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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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war vollkommen verrückt. Ich habe

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    bis 1945 in Berlin gelebt. Selbst mich hat sie nicht ins Vertrauen gezogen. Können Sie sich vorstellen, dass sie so etwas sogar vor ihrer eigenen Schwester geheimgehalten hat?
    Ich habe sie während der Zeit oft besucht, das Haus gehörte ja zum Teil mir.«
    »Wirklich erstaunlich«, bestätigte ich pflichtschuldig.
    »Dieser Judenjunge, den sie großgezogen hat, kümmert sich also um sie.« Sie nickte.
    »Inzwischen ist er kein Junge mehr«, sagte ich.
    »Vermutlich nicht. Also, was hat er davon?«
    »Nichts«, sagte ich. »Er hat das Gefühl, dass er’s Lisl schuldig ist.«
    »Er rechnet damit, das Haus zu erben, ist es das?« Mit einem bösartigen kleinen Kichern sah sie Gloria an. Gloria saß in einem geschnitzten hölzernen Stuhl. Unter dem Blick der Alten rutschte sie unbehaglich auf die andere Seite.
    »Davon ist mir nichts bekannt«, sagte ich abwehrend. Ich hätte mir die Reise hierher also sparen können. Hat die bösartige Alte mich in voller Absicht in die Enge und zu dieser Antwort getrieben? fragte ich mich. Ich dachte noch darüber nach, als die Tochter wieder ins Zimmer kam mit Tee und einer tarte aux pommes .
    »Den hat Ingrid gebacken«, sagte die alte Frau, als sie bemerkte, wie ich den flachen Kuchen ansah, auf dem dünne, appetitlich gebräunte Apfelschnitzel fächerartig ausgelegt waren.
    »Sieht wunderbar aus«, sagte ich, ohne hinzuzufügen, dass nach dem »leichten Imbiss« während des Fluges fast alles Eßbare wunderbar ausgesehen hätte. Auch Gloria äußerte murmelnd Bewunderung, und die Tochter schnitt uns große Stücke ab.
    Während wir Kuchen und Tee genossen, fragte ich die alte Frau nach dem Leben in Berlin vor dem Krieg. Sie hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis und antwortete ausführlich auf alle

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    meine Fragen, aber sie sagte nur, was Deutsche, die das Dritte Reich in Deutschland erlebt haben, neugierigen Fremden, zumal Ausländern, auf derartige Fragen gewöhnlich antworten.
    Nach einer dreiviertel Stunde merkte ich, dass sie müde wurde. Ich machte Anstalten, mich zu verabschieden. Die alte Frau wollte uns nicht gehen lassen, aber die Tochter stimmte mir mit einer kaum merklichen Kopfbewegung zu und sagte:
    »Sie müssen aber fort, Mama, sie haben noch verschiedenes zu erledigen.« Auch die Tochter, schien es, wusste ihren Willen durchzusetzen.
    »Sind Sie hier auf der Durchreise?« fragte Ingrid höflich, während sie uns unsere Mäntel reichte.
    »Wir haben ein Zimmer in dem großen Hotel an der Straße gerade vor Valbonne«, antwortete ich.
    »Das soll ein sehr gutes Hotel sein«, meinte sie.
    »Ich werde heute abend aufschreiben, was ich von Ihrer Mutter erfahren habe«, sagte ich. »Wenn mir dabei noch zusätzliche Fragen einfallen, darf ich Sie anrufen?«
    »Mutter hat wenig Besuch«, sagte sie. Einladend klang das nicht gerade.

    Das Hotel war nicht das Flitterwochennest, das ich Gloria beschrieben hatte. Es stand am Ende einer von Schlaglöchern übersäten, gewundenen Straße, und hinter dem Haus lag ein verlassener Steinbruch. Die Karrenräder, die dekorativ die Einfahrt zum Parkplatz flankierten, waren nicht, wie man auf den ersten Blick vermutete, Überbleibsel der ländlichen Vergangenheit, sondern aus Kunststoff gegossen. Auf dem Hof vor dem Hotel standen einige echte alte Weinfässer, und in diesen führten ein paar Rhododendren und Kamelien tapfer den Kampf ums Dasein. Das Hotel war rosa verputzt und mit glänzenden Kunststoffschindeln gedeckt.
    Am Ende des Parkplatzes stand ein Schuppen, in dem ein paar hinfällige Kraftfahrzeuge nicht mehr näher bestimmbarer

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    Gestalt und Fabrikation ungestört vor sich hin rosteten. Wir parkten neben einem neuen Peugeot-Kombiwagen und einem Lieferwagen, der mit Reklamesprüchen für einen Metzgerladen in Valbonne beschriftet war. Ein großes Schild machte darauf aufmerksam, dass man hier auf eigene Gefahr parkte, und ein anderes wies den Weg zu einem leeren Swimmingpool, den man in einem schreienden Himmelblau zu streichen angefangen hatte.
    Drinnen jedoch sah es besser aus: der Speisesaal sauber und ziemlich vornehm, die Tische mit gestärktem Leinen gedeckt, Gläser und Bestecke poliert. Und in der Bar gab es einen Kamin, in dem dicke Holzkloben brannten.
    Gloria ging gleich nach oben, um zu baden und sich umzuziehen, ich aber ging in die Bar, wärmte mir die Hände an dem Feuer und versuchte den Armagnac, den der Mann hinter der Bar als besonders gut

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