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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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schnappte sie sich die Pille aus den Falten der Decke, stopfte sie sich in den Mund und zerbiss sie zu einem bitteren Schleim.
    Wortlos reichte er ihr das Wasser, und sie spülte die Pille mit einem Schluck hinunter. Die Verspanntheit in ihrer Brust löste sich ein klein wenig.
    »Magst du jetzt ein bisschen reden?« Er hielt ihr die flache Hand hin. Auf dem Handteller lag eine weitere Cept.
    Sie nahm sie, zerbiss sie und spülte sie hinunter. »Kommt drauf an, worüber du reden willst.«
    »Was glaubst du denn, worüber ich reden will?«
    »Dass es bei dir spukt?«
    Seine schmalen Lippen dehnten sich zu einem Lächeln. »Nicht schlecht, Tülpi, nicht schlecht. Du bist härter als du aussiehst.«
    »Wieso nennst du mich denn ständig >Tülpi    »Sind das etwa keine Tulpen auf dem Tattoo?«
    »Nein, das sind -. Wichser!«
    Sie hatte tatsächlich ein Tulpen-Tattoo. Doch es befand sich in der Leistengegend und wurde normalerweise zumindest von ihrer Unterhose verdeckt.
    Er zuckte mit den Achseln. »Manche Mädels bunkern da gern irgendwelche Waffen.«
    »Und deshalb musstest du mich ausziehen und dich vergewissern?«
    »Ich habe dich nicht ausgezogen. Damit habe ich nichts zu tun. Und auch die anderen Männer nicht. Mein Schwester Blue hat das erledigt.«
    Irgendwie brachte sie es nicht fertig, ihm dafür zu danken.
    Es klopfte an der Tür, und Chess fuhr erschrocken zusammen. Lex sah sich um. »Ja?«
    »Sieben.«
    »Gut, danke.« Er wandte sich wieder ihr zu. »Hunger?«
    »Was?« Das Zittern ließ gerade mal ein klein wenig nach, wie sollte sie da schon Hunger haben?
    »Ich muss weg, muss mich mit wem unterhalten. Jarkman wird dir das Badezimmer zeigen. Da gibt s ’ne gute Dusche. Und danach reden wir.«
    »Was zum Teufel geht hier eigentlich vor? Die Typen verschleppen mich und sperren mich hier ein, und dann kommst du und verhöhnst mich, und jetzt soll ich duschen und was essen? Bist du krank im Kopf? Jetzt mal ehrlich!«
    Er zuckte mit den Achseln. »Nein, ich glaube nicht. Bleib doch da hocken, wenn dir das besser gefällt. Aber du verlässt dieses Haus erst, wenn wir miteinander gesprochen haben. Mach, wie du meinst.«

8
    »Moralische Vergehen sind ein Verrat an sich selbst,
     an der eigenen Familie und an der Kirche.«
    Das Buch der Wahrheit , »Gesetze«, Artikel 75
    Die Dusche war tatsächlich gut, das musste sie zugeben. Anschließend fühlte sie sich fast wieder wie ein normaler Mensch.
    Man hatte sie offenbar nicht hierher gebracht, um sie zu töten, es sei denn, das alles gehörte zu einem Ritual, das sie nicht verstand. Doch weshalb man mit ihr reden wollte und welchen Grund Slobag oder dieser Lex haben könnte, sie zu verschleppen, war ihr schleierhaft.
    Asiaten hegten generell einen starken Widerwillen gegen die Kirche und ihre Mitarbeiter. Da ihre alten Religionen auf der Verehrung der Geister ihrer Vorfahren beruhten - obwohl auch die sich aus ihren Gräbern erhoben und sie zu töten versuchten - konnte Chess ihnen das im Grunde nicht verdenken. Trotzdem zitterten ihr die Hände, als sie aus dem Badezimmer zurückkam und sich wieder anzog. Wenigstens fühlte sie sich einigermaßen frisch, auch wenn ihre Klamotten nicht sauber waren.
    Der Raum, der sich an das Badezimmer anschloss, war ausgesprochen kahl. An einer Wand stand ein schmales Bett mit einer harten Matratze und einer schlichten blauen Decke darauf. Gegenüber auf dem Fußboden stand ein Fernsehgerät. Die schwarze Mattscheibe sah ihr wie ein starres Auge zu, als sie zum Fenster ging und hinaussah. In dieser Gegend der Stadt war sie selten gewesen - ganz in der Nähe grenzte Downside an den Metro District. In der Ferne zogen sich die Vorstädte, glitzernd wie Katzengold, unter dem bedeckten, fast dunklen Himmel die Hügelhänge hinauf.
    Sie nahm an, dass es Sonntagabend war - Jarkman hatte »Sieben« gesagt, und draußen wurde es eindeutig nicht heller. Das hieß, dass sie am Nachmittag die Fahrt mit Terrible nach Chester verpasst hatte, und das war gar nicht gut. Er würde nach ihr suchen. Wahrscheinlich suchte Bumps komplette Mannschaft nach ihr. Und wenn man sie hier fände, wäre das wahrscheinlich das Letzte, was ihr in diesem Leben widerfuhr.
    Chess war Bump nicht zu Loyalität verpflichtet, zumindest nicht, wenn es darum ging, wo sie ihre Drogen kaufte. Doch angesichts der Ermittlungen für ihn, zu denen er sie genötigt hatte, und angesichts ihrer Insider-Informationen über seine Absichten war es für sie auf keinen Fall

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