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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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schwarze Magie. Es fühlte sich an wie die Flüche, die Kirchenschüler aneinander ausprobierten; Sprüche, die Gedächtnislücken oder Ungeschicklichkeit verursachten, Flüche, die vorübergehend einen Knoten in die Zunge zauberten, sodass das Opfer sich nicht deutlich ausdrücken konnte. Sprüche, die nach zehn oder fünfzehn Minuten ihre Wirkung verloren. Harmloser Kleinscheiß.
    Aber ein Haufen Leichenteile, in die die Symbole der Lamaru geritzt waren ... das war nicht harmlos. Nichts, was die Lamaru taten, war harmlos.
    Also, was zur Hölle war hier los?
    Auch Lauren schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. »Das macht keinen Sinn«, sagte sie. »Selbst wenn sie die Morde woanders begangen und die Leichenteile einfach hier abgeladen hätten, müsste die Energie viel dunkler sein.«
    »Bist du dir sicher, dass man sie wirklich hier gefunden hat?«
    »Das ist der Ort, den man mir beschrieben hat. Außerdem kann man ihn auch auf den Bildern erkennen, also muss ...«
    Plötzlich richtete sich jedes Härchen an Chess’ Körper auf. Sie wirbelte hemm, als sie auch schon in rotes Licht getaucht wurden, das Laurens Haar in einen blutigen Wasserfall um ihr Gesicht verwandelte und über die Wände hinter ihnen strich.
    In dem Kreis aus tiefrotem Feuer mitten auf der Kreuzung brodelte eisige, schwarz glühende Energie. Chess’ Magen machte einen Satz. Dunkelheit lauerte in jenem Kreis, Dunkelheit, Elend und Verzweiflung, und was auch immer sich darin versteckte, würde in der Sekunde, in der es losgelassen wurde, noch mehr davon freigeben. Das wusste sie mit absoluter Sicherheit. Wusste es, noch bevor das Quieken begann.
    Ein Schwein. Nicht aus dem Schlachthof, sondern näher dran, genau über ihnen, direkt auf der anderen Straßenseite. Die 1 .amaru erwarteten sie bereits. Wie zur Hölle hatten sie von ihrer Ankunft Wind bekommen?
    Lauren riss die Augen auf; das Weiß schimmerte rötlich um die weit aufgerissenen schwarzen Pupillen. Chess erhaschte nur einen kurzen Blick auf die entsetzte Miene der anderen Frau, bevor sie auf die Knie fiel und ihre Tasche aufzerrte. Zum Wagen zu rennen und mit Volldampf zu verschwinden, war zwar verlockend, kam aber nicht wirklich infrage, also verschwendete sie auch keinen zweiten Gedanken daran. Hinter diesen brüchigen Fassaden lebten Menschen, Menschen, die sich jetzt versteckten und sie beobachteten, und wenn sie mit ihrer Vermutung darüber, was hinter dieser Mauer des Bösen vor sich ging, richtiglag, verdammte sie jeden Einzelnen von ihnen zu einem qualvollen Tod, wenn sie jetzt abhaute. Und sie hatte wahrhaftig auch so schon mehr als genug Tote auf dem Gewissen.
    Außerdem hatte sie etwas Friedhofserde dabei. Gut. Eisenhut trug sie sowieso immer bei sich, und in den letzten Monaten war sie nie ohne Melidia aus dem Haus gegangen. Ihren Vorrat an Eisenspänen hatte sie erst vor Kurzem aufgestockt. Ausgezeichnet. Sie warf Lauren einen Seitenblick zu und merkte, wie sich widerwilliger Respekt in ihr regte. Die andere Frau war bereits in Bewegung, stellte eine kleine Feuerschale auf und riss ein langes Streichholz an einer Zündfläche an ihrem Schuh an. Keine schlechte Idee.
    »Lauren! Lauren, was hast du dabei?« Sie musste schreien, so ohrenbetäubend war das Quieken inzwischen. Das war nicht nur ein Schwein, nicht nur eine Sau, wenn sie richtiglag, oh bitte, flehte sie, mach, dass ich nicht recht habe. Es war mehr als eine.
    Lauren öffnete die rechte Hand. Darin lagen drei bräunliche Blätter neben einem kleinen Mistelzweig. Rotwurz. Hervorragend. Sie brauchten jetzt jede Hilfe, die sie kriegen konnten.
    Ein Chor von männlichen Stimmen hallte über das Grundstück, kroch über Chess’ Haut und brachte ihre Tattoos zum Kribbeln. Sie griff nach ihrer Kreide und krakelte sich ein paar Schutzzeichen auf die Stirn. Kaum war sie damit fertig, begannen die Kreidelinien auch schon auf der Haut zu brennen.
    Zuletzt schnappte sie sich ihren Schädel und hielt dann inne.
    Sie konnten jetzt keinen Schutzkreis ziehen, es sei denn, sie wollten den magischen Brand darin einschließen - und das würde zu lange dauern und sie zu nahe heranbringen. Aber ohne Kreis würden die Psychopomps entkommen, und das wäre beinahe genauso schlimm wie das, was da im Begriff war, aus dem Flammenring hervorzubrechen. Ein unkontrollierter Psychopomp würde sich die erste Seele schnappen, die er fand, und das galt als Mord.
    Lauren erwiderte ihren Blick. Offenbar hatte sie denselben Gedanken. »Schätze,

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