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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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Eltern?«
    »Keine Ahnung. Hab sie nie kennengelernt.«
    Sie nickte. Bei ihr war es genauso.
    »Also: Wieso machst du diesen Job? Wieso arbeitest du für die Kirche? Das ist doch unheimlich da drin bei diesen ganzen blauen Pilgervätern mit ihren schwarz geschminkten Augen und den Schnallenschuhen.«
    »Es ist wie bei dir: Weil ich das gut kann.«
    »Das will ich hoffen.«
    »Hey!«
    Sie waren nun fast am anderen Ende des Geländes angelangt, und Terrible blieb stehen. »War nich bös gemeint.« Er ließ den Blick über den Platz schweifen. »Ich hoffe, wir kriegen das hier geklärt, und dann können wir den Flugbetrieb wieder aufnehmen. Es wär doch cool, hier zuzusehen, wie die Flieger starten und landen.«
    »Du stehst auf Flugzeuge, hm?«
    Doch Terribles Plauderstündchen war offenbar beendet. Er machte kehrt, ging die restlichen vier, fünf Meter zu dem Brunnenschacht und sah sich zu ihr um.
    Chess verstand nicht, weshalb sie dieses Gespräch überhaupt geführt hatten, es sei denn, Bump hatte es angeordnet. Ein paar Minuten lang war Terrible geradezu geschwätzig gewesen. Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn und ging zu ihm.
    »Seil dich wieder an«, sagte er und bückte sich. Ein schwerer, rostiger Eisendeckel ruhte auf dem Brunnenschacht. Terrible zog eine Brechstange aus seiner Tasche und stemmte das zugespitzte Ende in die kaum sichtbare Lücke zwischen Deckel und Betonrand. »Geh mal zur Seite.«
    Sie machte gehorsam Platz. Er hebelte den Deckel auf, der im Handumdrehen im sonnenversengten Gras lag.
    »Ach du Scheiße.« Er wich zurück, hielt sich erst eine Hand, dann einen Hemdzipfel vors Gesicht. Kurz darauf kam der Gestank auch bei Chess an. Ihr drehte sich der Magen um. Sie sprang beiseite, um dem Luftzug zu entgehen.
    Fäulnis und Verwesung. Sie wusste, was das für ein Gestank war, auch wenn sie so etwas noch nie gerochen hatte. Da unten war irgendein Tier verendet oder ...
    Doch der Brunnenschacht war abgedeckt gewesen. Wie hätte ein Tier dort hineinfallen sollen? Wie könnte da überhaupt etwas unabsichtlich hineingelangen?
    »Gib mal die Taschenlampe.« Terrible streckte die Hand danach aus, und hielt sich weiterhin den Hemdzipfel vor Mund und Nase. In dem sonst ununterbrochenen Schwarz seiner Kluft wirkte der nun entblößte Streifen seines weißen Unterhemds wie eine Fahne der Kapitulation.
    Chess gab ihm mit abgewandtem Gesicht die Lampe. Was auch dort unten war, sie durfte auf keinen Fall in den Brunnenschacht hinab. In dieser feuchten Luft konnten sich wer weiß was für Krankheitserreger vermehrt haben. Das war doch eine ideale Brutstätte für so was. Sie stellte sich die im Wind tanzenden Bakterien vor und trat noch ein paar Schritte weiter zurück.
    Terrible bückte sich und leuchtete mit der Taschenlampe in den Schacht hinab. Einen Moment lang bewegte sich nur seine Hand. Dann wich er ruckartig und hustend zurück, wandte sich von ihr ab, stützte die Hände auf die gebeugten Knie und ließ den Kopf hängen, als müsste er kotzen.
    »Terrible! Alles okay?«
    Er machte eine vage Handbewegung, aus der Chess nicht schlau wurde. Vorsichtshalber hielt sie sich weiter fern.
    Eine Minute später hatte er sich einigermaßen gefasst und drehte sich zu ihr um. »Schlechte Neuigkeiten, Chess.«
    »Ist es ... ein Tier?« Sie wusste, dass es keins war, wusste, was er nun sagen würde, ehe er auch nur den Mund aufmachte.
    »Nein, kein Tier. Ein Mensch. Da unten liegt eine Leiche, vollkommen verstümmelt.«
    Einen Moment lang hingen diese Worte in ihrer ganzen Abscheulichkeit zwischen ihnen. Chess dachte an den magischen Zirkel im Gras des Flugfelds, an das Amulett und an die Würmer und streckte die linke Hand aus. »Gib mir die Taschenlampe.«
    »Das willst du nich sehen, Chess.«
    »Nein, will ich nicht, aber ich sollte es wahrscheinlich sehen. Wenn es mit all dem hier etwas zu tun hat ...«
    Er nickte und drückte ihr die Lampe in die Hand.
    Der Brunnenschacht lag größtenteils im Schatten, da die Sonne nicht mehr hoch am Himmel stand. Es war schon fast sechzehn Uhr, und bald würde in den Häusern auf der anderen Seite des Zauns wieder Leben einkehren, wenn die Leute, die dort wohnten, von der Arbeit kamen. Chess und Terrible allein würden nicht allzu viel Aufmerksamkeit erregen. Jeder wusste, wer Terrible war und für wen er arbeitete. Doch wenn sie versuchten, eine Leiche aus dem Schacht zu ziehen? Aber zu zweit war das ohnehin nicht machbar. Chess würde sich ganz sicher nicht in

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