Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
Ungelenk stolperte ich auf das Grab zu. Am unbefestigten Rand gab der Boden nach. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel kopfüber in die Grube.
Während meines Falls machte ich einen Salto und landete hart auf dem Rücken. Ich stöhnte vor Schmerzen.
Peters höhnisch grinsendes Gesicht erschien über der Graböffnung.
»Ich habe dir ja gesagt, ich würde dir einen Anstoß geben«, rief er und lachte ein schrilles Lachen. Es war genauso furchtbar wie das Lachen von der toten Melissa.
»Weißt du was, Jack? Sterben ist gar nicht so schlimm.«
Eine Schaufel voll Erde erschien neben Peters Kopf.
»Nur an die Kälte muss man sich gewöhnen!«, schrie er.
Ich hörte noch seine hysterische Lache, bevor mir eine Ladung Sand ins Gesicht knallte. Ich versuchte mich zu befreien, aber ich konnte mich nicht bewegen. Eine weitere Fuhre traf auf meine Brust. Und noch eine auf meinem Bauch, meine Beine, meine Füße.
Ich bekam keine Luft mehr. Ich wollte schreien und öffnete den Mund, was dazu führte, dass mir Sand in den Hals sackte.
Und dann gab es nur noch Peters entsetzliche Gelächter in meinem Kopf.
Ich erstickte.
9
Schweißgebadet wachte ich in meinem Auto auf. In meiner Todespanik schlug ich gegen das Lenkrad, wobei ich mir den rechten Zeigefinger verstauchte.
Als ich die Orientierung zurück erlangte und die Bäume um mich herum sah, stieß ich die Fahrertür auf, beugte mich hinaus und übergab mich in einem einzigen langen Schwall.
Als ich fertig war, zog ich die Tür zu und atmete schwer ein und aus.
Und dann begann ich zu weinen. Ich heulte, wie ich es wohl noch nie zuvor in meinem Leben getan hatte. Ich schluchzte, ich weinte, ich schrie. Es dauerte fast eine Stunde, bis ich mich wieder einigermaßen im Griff hatte.
Man hätte meinen sollen, es würde mir hinterher besser gehen. Aber das tat es nicht.
Ich war am Ende.
10
Am späten Nachtmittag war ich endlich zu Hause. Auf dem Anrufbeantworter waren zwei Nachtrichten hinterlassen worden. Ich hörte ihn jedoch nicht ab, sondern rief als erstes Beverly an und erzählte ihr von der Beerdigung. Sie war froh zu hören, dass es mir überhaupt nicht gefallen hatte, denn dadurch fühlte sie sich in ihrer Entscheidung, dem Begräbnis fernzubleiben, bestätigt.
»Soll ich heute rüberkommen?«, fragte sie mich.
»Ich glaube, ich möchte heute allein sein. Versteh das bitte nicht falsch.«
»Das tue ich nicht, aber bist du dir sicher, wieder die Nacht allein zu verbringen?«
»Es wird nichts passieren.«
»Woher willst das wissen?«
»Beverly, bitte! Ich kann dir darauf keine Antwort geben. Ich will heute einfach nur meine Ruhe. Das war heute einfach ein beschissener Tag.«
»Ja, aber...«, begann sie.
»Ich brauche deine Hilfe nicht!«, schrie ich unbeherrscht.
Toll! Jetzt schreist du die einzige Person in deinem Leben an, der du etwas bedeutest.
»Es... es tut mir Leid, Beverly. Bitte verzeih mir. Ich bin nicht mehr ich selbst.«
Beverly schwieg einen Moment. Dann sagte sie ganz leise, aber ohne jeglichen Vorwurf: »Du weißt, wie du mich erreichen kannst. Ich bin immer für dich da.« Dann legte sie auf.
Ich klappte auf der Couch zusammen und döste stundenlang vor mich hin. Einschlafen war nicht möglich.
Abends fühlte mich ein wenig besser und bekam auch wieder Appetit. Bei dem Gedanken an Chips wurde mir jedoch übel.
Ich aß nur ein wenig Haferbrei und trank dazu einen Kamillentee.
Immer wieder schlich ich am Anrufbeantworter vorbei, auf dem eine zwei blinkte.
Irgendwann spät in der Nacht hielt ich die Ungewissheit nicht mehr aus und hörte die Nachrichten ab.
»NACHRICHT 1.«
»Hallo Mr. Rafton. Hier ist Mrs. Danvers. Ich wollte Ihnen mein tief empfundenes Beileid aussprechen. Und ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie jederzeit bei mir willkommen sind. Ich meine, auch wenn Sie das Gefühl haben, mal mit jemandem reden zu müssen. Sie können natürlich auch ihre Freundin, Ms. Stevens mitbringen.
Ich hoffe man sieht sich, Mr. Rafton.
Auf Wiederhören.«
Gut. Sie hat nicht das kleinste bisschen über Peter, und die Umstände seines Todes herausfinden können. Sie muss ziemlich verzweifelt sein, wenn Sie jetzt nicht mal davor zurückschreckt, mich anzurufen.
Sollte ich jemals in meinem Leben erneut ihr Geschäft betreten, dann nur mit einem vollen Benzinkanister in der einen und einem brennenden Streichholz in der anderen Hand, dachte ich verbittert.
»NACHRICHT 2.«
Ich hörte nur ein lautes Rauschen,
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