Geisterstadt
mit Kirchentraining Seelen in die Ewige Stadt geleiten könnten, sondern weil nur diese Psychopomps erwiesenermaßen sicher bei Ritualen eingesetzt werden können. Ein wilder Psychopomp ist immer noch ein wildes Tier.
Psychopomps: Schlüssel zum Ritual und den Geheimnissen der Kirche vom Ältesten Brisson
Es war schon fast drei Uhr nachmittags, als sie es endlich schaffte, sich zum Markt zu schleppen. Ihre Stimmung war noch düsterer als die Gläser ihrer Sonnenbrille. Die ganze Arbeit umsonst. Sie war diejenige, die es mit Maguinness aufgenommen hatte - und sich noch immer in seinem Fadenkreuz befand -, sie war diejenige, die vorgeschlagen hatte, sein Versteck zu durchsuchen und sein Schlafzimmer in Augenschein zu nehmen.
Aber Lauren hatte ihr den Triumph praktisch vor der Nase weggeschnappt, und sie war sich absolut sicher, dass sie vorhatte, so zu tun, als wäre die Entdeckung ganz allein ihr Verdienst.
Und im Grunde hatte sie ja auch gar nichts mit Chess’ Fall zu tun, oder? Also blieb Chess nichts anderes übrig, als für Lauren das Dienstmädchen zu spielen und Besorgungen zu machen, während die sich bei den Ältesten lieb Kind machte - als würde die nicht schon genug auf sie abfahren.
Und das war einfach nicht fair. Chess war keine Inquisitorin, sie war eine Debunkerin, und als solche hatte sie mit diesem ganzen Postengerangel nichts am Hut. Sie brauchte sich um Beförderungen und Quoten und all das andere Zeug, das den Leuten beim Squad so wichtig war, keinen Kopf zu machen. Debunkerinnen bekamen Prämien, und wenn sie bei der Lösung eines Falls Hilfe brauchten, ließ sie das nicht gerade gut aussehen, aber abgesehen davon verschwendete sie nicht viele Gedanken an Kirchenpolitik oder daran, einen möglichst einwandfreien Eindruck zu hinterlassen. Und das war eigentlich auch gut so.
Aber sie war unter anderem deshalb Debunkerin geworden, um auf eigene Faust arbeiten zu können - am besten sogar allein. Und wenn sie jetzt nicht mal mehr die eigenen Ermittlungen in der Hand hatte und ihre Unabhängigkeit aufgeben musste ... fühlte sich das an wie ein verfluchtes eisernes Halsband.
Edsel lächelte, als sie näher kam. »Hey, Baby. Hast wohl meine Botschaft bekommen, wie?«
»Ja, was gibt’s denn?«
Die schwarzen Gläser seiner Sonnenbrille schwenkten nach links, dann nach rechts. Er war also nervös. Ein erwartungsvoller Schauer lief ihr über den Rücken; natürlich freute sie sich nicht, wenn Edsel Angst hatte oder in Gefahr war, aber wenn er wertvolle Informationen für sie hatte ... Verdammt, wenn er etwas wirklich Interessantes anzubieten hatte, würde Bump ihm sicher eine kleine Aufmerksamkeit zukommen lassen, und jetzt, wo seine Frau schwanger war, konnte er jeden Penny gebrauchen, das wusste sie. Es wäre schön zu sehen, wie er auch mal ein Stück vom Kuchen abbekam. Sie selbst hätte ihm etwas gegeben, wenn sie ihn damit nicht auf jeden Fall beleidigt hätte.
Er deutete mit dem Kopf nach rechts, um ihr zu zeigen, dass sie hinter die Theke kommen sollte. Okay, er war nicht einfach nur nervös, er war hypernervös. Da hinten war sie noch nie gewesen.
Allzu verschieden vom Standpunkt vor der Theke war es allerdings nicht. Die Auslage stand einfach nur auf dem Kopf, und die Kraft der wirklich wertvollen Objekte, die seltene Ware, die Edsel für besondere Kunden aufhob, kroch ihr über die nackte Haut und stahl sich unter ihre Kleidung, ein netter kleiner Höhenflug, mit dem sie nicht gerechnet hatte.
»Okay, ich hab da was für dich aufgespürt, Baby. Hast du je von einem gewissen Baldarel gehört?«
»Ich ... Ja. Ja, tatsächlich.« Baldarel war der Autor des Buches über Geistermagie, dass sie vorgestern im Geheimarchiv gefunden hatte. Sie hatte es sich ansehen wollen, sobald sie nach dem Treffen mit Edsel dorthin zurückkehrte. »Warum?«
»Ein Freund von ’nem Freund, wenn du verstehst. Hat mir gesteckt, dass diese Lamaru mit dem Typen geredet haben. Haben ihn bei ein paar von ihren Aktionen um Rat gefragt. Lief aber alles per Brief, da gab’s keinen persönlichen Kontakt. Dachte mir, die Kirche weiß vielleicht, wo man ihn finden kann, und dass du über ihn vielleicht an die rankommst.«
Das war nicht viel. Aber immerhin etwas. »Danke, Edsel. Das könnte eine Spur sein.«
»Hab außerdem läuten hören, dass die einen ganz besonderen Feind haben. Was auch immer die im Schilde führen, sie wollen’s schnell machen, weil, es ist jemand hinter ihnen her. Jemand Mächtiges, wenn
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