Geködert
Showbiz, der sogenannten feinen Gesellschaft und auf Literatenpartys. Wieviel Zeit er bei Glorias Eltern zubrachte und ob, wenn er bei ihnen war, von mir gesprochen wurde und von meiner mutmaßlichen beruflichen Tätigkeit, weiß ich bis auf den heutigen Tag nicht. Doch als ich ihm wieder begegnete, war er beunruhigend gut informiert über mich.
Dodos Einladung auf ein Glas »mit Freunden – am Donnerstag zwischen sechs und acht Uhr abends oder solange es eben dauert« in ein Haus mit sehr vornehmer Adresse, und zwar in der Chapel Street in der Nähe des Eaton Square, war auf einen Briefbogen des Ritz gekritzelt und kam am Mittwoch morgen mit der Post. Wir waren nicht im entferntesten vorbereitet auf das, was uns dort erwartete. Vor dem für London SWI typischen kleinen Stadthaus parkten, als wir eintrafen, schon mehrere Luxuslimousinen, und ein Butler im
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Frack öffnete uns die Tür. Viele der männlichen Gäste waren im Smoking erschienen, die Damen in langen Kleidern. Von irgendwoher hörte man Live-Musik und lautes Gelächter.
Gloria fluchte halblaut, denn sie trug das Tweedkostüm, in dem sie morgens ins Büro gegangen war, und hatte nicht einmal Zeit gehabt, sich zu frisieren.
Das ganze Haus stand der Gesellschaft offen, und es waren Gäste in jedem Zimmer. In dem ersten, das wir betraten, fanden wir einen jungen Mann im Smoking und zwei Mädchen im Abendkleid, anscheinend in die gemeinsame Betrachtung eines großen Bildbands vertieft. Wir überließen sie ihrer Betrachtung und gingen in das nächste Zimmer, wo an einem langen Zeichentisch zwei Männer Getränke ausschenkten.
»Ungarische Weine«, sagte der eine, als ich fragte, was es gebe, »nur ungarische Weine.« Ich ließ uns zwei der größten Gläser einschenken, und dann gingen wir auf die Suche nach der Zigeunerkapelle ins Obergeschoss. »Das ist ein Zimbalon«, erklärte mir Gloria, als sie das Saiteninstrument erkannte. »Wo mag Dodo nur jemand aufgetrieben haben, der Zimbalon spielt, hier in London?«
»Du kannst ihn gleich selber fragen«, sagte ich.
Dodo kam eben die Treppe herunter, ein Glas in der Hand und ein glückliches Lächeln im Gesicht. Sein Haar war sauber geschnitten, aber sein Abendanzug hatte schon bessere Zeiten gesehen, und er trug dazu blaue Wildlederschuhe mit ungleichen Schnürsenkeln und rote Socken. Als er uns erblickte, wurde sein Lächeln noch strahlender. Er war nicht der Mann, sich abgetragener Kleider zu schämen. Im Gegenteil schien er alte Gewänder zu lieben, wie er alte Bücher und alte Weine liebte, und Glorias Kummer, so unpassend angezogen zu sein, ließ ihn kalt.
Er hatte schon einige Gläser geleert, als wir ihm begegneten, und hielt sich nicht lange mit der Begrüßung auf, ließ sich dafür um so ausführlicher über den einen oder anderen der
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illustren Gäste aus. »Der Bursche, den ihr da mit mir auf der Treppe gesehen habt, ist die Macht hinter den Kulissen bei der Lufthansa. Er hatte das Zimmer gegenüber meinem, als ich noch in dieser elenden Bude am Kohlmarkt wohnte.
Inzwischen ist die Gegend natürlich eine der elegantesten von Wien geworden.« Dodo führte uns in den Raum, wo die Zigeunerkapelle spielte. Es war dunkel dort bis auf das Kerzenlicht, das über die Gesichter der Musikanten flackerte und hin und wieder auf einen der verzückt im Schatten lauschenden Zuhörer fiel.
»Haben sie schon den Csárdás gespielt?« fragte Gloria mit einem Eifer, der mir eine neue Seite ihres Wesens enthüllte.
»Natürlich, liebste Zu«, sagte Onkel Dodo.
»Du denkst wirklich an alles«, sagte sie und schien ihre Sorgen wegen der Kleidung und Frisur vollkommen vergessen zu haben. Sie küsste ihn schnell und sagte etwas auf ungarisch.
Er lachte. Ich fühlte mich ausgeschlossen.
»Bist du aus Budapest?« fragte ich ihn, eher um Konversation zu machen als aus echtem Interesse.
»Alle Ungarn sind aus Budapest«, sagte er. Gloria sagte:
»Ja, wir alle lieben Budapest.« Dann sah sie Dodo an und sagte in nachdenklichem Ton: »Du hast recht. Alle Ungarn fühlen sich daheim in Budapest.«
»Sogar ihr Zigeunerinnen«, sagte Dodo, als die langsame Zigeunermusik von neuem begann und Gloria anfing, sich in ihrem Rhythmus zu wiegen.
»Hat Zu dir jemals die Zukunft vorausgesagt?«
»Nein«, sagte ich.
»Mit den Tarotkarten.«
»Nein, Dodo«, sagte Gloria. »Manchmal ist es besser, nicht zu wissen, was die Karten sagen.« Das Thema war beendet.
»Habt ihr schon gegessen?« fragte er.
Als
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