Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
spielt keine Rolle mehr. Hauptsache es passiert nicht noch mal.«
»Das hoffe ich auch. Das was du erlebt hast, kann nämlich sehr gefährlich sein«, sagte Beverly mit einem ernsten Ton, der mich irritierte.
»Wieso denn gefährlich?«, fragte ich.
»Wenn die Seele den Körper verlässt, dann muss sie immer wissen, wie sie zum Körper zurückkommt. Stell dir das wie eine Leine vor, an der die Seele festgeleint bleibt, egal wie weit sie sich auch vom Körper entfernt. Wird diese Verbindung unterbrochen, dann findet die Seele nicht mehr zurück.«
»Und was bedeutet das?«
»Das bedeutet, dass man nicht mehr aufwacht.«
Ich war nicht ganz überzeugt von Beverly Ausführungen. Dennoch reichte es aus, um mir ein kalten Schauer über Rücken laufen zu lassen. »Na, du machst einem ja Mut! Wieso sollte jemand, der eine Astral-Reise freiwillig macht, sich solch einem Risiko aussetzen?«, fragte ich.
»Es gibt einen Unterschied, ob man diese Reise gewollt, also bewusst oder ungewollt macht, so wie du, Jack. Aber zu deiner Beruhigung: Mir ist kein Fall bekannt, in dem etwas Ähnliches schon einmal passiert wäre. Es sind bloß Gerüchte, die man aber meiner Meinung nach sehr ernst nehmen sollte. Und ich wollte, dass insbesondere du das sehr ernst nimmst, weil das, was mit dir geschieht, ehrlich gesagt immer unheimlicher wird und du dich auf keinen Fall noch einmal auf so eine Reise einlassen solltest.«
»Das habe ich auch nicht vor. Das versichere ich dir.«
»Aber wenn doch, dann bist du wenigstens vorbereitet. Du kannst jetzt versuchen, dich dagegen zu wehren, sollte es noch mal geschehen.«
Für einen Moment musste ich daran denken, was Mrs. Trelawney jetzt sagen würde, wenn sie wüsste, was ich letzte Nacht getan und jetzt mit Beverly besprochen hatte. Vermutlich würde sie mir am liebsten eine schallende Ohrfeige verpassen, und wahrscheinlich wäre das auch das Einzige, was mich wieder zur Vernunft bringen würde.
»Beverly, weißt du eigentlich, wie verrückt das alles ist, über das wir uns gerade unterhalten? Poltergeister, Astral-Reisen. Wo soll das noch alles hinführen? Was kommt als Nächstes?«
»Ich hoffe, dass es nirgendwo hinführt, weil es enden muss«, sagte Beverly ernst.
»Ich glaube, wir sollten das Ganze ruhen lassen. Man sollte sich da nicht noch mehr hineinsteigern. Das bringt nur noch mehr Unheimliches hervor. Ich kann jedenfalls nicht mehr«, sagte ich.
»Kannst du es denn ruhen lassen?«
»Wie?«
»Warum bist du gestern in den Wald gefahren? Ich an deiner Stelle hätte den Teufel getan, dort zu suchen. Und wenn ich die besagte Stelle auch noch gefunden hätte, dann wäre ich wohl auf der Stelle an einem Herzinfarkt umgekommen. Kannst du es wirklich endlich ruhen lassen?«
Erwischt! Erst Elizabeth und jetzt Beverly. Beide ahnten, dass ich nicht loslassen konnte. Dass es mich immer tiefer in diesen Abgrund aus selbstzerstörerischen Fragen trieb.
Es musste endgültig Schluss damit sein.
»Ich werde jetzt versuchen, nicht mehr daran zu denken und ich möchte nichts mehr unternehmen, das weiteres Unheil heraufbeschwören könnte. Ich meine das ganz Ernst, Beverly.«
»Also gut«, sagte sie. »Wie sehen uns dann morgen.«
»Und fangen zusammen neu an«, hörte ich mich sagen. Was hatte ich damit gemeint? Ich plante doch gar keine gemeinsame Zukunft mit Beverly. Ich plante überhaupt nichts für eine Zukunft! Seit Jahren nicht mehr. Wie konnte ich ihr nur durch diese unbedachte Äußerung ihr falsche Hoffnungen machen, ich Vollidiot?
Mit an die Stirn gedrückter Faust und den zu einem dünnen Strich zusammengepressten Lippen ärgerte ich mich über meine letzten Worte, während ich ängstlich auf eine Antwort wartete.
Beverly reagierte zunächst mit einem überraschten Schweigen. Dann sagte sie: »Das würde mir gefallen.«
Sie legte auf und ich blieb sprachlos.
5
Das Gespräch mit Beverly war nicht so verlaufen, wie ich gehofft hatte. Aber, was hatte ich denn gehofft? Auf der einen Seite wollte ich endlich von diesen mysteriösen Erscheinungen und Ahnungen loskommen, die mich – und das war keine Frage des Vielleicht – über kurz oder lang in den sicheren Wahnsinn treiben würden. Auf der anderen Seite sehe ich mich vermehrt gegen den wilden Drang ankämpfen, dem Geheimnis des Ganzen auf die Spur zu kommen. Dabei spielten Erwägungen bezüglich meines Gesundheitszustandes, meiner Beziehungen zu den Menschen, die mir noch etwas bedeuteten, und sonstige Opfer
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