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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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mich nach draußen geschleift?«
    »Du hast in der Kirche nicht mit mir gesprochen. Du hast beim Meeting nicht mit mir gesprochen. Was sollte ich denn tun?«
    »Vielleicht mal einsehen, dass ich nicht mit dir sprechen will?«
    »Chess ... Es kann doch nicht dein Ernst sein, dass du mich meidest, bloß weil ein paar Leute das mit uns rausgefunden haben. Na und? Was macht das schon?«
    Er kam näher, und sie wich einen Schritt zurück. »Es gibt kein >das mit uns<, Doyle. Aus einer einzigen Nacht folgt noch kein >das mit uns<.«
    »Irgendetwas folgt daraus.«
    »Ja, es folgt daraus, dass ich von allen, mit denen ich zu tun habe, als Nutte angesehen werde. Was ist, wenn die Ältesten davon erfahren? Was mache ich dann?«
    »Du bist nicht mehr minderjährig, schon seit drei Jahren nicht mehr. Die werden dich schon nicht rausschmeißen.« Seine Hände ruhten warm und schwer auf ihren Schultern. »Ich weiß, du hattest es in der Ausbildung schwerer als wir anderen. Ich weiß, sie haben dich mit Argusaugen beobachtet, weil du ein Sozialfall warst. Ich war ja schließlich dabei, weißt du nicht mehr? Aber jetzt bist du eine Mitarbeiterin und kein Mündel mehr. Du wohnst doch sogar außerhalb des Geländes. Du kannst die Nacht verbringen mit wem du willst.«
    »Ich war kein Sozialfall. Ich war Stipendiatin.«
    »Tschuldige. Aber der Punkt ist doch ... Ich mag dich, ich mag dich wirklich. Und ich glaube, aus uns könnte was werden, wenn du es nur zulassen würdest.«
    Er berührte ihr Kinn und hob es an. Doyle war nur etwa eins vierundsiebzig groß. Dank ihrer Absätze waren sie fast auf gleicher Augenhöhe. Sie musste sich überhaupt nicht bewegen, damit ihre Lippen sich treffen konnten.
    Er war ein guter Küsser. Sie hatte damals gern mit ihm geknutscht, und es gefiel ihr auch jetzt, trotz ihrer Zweifel an ihm. Doch als seine Hände an ihr hinunterfuhren, um ihre Taille zu umfassen, und dann noch tiefer hinab, um ihren Po zu packen und sie an sich zu ziehen, machte sie sich von ihm los.
    »Das geht mir alles zu schnell.« Ihre Stimme bebte ein wenig. Mist.
    Doyle biss sich auf die Unterlippe und blickte kurz zu Boden. »Gut.«
    »Wie meinst du das - gut?«
    »Einfach nur: Gut. Ich kann nicht so tun, als ob ich es verstünde. Es ist ja nicht so, dass wir nicht schon viel weiter gegangen wären als gerade eben. Aber ich will es richtig machen, und wenn das bedeutet, dass ich warten muss oder dir Zeit lassen muss oder was auch immer, dann werde ich das tun.«
    Er wirkte auf jeden Fall aufrichtig - mit seinen großen, blauen Augen, die sie unverwandt ansahen. Vielleicht war es ja tatsächlich ihr Problem. Es gab keinen vernünftigen Grund, Doyle zu misstrauen. Sie kannte ihn seit vielen Jahren. Und wenn sie ehrlich zu sich gewesen wäre, hätte sie zugegeben, dass sie im Laufe all dieser Jahre immer mal wieder in ihn verknallt gewesen war. Und der Sex mit ihm ... nun, er war sicherlich keine ihr ganzes Leben auf den Kopf stellende Erfahrung gewesen, aber beklagen konnte sie sich auf keinen Fall.
    Doyle musste ihre Unentschlossenheit gespürt haben. »Wieso gehen wir nicht zu dir nach Hause und reden mal über alles? Okay? Wir trinken ’ne Kleinigkeit, gucken vielleicht ’n bisschen fern oder so ... und unterhalten uns einfach nur.«
    Das Nein lag ihr schon auf der Zungenspitze, aber sie hielt sich zurück. Was war denn die Alternative? Dort in der Sitznische im Klub rumhocken und Terrible beim Knutschen mit Amy zugucken? Noch eine Cept einwerfen und durch die Glaswand des besänftigenden Rauschs mit ansehen, wie alle anderen sich im Kreise ihrer Freunde blendend amüsierten?
    Oder nach Hause gehen und mutterseelenallein in ihrer Wohnung herumlungern, bis sie schließlich irgendwann vor der Glotze wegratzte?
    Mit Doyle hatte sie immerhin halbwegs angenehme Gesellschaft, wenn auch sonst nichts. Und sie hatten jede Menge Gesprächsstoff. Sie hatten viele gemeinsame Bekannte.
    »Komm schon, Chess. Ich versprech dir, ich komm dir nicht zu nah. Das wird, als hättest du einen Eunuchen zu Besuch.«
    Da musste Chess lachen. »Also gut. Aber es wird nicht spät. Ich bin müde.«
    Es war keine gute Idee gewesen. Sie wollte ihn nicht bei sich haben.
    Über Kirchenpolitik zu plaudern und Anekdoten zu erzählen war auf der Straße noch angenehm gewesen, als Dunkelheit sie umhüllte und ihre Füße im Gleichklang übers Pflaster schritten. In ihrer Wohnung jedoch ... schien er irgendwie zu viel Platz einzunehmen. Wie ein Eindringling. Er

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