Geld fressen Seele auf
Monate lang Fördergelder, damit er seinen Businessplan mit Finanzkonzept erarbeiten konnte. Nun hatte er bereits eine Vielzahl Werbemails mit neuem Briefkopf und neuer GmbH-Domiziladresse an potenzielle Kunden versandt. Doch wie so oft im Leben lag der Teufel auch diesmal in einem Detail. Warum nur vergaß er das immer wieder und wieder?
Diesmal hatte er vergessen, dass es in der Schweiz von Gemeinde zu Gemeinde, von Kanton zu Kanton, große rechtliche Unterschiede gab und geben konnte.
So hatte er beim Wechsel seines letzten Domizils zwar gewusst, dass die neue Villa und Adresse zwar noch an der Grenze zu seinem alten Wohnkanton lag, aber eben doch schon in einem anderen respektive neuen Kanton. Ergo beantragte er neue Aufenthaltsgenehmigungen für ihn und seine Familienangehörigen bei der Ausländerpolizei des neuen Domizilkantons. Die zuständige Ausländerpolizeibehörde im neuen Wohnkanton machte Francisco nun aber klar, dass er eben nicht mehr in diesem alten Wohnkanton wo das ganze Ausländergesetz viel zu lasch gehandhabt würde, wohne, sondern nun hier bei ihnen! Im Kanton Zürich könnten Ausländer alleine ohne einen Schweizer Bürger, keine GmbH gründen und keine Kapitalgesellschaft führen. Folglich sei darauf auch keine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen.
Auf seine perplex klingende Nachfrage hin, wiesen sie ihn unwirsch auf den Gesetzestext hin und deuteten ihm an, dass das Gesetz in ihrem Kanton klar sei und ausführe, dass die Mehrheit des Stammkapitals bei einer Firmengründung oder auch bei der Besetzung eines Firmenorgans mit Schweizerbürgern besetzt werden müsse. Francisco war natürlich sehr verärgert, einerseits über seine eigene Dummheit, aber anderseits, und das vor allem, über diese kantonalen Bünzlibürokraten, die es ihm nun derart schwermachen wollten.
Was sollte er also jetzt tun? Die GmbH- oder AG-Gründung sei seine einzig reale Chance zu einem Arbeitsplatz und zu einer weiteren Aufenthaltsgenehmigung zu kommen, hatten ihm damals das Arbeitsamt und die Fremdenpolizei des alten Kantons gesagt.
Sollte er also jetzt seine GmbH zum dritten Mal ummelden und wieder in den alten Kanton, zu einer eventuell teuren Treuhandadresse und mit wieder neuen Gebühren für das Handelsregister?
Oder würde er eventuell einen Schweizerbürger finden, der jene Kapital- und Stimmenmehrheit in seiner Firma formalrechtlich übernehmen würde?
Oder müsste er vielleicht doch wieder einen teuren Rechtsanwalt einspannen, der ihm die Dinge regeln würde?
Mein Gott wie viel Geld sollte er denn noch in Anwälte, Gerichte, Behörden und Umzüge stecken, um endlich einmal in Ruhe leben und arbeiten zu können?
Dieser C. M. hatte doch im Grunde seine Machtspiele wirklich gewonnen, denn Franciscos berufliches und privates Leben in der Schweiz erlitt durch dessen Handlungen nachhaltige Lebensschäden. Die Familie lebte nun schon seit über einem halben Jahr ohne ein Einkommen, nur von ihren familiären Reserven und vom Schwarzgeldkonto der Schwiegermutter. Francisco hatte nun auch schon fast alle seine finanziellen Rücklagen verbraucht und weil seine Frau Angelina nach wie vor keine Konzessionen an die Realität machen wollte, mussten sie weiterhin teure Villenmieten, Schulgelder, Autoleasingraten und Kleidungseinkäufe bezahlen.
Der eigentliche Preis, der dafür sicher bald gezahlt werden müsste, schien Francisco schon lange absehbar. Allein einen Ausweg sah er weit und breit nicht, ausser: Seine Frau und damit sehr wahrscheinlich seine Kinder – also das geliebte Familienleben – komplett aufzugeben. Viele schlaflose Nächte folgten.
Francisco zeigte sich später sogar bereit, über Angelinas Vorwurf, er würde nicht genug an sich und seinen Erfolg sowie den Himmel glauben, tiefgründiger nachzudenken. Wieder und immer wieder trat er jetzt in Zwiegespräche mit jener höheren Energie ein und bat sie händeringend um baldige Hilfe und Unterstützung.
Irgendwann kam es dann auch dazu, dass Angelinas Mutter den unaufhörlichen Cash-Drain ihres Kontos stoppte, weil das Konto bereits um die Hälfte seines anfänglichen Bestandes geschwunden war. Die Mutter teilte Angelina telefonisch mit, dass sie nun selbst den Rest ihres Schwarzgeldkontos für ihr eigenes Haus in Düsseldorf benötigen würde, was ihr selbstverständlich nicht zu verübeln war. Im Gegenteil, Francisco fühlte sich irgendwie erleichtert.
In Sachen Schweizer GmbH-Mehrheit
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