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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Whates
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er wirklich derart oberflächlich?
    All die kurzfristigen Affären, die er im Lauf der Jahre begonnen hatte, sich dann langweilte und die Beziehung beendete, ehe sich etwas Ernsthaftes entwickeln konnte; den Grund für die Trennungen hatte er immer bei seinen Geliebten gesucht, die seinen Ansprüchen nicht genügten, vielleicht sogar geschlussfolgert, dass es gar keine Frau gäbe, die an sein Niveau heranreichte. Er redete sich ein, alle seien zu beschränkt, zu banal. Hatte er sich geirrt? Lag es an ihm, dass keine Beziehung auf Dauer hielt, und doch nicht an den Frauen? Projizierte er seine eigenen Schwächen auf jede Partnerin, sobald sich abzeichnete, dass sie ihm zu nahekam?
    Der Gedanke war unerfreulich, und er verscheuchte ihn sofort; dass er ihm überhaupt in den Sinn gekommen war, führte er auf die dramatischen Ereignisse der letzten Tage zurück, die ihn offenbar aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht hatten. Julia Cirese war eine bildschöne Frau. Welcher Mann würde sich nicht zu ihr hingezogen fühlen? Für eine tiefergehende Analyse bestand nicht der geringste Anlass.
    Nachdem er zu diesem Resultat gelangt war, bemühte er sich nach Kräften, Julia Cirese zu vergessen; zumindest fürs Erste.
    Philip blieben nur noch wenige Minuten, um seine Gedanken zu sammeln, ehe er zum Raumhafen aufbrach. Ein neutraler Firmenwagen würde ihn dorthin bringen, und der Umstand, dass er mit dem Firmenausweis von Kaufman Industries reiste, wie es viele Mitarbeiter tagtäglich taten, garantierte ihm Anonymität. Das war ihm lieber, als sich mit einem Stab von Sicherheitskräften zu umgeben. Genauso gut hätte er eine Blaskapelle anmieten und eine rote Flagge schwenken können, auf der stand: »Hier bin ich, Attentäter, kommt her und kriegt mich doch!«. Jedenfalls war das Philips Ansicht. Er fand, die Lösung, für die er sich entschieden hatte, bot ihm jederzeit die Chance, sich unbemerkt davonzustehlen.
    Es war ein eigenartiges Gefühl. Nicht nur seine überstürzte Abreise und der unglückliche Zeitpunkt, nein, alles mutete befremdlich an. Das Projekt hatte so lange im Mittelpunkt seines beruflichen Lebens gestanden, dass er sich mit der Vorstellung, plötzlich darauf verzichten zu müssen, extrem schwertat. Schon seit ein Ende des Projekts in Sicht war, bedrückte ihn die Vorahnung einer heraufziehenden Depression.
    Sollte das alles gewesen sein? War seine Arbeit im Wesentlichen beendet? Der Abschluss des Projekts würde eine riesengroße Leere in seinem Leben hinterlassen, und die Wahrheit war, dass diese Aussicht ihm Angst machte; denn er hatte absolut keine Idee, wie er dieses Vakuum füllen konnte.

ZWEITER TEIL

9
    Kethi stieß sich mit den Füßen ab und schoss in einer flachen Diagonalen durch die Röhre. Ihre linke Hand schnellte vor, um einen der Haltegriffe zu packen, die in einer langen Reihe über die gesamte Länge der Röhre angebracht waren – den fünften Griff, um ganz genau zu sein, nach dem sie immer fasste. Sie tat dies nicht der Sicherheit wegen, sondern um ihren Schwung noch ein bisschen zu erhöhen und eine leichte Kurskorrektur vorzunehmen. Kaum schlossen sich ihre Finger um das kalte Metall des abgeflachten Reifens, da zog sie ihren Körper auch schon nach vorn und stemmte sich abermals ab; dieses Mal sauste sie auf einer geraden Bahn durch das Rohr.
    Der Vorgang war ihr mittlerweile so vertraut, dass die Zeit, als sie stolz darauf war, keine weiteren Korrekturen bezüglich Geschwindigkeit oder Richtung vornehmen zu müssen, längst vorbei war; sie brauchte auch nach keinem anderen Haltegriff zu fassen, um selbst eine noch so minimale Rotation auszugleichen. Für sie war das einfach eine Selbstverständlichkeit.
    Im Gegensatz zu einigen ihrer Kollegen fühlte sich Kethi in der Schwerelosigkeit nicht unbehaglich; sie genoss sie sogar. Ihr Ziel, die Observationskuppel, kam ihr schnell entgegen, aber auch nicht zu flott; wie immer, hatte sie ihre Annäherung perfekt eingeschätzt. Die Sicherheitsstange mit beiden Händen greifend, benutzte sie sie, um ihren Oberkörper abzubremsen, während ihre Beine darunter wegschwangen und in die Kuppel hineinglitten, die im Grunde nur eine transparente Blase war, in der sich ein bequemer Sessel und ein buntes Sammelsurium von Geräten befanden.
    Indem Kethi diese Einstiegsweise wählte, konnte sie mit den Füßen voran in den Sessel rutschen, sich an den Armstützen festhalten, um nicht gleich wieder in die Höhe zu hüpfen, und dann die Sitzgurte

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