Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
geht es deinem Vater?«
»Er hat es geschafft. Er wird wieder ganz der Alte werden. Er muss aber noch mindestens fünf Tage im Krankenhaus bleiben.«
»Das ist ja mal eine gute Nachricht. Ich freue mich sehr für dich.«
Beverly machte einen tiefen Seufzer. »Ich bin auch froh.«
»Konntest du jetzt ein wenig zur Ruhe kommen?«, fragte ich.
»Nun ja. Nicht ganz wie ich vielleicht sollte.«
»Was meinst du damit?«
»Ach, es nicht so wichtig.«
»Du kannst es mir ruhig erzählen, Beverly.«
Ich konnte durch das Telefon hören, wie sie mit sich rang, sich mir zu offenbaren. Anscheinend hatte sie Ärger in der Familie.
Viele Sekunden vergingen.
»Als ich gesagt habe, dass mein Vater wieder bald ganz der Alte sein würde, da habe ich nicht nur seinen Gesundheitszustand gemeint«, begann sie endlich.
»Sondern?«
»Kurz bevor ich abgereist bin, habe ich doch erwähnt, dass mein Verhältnis zu ihm nicht das Beste sei.«
»Ja«, sagte ich, obwohl ich das schändlicherweise völlig vergessen hatte. Die letzten Tage war ich dermaßen mit mir selbst beschäftigt, dass ich das einfach vergessen hatte. Wenigstens schämte ich mich jetzt dafür.
»Nun, mein Vater reagierte nicht gerade begeistert, als er mich gesehen hat. Und je öfter ich ihn jetzt besucht habe, desto mehr kommen die alten Sachen wieder hoch. Alte Schuldzuweisungen, von denen ich geglaubt habe, dass sie endlich der Vergangenheit angehören würden.«
»Weswegen macht er dir Vorwürfe? Ich meine, ganz unabhängig davon, was zwischen dir und deinem Vater steht, wäre ich an seiner Stelle doch dankbar, dass du sofort zu ihm gekommen bist.«
Beverly stieß ein grimmiges: »Ha!« aus. »Da kennst du meinen Vater schlecht. Er hat mir nie verziehen, dass ich nicht das geworden bin, was er aus mir machen wollte. Ich war schon immer sehr eigensinnig und habe immer meine Meinung gesagt, meistens dann, wenn es gegensätzlich zu seiner Meinung war.«
Ich sagte nichts und gab Beverly Zeit auf den Punkt zu kommen.
»Ich war nie sein Lieblingskind, wenn du verstehst, was ich meine. Für alles, was bei ihm im Argen liegt, hat er immer mich verantwortlich gemacht. Es ist ganz egal, was aus mir geworden wäre. Ich hätte auch die erste Präsidenten der Vereinigten Staaten werden können: Dann hätte er sich beklagt, dass ich in der falschen Partei wäre.«
»Verstehe«, sagte ich. Mich überraschte, wie gefasst Beverly zu sein schien. Die letzten Tage für sie waren nur Schmerz, nicht Heilung, wie ich es gehofft hatte.
»Du hörst dich so an, als ob du dich damit abgefunden hättest?«
»Manchmal ist es richtig schlimm, das kannst du mir glauben. Aber je älter ich werde, desto mehr ist es nur noch eine Enttäuschung unter vielen.«
Dass Beverly so eine Last mit sich herumschleppt, hätte ich nie für möglich gehalten. Stets war sie es, die mich aufgeheitert hatte, wenn ich mich wieder einmal an der Vergangenheit festgekrallt hatte. Sie konnte mit einem Satz, manchmal mit nur einem passenden Wort die dunklen Wolken beiseite schieben.
Ihr Aufenthalt in Bosten hatte ihr mehr geschadet als genutzt. Jetzt war ich an der Reihe, ihre Stimmung aufzuhellen.
»Ich freue mich schon, wenn du zurückkommst«, sagte ich.
»Ich werde gleich morgen früh abreisen. Hier werde ich nicht mehr gebraucht«, sagte sie, als ob ihr ein Stein vom Herzen gefallen war.
»Und jetzt, sag mal. Wie sieht es bei dir aus? Immer noch alles in Ordnung? Als du eben ans Telefon gegangen bist und sich niemand gemeldet hat, habe ich echt einen Schreck bekommen. Ich dachte schon, dein Haus-Geist hätte den Hörer abgenommen«, sagte sie mit gespannter Stimme.
»Also, ich war nur abgelenkt, weil ich da so eine komische Rechnung bekommen habe, an die ich mich nicht erinnern kann.«
»Hm, Hm!«, machte Beverly und meinte damit: ‚Ich glaube dir kein Wort!’
»Nein, ehrlich«, sagte ich und machte damit alles nur schlimmer.
»Aber sicher doch«, brummte sie. »Lass bitte den Quatsch und erzähl mir jetzt, was los ist. Ich könnte ein wenig Ablenkung gebrauchen.«
»Also schön, du hast gewonnen. Beverly, hier ist etwas sehr Schlimmes geschehen und ich bin mir nicht sicher, ob es zu dem, was in meinem Haus geschieht, eine Verbindung gibt.
»Du meinst Melissas Selbstmord?«, fragte sie harsch.
Ich zuckte zusammen.
»Peter hat es mir erzählt. Wir haben gestern telefoniert.«
»Tut mir ehrlich Leid. Ich wollte es dir noch sagen, aber ich habe gedacht, ich verschiebe das noch etwas, weil
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