Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
gewissermaßen meine letzte Hoffnung.
2
Es war acht Uhr abends am selben Tag.
Beverly war schon am frühen Nachmittag gekommen.
Als sie uns einen Kaffee machen wollte, musste ich ihr erklären, warum in meiner Küche beinahe das gesamte Geschirr fehlte.
Sie verzichtete auf eine Erklärung, welche nach ihrer Meinung ohnehin nur ein Teil der Wahrheit gewesen wäre und schlug stattdessen vor, am nächsten Tag mit mir zusammen Ersatz zu kaufen. Das würde mich gut ablenken vor dem morgigen Abend.
Gegen halb neun klingelte es an der Tür.
Beverly zuckte richtig zusammen, als der Gong ertönte. Sie war noch nervöser als ich.
Wir sahen uns beide an und vergewisserten uns gegenseitig mit einem Blick unserer Entschlossenheit.
Dann öffnete ich die Tür.
Vor mir stand eine hochgewachsene stattliche Frau. Sie war mindestens ein Meter fünfundsiebzig groß, hatte schulterlanges, sehr dunkles Haar, das dringend gekämmt werden musste und trug eine Brille mit braunem Gestell, deren Gläser ihre Augen größer erscheinen ließen, als sie in Wirklichkeit waren.
Ich schätzte ihr Alter auf Ende fünfzig.
Schräg hinter ihr stand ihr Ehemann. Er wirkte wesentlich älter, hatte kaum noch Haare und war gut ein Kopf kürzer als seine Gattin. Seine Hand hielt den Griff eines großen Koffers mit Rollen.
»Mr. Rafton?«
»Ja, das bin ich. Willkommen Mrs. Abagnale.« Ich wandte mich an ihren Mann. »Mr. Abagnale.«
»Sehr erfreut«, sagte Mr. Abagnale.
»Kommen Sie doch bitte herein.«
Mrs. Abagnale betrat schweigend mein Haus und warf den Wänden erste abschätzende Blicke zu.
»Das ist Beverly Stevens. Sie haben schon mit ihr gesprochen, Mrs. Abagnale.«
»Freut mich Sie kennenzulernen. Sie sehen genauso aus wie ich es mir vorgestellt habe«, sagte Mrs. Abagnale zu Beverly.
»Bitte«, sagte ich und deutete zum Wohnzimmer, »setzen wir uns doch.«
»Sehr freundlich«, sagte Mrs. Abagnale höflich.
»Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
»Oh«, begann Mr. Abagnale, der dankbar für das Angebot war und schon einen Wunsch im Sinn hatte. Seine Frau schnitt ihm rasch das Wort ab:
»Nein, danke. Ich würde es vorziehen, wenn wir gleich zum Wesentlichen kommen.«
Mr. Abagnale ließ enttäuscht die Schultern hängen und trottete folgsam hinter seiner Gemahlin hinterher.
Als wir alle am Esstisch Platz genommen hatten, bat mich Mrs. Abagnale noch einmal ausführlich, meinen Fall zu schildern.
Ich bemühte mich, nichts zu vergessen. Nur einige wenige Details verschwieg ich. Zum Beispiel den exakten Inhalt meines Albtraums über Melissa.
Beverly bekam hin und wieder ganz große Augen, weil sie Erlebnisse von mir erfuhr, die ich ihr bislang verschweigen hatte, wie den Traum mit dem toten Peter auf dem Friedhof.
Geduldig und ohne eine emotionale Regung hörte sich Mrs. Abagnale alles an. Mr. Abagnale machte sich ab und an ein paar wenige Notizen.
Erst als ich erwähnte, dass in besagtem letztem Albtraum die Geister der Speedwell vorkamen, wurde die stattliche Dame hellhörig.
»So etwas habe ich mir schon gedacht«, sagte sie an dieser Stelle.
»Was meinen Sie damit?«, fragte ich.
»Alles was es bisher in Lost Haven an paranormalen Aktivitäten gegeben hat, hängt mit diesen Geistern zusammen, die vor über hundertzwanzig Jahren über diesen Ort herfielen. Niemand weiß, warum es geschehen ist. Es gibt viele Spekulationen. Die meisten davon sind Unsinn.«
»Haben Sie denn eine Theorie?«, fragte Beverly.
»Den genauen Grund wird wahrscheinlich niemand aufdecken können. Jeder Geist hat seine eigenen Beweggründe für das, was er tut. Meine Aufgabe wird es sein herauszufinden, was der Geist in Ihrem Haus will. Es geht nicht darum herauszufinden, warum er ausgerechnet bei Ihnen spukt. Das wäre viel zu kompliziert und es übersteigt meine Möglichkeiten. Wichtiger ist herauszufinden, was er will. Nur dann kann ich ihn bitten Sie zu verschonen, Mr. Rafton.«
»Das heißt, Sie denken, dass der Poltergeist in meinem Haus einer von denen ist, die Ende des neunzehnten Jahrhunderts hier gespukt haben?«
»Das habe ich nicht gesagt, Mr. Rafton. Immer wieder gab es in den letzten hundert Jahren Berichte über Poltergeisterscheinungen. Die meisten sind nur sehr wenigen bekannt.« Mrs. Abagnale machte eine ausholende Geste. »Dieser Ort hier zieht diese Dinge auf eine besondere Weise an. Es ist einer der ganz wenigen Flecken auf dieser Erde, die hin und wieder von echten Poltergeistern heimgesucht werden.
Ich selbst
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