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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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herumschnüffeln sollte.

    - 276 -
    Immer vorausgesetzt, dass die Zeichnungsberechtigten nichts davon erfahren.«
    »So könnte Bernards Name in die Sache reingezogen worden sein«, sagte Gloria leise. Ganz offensichtlich glaubte sie ihrem Onkel Dodo die tolle Geschichte.
    Dodos Knopfaugen waren fast hypnotisierend. Der Kerl hatte etwas Beängstigendes an sich: die Ausstrahlung des Bösen.
    »Wenn du wirklich von der Kohle keine Ahnung gehabt hast, dann hast du dich aber ganz schön übers Ohr hauen lassen, Darling.« Er lachte leise, damit ich merkte, dass er diese Möglichkeit nicht ernsthaft in Erwägung zog. Dann sah er Gloria auffordernd an, weil er den Spaß mit ihr teilen wollte.
    Als sie wegschaute, nahm er einen großen Schluck aus seinem Glas.
    »Muss jetzt gehen«, sagte er. »Muss gehen.«
    Ich stand nicht auf. Der alte Narr kam aber doch aus eigener Kraft auf die Füße und torkelte durch die Tür. Gloria und ich saßen einige Minuten schweigend da. Schließlich startete sie einen Versuch, mich über die Unverschämtheiten Dodos hinwegzutrösten, und sagte: »Er war in einer komischen Stimmung heute abend.«
    »Lange nicht mehr so gelacht«, sagte ich.

    - 277 -

18
    Einen Tag vor meinem nächsten turnusmäßigen Besuch in Berlin rief Werner an und fragte mich, ob ich nur mit Handgepäck kommen würde. Ich sagte ja. Bei diesen Stippvisiten brauchte man nur einen Aktenkoffer, der groß genug war für Schlafanzug und Rasierzeug.
    »Könntest du ein Päckchen für mich mitbringen? Ich würde dich nicht darum bitten, wenn Ingrid es nicht dringend brauchen würde.«
    »Ingrid?« fragte ich. »Wer ist Ingrid?«
    »Ingrid Winter. Lisls Nichte. Sie hilft mir im Hotel.«
    »Ach, wirklich?«
    »Es wird ziemlich schwer sein«, sagte Werner
    entschuldigend, »es handelt sich um Vorhangstoff von Peter Jones, dem Kaufhaus am Sloane Square. Ingrid sagt, das Muster ist in Berlin nirgends zu kriegen.«
    »Schon gut, Werner. Kein Problem.«
    »Warte, bis du das Hotel siehst. Fast alles ist anders geworden. Du wirst es kaum wiedererkennen.«
    Du meine Güte! dachte ich und fragte: »Und was sagt Lisl zu all diesen Veränderungen?«
    »Lisl?« sagte Werner, als könne er sich kaum daran erinnern, wer Lisl war. »Lisl ist sehr zufrieden mit den Veränderungen. Sie sagt, sie findet alles wunderbar.«
    »Wirklich?«
    »Wir würden doch nichts machen, was Lisl nicht gefällt, Bernie. Das weißt du doch. Für sie machen wir das ja schließlich alles.«
    »Und Lisl gefällt es?«
    »Aber ja doch. Habe ich dir doch schon gesagt.«
    »Na, dann bis morgen, Werner.«
    »Es ist auch ziemlich unhandlich.«

    - 278 -
    »Reg dich ab, Werner. Ich habe dir versprochen, dass ich es mitbringe.«
    »Wenn der Zoll dafür kassieren will, dann zahle. Ingrid kann es nicht erwarten, die neuen Vorhänge vor den Fenstern zu sehen.«
    »Okay.«
    »Bleibst du über Nacht? Ich meine, bei uns? Wir haben Platz für dich.«
    »Danke, Werner. Ja, gerne.«
    »Ingrid macht Hoppel-Poppel einfach klasse.«
    »Es ist mindestens zwanzig Jahre her, dass ich zum letzten Mal Hoppel-Poppel gekriegt habe«, sagte ich. »Einen echten jedenfalls.«
    »Mit frischen Kräutern«, sagte Werner, »das ist das Geheimnis. Frische Eier und frische Kräuter.«
    »Hört sich an, als ob Ingrid gar nicht besonders stören würde«, sagte ich.
    »Überhaupt nicht«, sagte Werner. »Sie stört überhaupt nicht.«

    Ich verfluchte Werner, Ingrid und die Rolle Vorhangstoff schon, bevor ich in Tegel ankam. Der Zollbeamte sah mich mit der Rolle ringen und grinste nur. In Berlin sind sogar die Zollbeamten Menschen.
    Dann kämpfte Werner weiter und versuchte, das Ding auf dem Rücksitz seines fabrikneuen silbernen BMW der 7er Serie zu verstauen, was nur möglich war, wenn man ein Stück davon aus dem offenen Fenster ragen ließ. »Das passt doch nicht zu dir, Werner«, sagte ich, als er mit einer dreisten Geschicklichkeit, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte, in den Verkehr stürzte. »So ein protziger, potenter Wagen. Das passt nicht zu dir.«
    »Ich habe mich geändert, Bernie«, sagte er. »Weil du jetzt ein Hotel führst?«

    - 279 -
    »Genau. Weil ich jetzt ein Hotel führe«, erwiderte er und lächelte geheimnisvoll, während er seinen neuen Wagen weiter durch den dichten morgendlichen West-Berliner Berufsverkehr steuerte. Die Heizung war angeschaltet, eben begann es, aus tiefhängenden, grauen Wolken zu regnen. Die Berliner waren alle noch winterlich eingemummt. Auf dem Weg nach

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