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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Whates
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»Scheiße!«
    Es bestand kein Zweifel, die Station wich unaufhaltsam von ihrem Kurs ab. Noch nichts Dramatisches, der Unterschied war zu gering, um von jemandem an Bord bemerkt zu werden, der keinen Grund hatte, die Daten zu prüfen; doch die Abweichung war da, und mit jedem Augenblick, der verging, würde sich die Diskrepanz nur noch vergrößern.
    »Glaubst du wirklich, dass uns ein verirrter Schuss aus dem Gefecht getroffen hat?«
    »Es muss so sein«, erwiderte Denni. »Ein Meteor oder etwas ähnlich Massives hätte einen Alarm ausgelöst und die Defensiv-Systeme aktiviert. Aber spielt das überhaupt eine Rolle?«
    »Nein, ich denke nicht.« Sam seufzte. »Mir scheint, ich sollte jetzt lieber anrufen.«
    »Mach dir deswegen keine Sorgen. Nicht mal er kann dir die Schuld dafür geben.«
    »Wollen wir wetten?«
    New Paris war keineswegs hilflos. Ihre Konstrukteure hatten die Raumstation nicht einfach mit einem Winken und einem Lächeln, aber ohne Sicherheitsvorkehrungen lossegeln lassen. Sie war mit Triebwerken ausgestattet. Gewiss, in Relation zu ihrer Masse waren diese Antriebe nicht besonders leistungsstark, doch das brauchten sie auch nicht zu sein. Die Station sollte ja nicht auf fröhlichen Spritztouren durch das Sonnensystem karriolen, sondern an Ort und Stelle bleiben, in dem ruhigen Orbit, den man für sie ausgesucht hatte; und das sollten die Triebwerke gewährleisten. Ihre Aufgabe bestand darin, die kleinen Korrekturen vorzunehmen, die gelegentlich nötig waren, damit die Station ihren Orbit nicht verließ.
    Wie jetzt zum Beispiel. Doch seit ein vor Liebeskummer kranker, von seiner Freundin versetzter Wartungsingenieur versucht hatte, die Kontrolle über die Triebwerke an sich zu reißen und die gesamte Station in einem selbstmörderischen Kurs auf den Planeten stürzen zu lassen, den sie umkreiste, war der Zugang zu den Maschinen streng überwacht. Die Triebwerke konnten nur noch nach Eingabe eines Zehnstelligen Autorisierungscodes gezündet werden, von dem Sam die zweite Hälfte kannte. Die anderen fünf Ziffern wusste nur der Bürgermeister. Derselbe, der die strikte Anweisung gegeben hatte, er dürfe unter gar keinen Umständen gestört werden.
    Sam und Denni waren darüber im Bilde, was das zu bedeuten hatte.
    Auf den meisten von Menschen besiedelten Welten hatte man die Institution der Ehe längst abgeschafft, nicht so in New Paris. Hier, in einer Gemeinschaft, in der der jesuitische Glaube noch sehr lebendig war, betrachtete man eine Heirat und die damit verbundene eheliche Treue immer noch als die zwei Stützpfeiler der sozialen Struktur. Diese Ansicht vertraten in hohem Maße die Gemahlin des Bürgermeisters und deren Eltern, die in New Paris die traditionsbewussteren Elemente der Gesellschaft repräsentierten und sich obendrein als die wichtigsten politischen und finanziellen Mäzene des Bürgermeisters hervortaten. Aus diesem Grund war die Affäre des Bürgermeisters mit einer gewissen Mrs. Lindstrom – zwölf Jahre jünger als er und fünfzehn Jahre jünger als seine Ehefrau – ein so großes Geheimnis. Leider hatte der Bürgermeister das Pech, dass diese Liaison für die kleine Gruppe von Beamten, die auf der Station ihren Dienst versahen, ein ziemlich offenes Geheimnis war.
    Zufällig war Mrs. Lindstrom mit Beryl von der Finanzabteilung eng befreundet, und sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihrer Busenfreundin sämtliche pikanten Details dieser heimlichen Schäferstündchen mit deren Boss zu schildern. Natürlich konnte Beryl so etwas nicht für sich behalten, deshalb erzählte sie alles zwei guten Kolleginnen im Büro streng vertraulich weiter, die wiederum unter dem Siegel der Verschwiegenheit den Klatsch ebenfalls verbreiteten. Bald wusste jeder im Büro ganz genau, was der Bürgermeister trieb, wenn er zu einer dieser Konferenzen verschwand, die angeblich so wichtig waren, dass er unter gar keinen Umständen gestört werden durfte.
    Eine dieser »Konferenzen« zu unterbrechen, wie Sam sich nun anschickte, war alles andere als eine erfreuliche Aussicht.
    Er drückte auf den Knopf, der vorprogrammiert war, um den Alarm auf dem Taschen-Komm-Gerät des Bürgermeisters auszulösen. Eine Minute verging, ohne dass sich etwas tat.
    »Äh, Sam, ich hasse es, Offenkundiges auszusprechen, aber je weiter wir uns vom Kurs entfernen, umso schwerer wird es für die Triebwerke, die Station in den Orbit zurückzubringen.«
    »Glaubst du, das weiß ich nicht?« Er probierte es noch einmal,

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