Geisterjagd
jedem Gast das optimal auf ihn abgestimmte Trainingsprogramm empfehlen. Man brauchte bloß einige grundlegende Fragen zu beantworten und ein paar einfache biometrische Tests über sich ergehen zu lassen, und dann konnte man loslegen. Einprogrammierte Sicherheitsparameter garantierten, dass sich kein Gast überanstrengte. Schließlich standen hier die Versicherungsprämien des Hotels auf dem Spiel.
Kurz nach seiner Ankunft suchte Leyton das Fitnesscenter auf, und der erste Eindruck genügte ihm, um zu wissen, dass er einen anderen Ort finden musste, um sich zu trimmen, andernfalls riskierte er es, dieses Center vor lauter Frustration in Stücke zu hauen. Jedes Mal, wenn er ordentlich zu schwitzen anfing, informierte ihn eine sanfte, aber beharrliche Stimme, er hätte das »optimale Maximum« an körperlicher Belastung erreicht, und das Sportgerät weigerte sich, noch stärker in Anspruch genommen zu werden.
Nach zwanzig Minuten verließ er angewidert das Center. Den Rest des Tages stromerte er durch die an den Strip grenzenden Bezirke, die er vom Hotel aus zu Fuß erreichen konnte; er wechselte von einer Bar zur anderen, schaute in Clubs rein und sogar gelegentlich in eine Giazyu-Höhle, und überall erkundigte er sich nach Sportstudios, Fitnessclubs und dergleichen. Schließlich schickte man ihn zu einer Lokalität, die sich einfach nur »Joe’s« nannte und sich exakt als das entpuppte, wonach er suchte.
Zu sagen, der Bude hätten ein paar Pinselstriche Farbe ganz gutgetan, wäre dasselbe gewesen, als hätte man behauptet, im Zentrum einer Sonne würde es ein bisschen heiß. Schmuddelig, düster, mit einem altmodischen Boxring an einer Seite und an der anderen ein kunterbuntes Durcheinander von veralteten Sportgeräten – zweifelsohne die Maschinen, die gehobenere Etablissements ausgemustert hatten, wenn sie ihr Angebot verbesserten; ein Sammelsurium, das nach und nach im Laufe der Jahre erworben worden war, oder gar im Laufe von Jahrzehnten, dem Aussehen einiger Geräte nach zu urteilen. Bei manchen gewann man den Eindruck, sie seien mehrere Male recycelt worden, ehe sie hier landeten. Doch der Ort vermittelte ein behagliches Gefühl, und der Geruch, der in der Luft schwebte, wirkte vertrauenerweckend -eine vage vertraute Ausdünstung, die von ehrlicher Anstrengung und Tradition zeugte; eine aromatische Decke, die praktischerweise alle weniger angenehmen Gerüche überlagerte und verhüllte, wie beispielsweise den von Schweiß, der sonst vielleicht allgegenwärtig gewesen wäre.
Unerklärlicherweise wurmte Leyton seine Unfähigkeit, herauszufinden, wonach es roch, bis er zum Schluss seine Waffe gerade so lange weckte, um sie darüber zu befragen.
»L EINSAMENÖL , ODER EIN HIESIGES Ä QUIVALENT MIT SEHR ÄHNLICHER Z USAMMENSETZUNG «, informierte ihn die IntelligentGun. »D AS Ö L FINDET V ERWENDUNG IN F ARBEN , IN B OHNERWACHS UND IN K ONSERVIERUNGSSTOFFEN , SOGAR IN EINIGEN M USKELFAS … «
»Ja, danke«, unterbrach der EyeGee die Litanei. »Gute Nacht.« Die Waffe verstummte.
Leyton liebte Joe’s vom ersten Moment an, in dem er die Bude betrat. Hier würde kein Computer sein Training abbrechen, und was Versicherung betraf, so zweifelte er, ob einer von den Anwesenden das Wort überhaupt buchstabieren, geschweige denn sich eine leisten konnte.
Der Besitzer, der sich ihm nicht unerwartet als Joe vorstellte, war ein gedrungener, massig gebauter Mann mit einer schiefen Nase, auffallend fleckigen Zähnen, die auf eine frühere oder auch noch gegenwärtige Nikotinsucht hindeuteten, und Büscheln von pfeffergrauem Haar, die rings um eine Stirnglatze sprossen. Wegen der Nase und der generellen Haltung des Mannes schätzte Leyton, dass er in seiner Jugend ein Kämpfer gewesen sein musste. Bei einem kleinen Rundgang zeigte er dem EyeGee kurz die Trainingsgeräte, nahm eine bescheidene Summe Standards entgegen und überließ ihn dann sich selbst, nachdem er abschließend gesagt hatte, falls nötig, seien er oder sein Sohn zur Hand. Sie war eine jüngere, größere, schlankere und irgendwie blassere Version seines Vaters.
Leyton fing sofort damit an, die Geräte auszuprobieren. Er war bei Weitem nicht die einzige Person, die sich hier austobte, und der Typ der hier trainierenden Kunden unterschied Joe’s noch mehr von der hoteleigenen Sporteinrichtung als die Art der Ausrüstung und die Atmosphäre. Hier tummelten sich ausschließlich Einheimische. Bis auf Leyton war kein Tourist zu sehen.
Manche waren
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