sind echt. Greif zu, Tülpi.«
    Sie wollte cool sein, doch Coolness war bei diesen Entzugsqualen unmöglich. Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, da

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