Geisterstadt
diesem Straßenhändler in Downside, der eigentlich Tränke verkauft. Er betreibt auch Krötenmagie, so viel weiß ich. Ich ...« Sie wühlte den Krötenknochen hervor, den sie von dem Bettchen abgerissen hatte. »Seine ganze Wohnung war voll mit diesen hier. Und er hatte auch einen Fetisch, der eher wie ein Tamzauber funktioniert hat. Er hat mein Gesicht verändert und auch das von Lauren, als wir ihn berührt haben. Sie hat ihn mitgenommen.«
Gegen die Blässe seines Gesichts stachen die dunklen Ringe um die Augen ab wie bei einem Pandabären. Die intensive Furcht darin wirkte keineswegs so gemütlich. »Verwandlungsmagie. So kontrollieren sie also unsere Psychopomps.«
Chess nickte. »Jedenfalls glaube ich das. Ich ... Ihr wisst ja schon, was im Schlachthof passiert ist. Was sie da gemacht haben.«
»Man hat mich darüber informiert, ja.«
»Dieser Kerl, Maguinness, das war der, der den Schlachthof angezündet hat. Er hat versucht, die Lamaru auf einen Schlag auszulöschen.«
»Das hat mir Lauren auch schon erzählt. Sie war offenbar der Ansicht, das sei ein Beweis dafür, dass er auf unserer Seite ist, wenn er natürlich auch die falsche Methode gewählt hat, um das zu zeigen. Aber ich sehe dir an der Nasenspitze an, dass du nicht dieser Meinung bist. Wie läuft denn die Zusammenarbeit mit ihr so?«
Sie zuckte die Achseln. »Sie ist okay. Ich meine, wir sind nicht gerade beste Freundinnen oder so, aber sie ist okay.«
»Und hast du das Gefühl, dass du ausreichend Mitspracherecht bei der Ermittlungsführung hast?«
»Meistens.« Sie wollte keine Petze sein, aber andererseits hatte sie auch einen gewissen Verdacht. Der Verdacht setzte sich durch. Sie erzählte ihm von ihrer kleinen Unterhaltung mit Maguinness - wobei sie alle verdächtigen Details sorgsam wegließ - und von Edsels Äußerung, dass die Lamaru einen Feind hätten. »Lauren meint, dass er nur am Rande mit dem Fall zu tun hat, dass er ein rein persönliches Problem mit ihnen hat und dass wir jemand anders darauf ansetzen sollten. Ich hingegen glaube, dass er wichtig ist, dass er derjenige ist, der die ganze Sache ins Rollen gebracht hat, indem er den Lamaru sein Zeug verkauft hat.«
»Ah.« Er leimte sich zurück und faltete die Hände im Schoß, wie immer, wenn er nachdachte. »Meinst du, dass er mit den Lamaru zusammenarbeitet?«
»Nein, oder jedenfalls nicht mehr. Ich vermute, dass er das früher getan hat, aber ... Habt Ihr schon mal von jemandem namens Baldarel gehört? Er hat ein Buch über Geistermagie geschrieben, das aus dem Geheimarchiv verschwunden ist. Jemand hat mir gesteckt, dass die Lamaru wohl mit ihm in Kontakt gestanden haben sollen. Vielleicht war er auch Maguinness’ Lehrer. Vielleicht sind sie so auf ihn gekommen.«
»Ich habe schon von ihm gehört, ja. Es war einmal sein Wunsch, der Kirche beizutreten, aber das war noch bevor meine Ausbildung begann, glaube ich. Ein äußerst mächtiger Spruchwirker, aber unorthodox und skrupellos.«
»Wo ist er jetzt? Kann ich mit ihm Kontakt aufnehmen?«
»Hmm. Ich glaube, er ist schon vor langer Zeit in die Ewige Stadt eingegangen, oder zumindest behaupten das die Gerüchte.«
»Können ihn dann nicht die Verbindungsleute finden? Können wir ...«
Er schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, meine Liebe, aber wir können in diesem Fall nur Mitarbeiter hinzuziehen, die einem Bindenden Eid unterliegen. Und ...« Er hob die Hand. »Ich glaube kaum, dass der Großälteste einer weiteren Prämie für einen Bindenden Eid zustimmen wird. Besonders jetzt nicht, wo unsere ganze Existenz an einem seidenen Faden hängt.«
Scheiße! Zum ersten Mal seit Tagen war sie auf eine Spur gestoßen, die wenigstens so aussah, als könnte sie zu einer Antwort führen statt zu immer neuen Fragen, und was bekam sie? Ein dickes, fettes Nein.
»Können wir wenigstens feststellen, ob sich sein Tod bestätigen lässt?«
Falls die Lamaru mit Baldarel zusammengearbeitet hatten, hatten sie ihn möglicherweise umgebracht. Und falls Maguinness ebenfalls mit Baldarel im Bunde gewesen war, hatte ihm dieser Mord sicher ganz und gar nicht geschmeckt.
Natürlich bestand immer noch die Möglichkeit, dass sich die Theorie mit den ausbleibenden Zahlungen für irgendwelche Lieferungen als wahr erwies. Debunking-Fälle löste man für gewöhnlich am besten, indem man einfach dem Geld folgte; sie konnte sich einfach nicht dagegen wehren, dass ihr erster Impuls immer dahin ging, den Leuten in die Brieftasche zu gucken.
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