Geisterhafte Visionen
daß die ermittelten Daten den vorausberechneten Parametern entsprächen. Es blieb Chakotay nichts anderes übrig, als ihr zu glauben. Fast unmögliche technische Präzision in besonders schwierigen Situationen gehörte zu den
Spezialitäten der Chefingenieurin. Mehr als einmal hatte sich Chakotay voll und ganz darauf verlassen, daß Torres einen Erfolg erzielte – ohne jemals enttäuscht zu werden.
Er wandte sich vom Kommandosessel ab und ging wieder zur Funktionsstation. Während der letzten Stunden hatte er dort häufig gestanden und Fähnrich Stephens über die Schulter geblickt. Die ganze Sache basierte nur auf theoretischen Erwägungen. Niemand von ihnen konnte sicher sein, daß kleine Änderungen der lunaren Umlaufbahnen genügten, um die tektonischen Spannungen im Innern des Planeten zu verringern.
Und selbst wenn das der Fall war: Niemand wußte, ob das seismische Chaos schnell genug nachließ. Trotzdem hielt es Chakotay für vernünftig, einen entsprechenden Versuch zu wagen – wenn auch nur deshalb, um die Crew vom Gefühl der Hilflosigkeit zu befreien.
»Commander…«, sagte Paris. »Die Fernbereichsensoren orten mehrere Raumschiffe. Sie fliegen mit hoher
Warpgeschwindigkeit, und ihr Ziel scheint das Drenar-System zu sein.«
»Das sind bestimmt die bereits erwähnten Versorgungsschiffe und Transporter der Televek«, meinte Jonal und gesellte sich dem Ersten Offizier an der Funktionsstation hinzu. Der Drosary sah aufs Display mit den Ortungsdaten und lächelte, als er erst den Fähnrich und dann Chakotay ansah. »Wie versprochen –
Hilfe ist unterwegs.«
»Sie können sich freuen, wenn die Flotte eintrifft«, fügte Tassay hinzu. »Dann werden sowohl Ihre Probleme als auch die der Bewohner von Drenar Vier gelöst. Und wenn das alles erledigt ist… Bevor wir uns voneinander verabschieden, haben einige von uns vielleicht Gelegenheit, sich noch ein wenig besser kennenzulernen.«
Bei den letzten Worten sah sie Chakotay an. Ihr Blick schien sogar bis in seinen innersten Kern zu reichen. Für ein oder zwei Sekunden gewann er den Eindruck, seinerseits ins Zentrum ihres Selbst zu sehen.
»Das hoffe ich sehr.« Mila schritt zum Navigationspult, und mit der Kuppe des Zeigefingers berührte sie Paris’ Nacken. Der Lieutenant versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Sie sind ein sehr guter Pilot«, gurrte die Mittlerin. »Bestimmt der beste von Starfleet.«
»Das brauchen Sie ihm nicht zu sagen«, warf Chakotay ein.
»Fragen Sie ihn einfach. Das ist sein Lieblingsthema.«
»Auch ich bin eine gute Pilotin gewesen.« Mila wirkte jetzt etwas ernster. »Eines Tages bekomme ich vielleicht die Chance, erneut meine Fähigkeiten zu zeigen.«
Paris sah zu ihr auf, und seine Züge brachten tief empfundene Anteilnahme zum Ausdruck. »Ich bin ganz sicher, daß Sie die ersehnte Chance erhalten.«
Chakotay drehte sich um, als er hörte, wie die Tür des Turbolifts aufglitt. Lieutenant Torres trat auf die Brücke – und blieb abrupt stehen. Sie kniff die Augen zusammen und schürzte die Lippen. Sie sah zu Paris und Mila, die sich noch näher kamen, und zwar auch im wörtlichen Sinn. Mila beugte sich zum Navigator vor, bis ihre Nase fast die von Paris berührte. Sie flüsterte ihm etwas zu, und beide lächelten glücklich.
B’Elanna stand wie erstarrt, hatte beide Hände zu Fäusten geballt und richtete ihren Blick nun auf den Ersten Offizier.
Chakotay spürte Tassay hinter sich, so nahe, daß er ihren Atem im Nacken fühlte. Ihre rechte Hand ruhte ganz sanft an seiner Seite. »Ich hoffe, es wird alles gut, auch für uns«, hauchte sie.
Chakotay schauderte unwillkürlich und fühlte sich ein wenig schuldig, so als hätte man ihn bei einer Lüge ertappt. Behutsam schob er Tassays Hand fort. »Haben Sie etwas zu berichten, Lieutenant?« fragte er Torres und hörte dabei ein verräterisches Zittern in seiner Stimme. Er räusperte sich und wartete. Es schien ziemlich lange zu dauern, bis B’Elanna antwortete.
»Nicht gerade jetzt«, sagte sie.
»Warum sind Sie dann zur Brücke gekommen?« Ärger quoll in Chakotay empor. Die Chefingenieurin half niemandem, stand einfach nur da und störte die gute Stimmung. Vielleicht wollte sie gar nicht helfen…
Torres zögerte erneut. »Ich bin nur hier, um einen Blick auf den Hauptschirm zu werfen«, sagte sie schließlich. Das ergab natürlich überhaupt keinen Sinn. Das zentrale Projektionsfeld zeigte nicht mehr als die übrigen Monitore und Displays an
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