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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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damit gespeist und wusste nicht, welche Konsequenzen das für sie haben konnte, nur dass der Zauber, falls er eine weitere Seele brauchte, sich höchstwahrscheinlich zuerst auf ihre stürzen würde. Wer diesen Zauber gewirkt hatte, war weder dumm noch ein Amateur, das war mal klar.
    Verdammte Scheiße.
    »Wenn wir diesen Zauber aufklären, können wir Slipknot dann befreien?«
    »Ich werd mein Möglichstes tun.«
    Er nickte. »Er ist kein Scheißkerl. Er hat das nicht verdient.«
    »Ich glaube nicht, dass irgendjemand das verdient hätte.«
    »Ja?« Er sah sie an, und die Armaturenbeleuchtung färbte sein Gesicht grünlich, während er in die Straße einbog, in der sie wohnte. »Dann hast du wohl doch kein so schlimmes Leben gehabt.«
    Fünf Stunden später und nach einer Mütze voll unruhigem Schlaf traf sie beim Haus der Familie Morton ein. Die Straße war wie ausgestorben. Dunkle Häuser reihten sich wie Grabmäler aneinander, davor schlummerten Autos in den Auffahrten. Nur die Bäume waren wach und flüsterten sich was mit dem Wind.
    Chess stellte ihre Tasche auf dem steinernen Gehweg ab, der zur Haustür führte, und öffnete den Reißverschluss. Die Finger der Hand versuchten, nach ihren Finger zu greifen, als sie sie herausnahm und neben die Tasche legte.
    Es folgten die Dietriche in ihrem Lederetui und eine kurze, dicke Kerze. Die Hand zuckte und schrumpelte ein wenig zusammen, als sich ihre Muskeln um den Fuß der Kerze schlossen. Die Kamera war auf den Grund der Tasche geraten, aber Chess fand sie schließlich doch und hängte sich den Tragegurt um den Hals. Nun fehlte nur noch die Stahlspritze mit dem Schmiermittel für das Schloss.
    Sie führte die Kanüle so tief wie möglich in den Schließmechanismus ein und betätigte die Spritze. Manche Debunker verwendeten eine Sprühdose mit einem dünnen Röhrchen, aber Chess war das zu unsauber, seit sich einmal ein Buch mit so einer Dose verkeilt hatte und ihr ganzer Tascheninhalt vollgesprüht worden war. Eine Spritze war viel zuverlässiger, zielgenauer und leiser.
    Nachdem das Schmiermittel gut eine Minute lang eingewirkt hatte, ging sie mit den Dietrichen leise und flink zu Werke und lauschte auf den minimalen Klick, der ihr verriet, dass die Verriegelung nachgab.
    Es klickte. Sie nahm ihre Sachen, öffnete die Tür und betrat das Haus.
    Die Mortons hielten offenbar nichts davon, nachts ein Licht anzulassen. Und die Heizung war auch nicht heruntergeregelt, obwohl die Herbstkühle noch gar nicht so richtig eingesetzt hatte. Die aufgedrehte Heizung hatte nichts zu sagen, die Dunkelheit hingegen schon. Leute, die sich tatsächlich vor einem Geist in ihrem Haus fürchteten, ließen über Nacht eine kleine Lampe brennen oder schliefen sogar bei Festbeleuchtung.
    »Algha canador metruan«, flüsterte sie und riss ein Streichholz an. Die Flamme warf Schatten über die Wände des Wohnzimmers. Wieder zuckte die Hand, als Chess die Kerze anzündete. Dann löschte sie das Streichholz mit einer schnellen Bewegung und steckte es ein.
    Jetzt war ihr schon wohler. Ab jetzt sorgte die Magie der Hand dafür, dass die Mortons tief schliefen, und Chess brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen, wenn es versehentlich ein wenig laut wurde.
    Das Wohnzimmer barg keine Geheimnisse. Im schwachen Kerzenschein kroch Chess auf dem Boden herum, fuhr mit den Fingerspitzen über die Sockelleisten und leuchtete mit ihrer Ministablampe hinter die Möbel. Nicht dass das nötig gewesen wäre.
    Von Albert abgesehen waren die Mortons offenbar keine großen Leser. Nirgends gab es Bücher, die die Interessen der Besitzer verrieten.
    Der Raum war vielmehr vollgestellt mit zierlichem Mobiliar: allerlei Beistelltischchen mit Nippessachen und Sofas mit dünnen Beinen und viel Raum darunter. Chess leuchtete mit der Stablampe dorthin, entdeckte aber lediglich ein Staubmausgewimmel. Mrs. Morton machte unter den Sofas offenkundig nicht sauber.
    Und das war gut so, denn der Staub ließ erkennen, dass nichts verschoben worden war. Keine Kabelspuren zogen sich hindurch, und nichts deutete darauf hin, dass dort irgendwelche Audio- oder Video-Gerätschaften versteckt gewesen waren. Sie hatte auch nichts dergleichen erwartet, die Bestätigung war trotzdem nützlich.
    Als Nächstes kam die Küche dran. Chess setzte die Hand auf der Arbeitsplatte ab. Dann sah sie im Kühlschrank nach. Er war vollgestopft mit Gewürzsoßen und ordentlich beschrifteten, datierten und aufgestapelten Plastikbehältern. Der

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