Geld im Mittelalter
Alberti, der in Venedig und Padua studierte und, noch wichtiger, der Spross einer hoch angesehenen Florentiner Familie und ein enger Freund von Filippo Brunelleschi war, dem Erbauer der berühmten Kuppel des Doms von Florenz. In seiner Abhandlung ging Alberti so weit zu behaupten:
Wie man sieht, ist Geld die Wurzel aller Dinge, ihr Köder, ihre Nahrung. Niemand bezweifelt, dass Geld der Nerv aller Berufe ist, sodass derjenige, der viel davon besitzt, allen Entbehrungen entgehen kann.
Wir dürfen allerdings nicht übersehen, dass Albertis Position eine extreme war und die neuen Schönredner des Geldes eine Elite oder besser eine Minderheit waren. Fra Giordano da Pisa vertritt ganz im Sinne des Thomas von Aquin in einer zu Beginn des 14. Jahrhunderts in Florenz gehaltenen Predigt eine andere. Man darf davon ausgehen, dass er hier die Meinung wiedergibt, die nicht nur in Kirchenkreisen, sondern auch in der Geschäftswelt vorherrschend war:
Aristoteles unterscheidet zwei Arten von Reichen, den natürlichen und den künstlichen. Der natürliche ist vergleichbar mit dem Reichtum der Äcker und Weinberge, die dem Bauer und seiner Familie den Unterhalt sichern. Sie sind die schönsten Reichen, die kein Tadel trifft. Viele Städte erstrahlen in diesem Reichtum. Die anderen Reichen, die man künstlich nennt, erzeugen Produkte und ziehen Geld daraus. Die Städte sind auch voll von ihnen, doch die meisten meiden den Wucher nicht, das sind die schlechtesten Reichen. Dafür werden die Menschen schurkisch, bösartig, heimtückisch und korrupt.
Trotz eines Alberti oder eines Bruni mochte man im Mittelalter das Geld nicht. Vielleicht ist an dem von Max Weber postulierten, durchaus anfechtbaren Verhältnis von Protestantismus und Geld letztlich doch etwas Wahres dran, allerdings ist das meiner Ansicht nach weniger eine Frage des Verhältnisses als des Zeitpunkts. Das 16. Jahrhundert erlebte die Reformation und eine Vorstufe des Kapitalismus, wie wir noch sehen werden. 113
Mäzenatentum
Wenn es einen Lebensbereich gab, in dem die Vorstellungen und Verhaltensweisen der Menschen des Mittelalters sich grundsätzlich von den unsrigen unterschieden, dann war es die Kunst. Wie wir wissen, erlangte der Begriff »Kunst« erst im 19. Jahrhundert seine heutige Bedeutung und die endgültige Scheidung von »Künstler« und »Handwerker« vollzog sich erst im ausgehenden 18. Jahrhundert mit der Aufhebung der Unterscheidung zwischen den Artes mechanicae , also den praktischen Künsten, und den Artes liberales oder freien Künsten, die noch auf die Antike zurückging. Und dennoch hinderte das Fehlen solcher Konzepte die Mächtigen des Mittelalters nicht daran, »Kunstwerke« bei »Künstlern« in Auftrag zu geben, um es mit heutigen Worten zu sagen.
Lange Zeit ging man davon aus, dass die Errichtung der großartigsten Bauwerke – Kirchen und Burgen – in ein religiöses Empfinden, den Wunsch, Gott zu ehren, eingebettet war, und stellte sich vor, sie seien das Werk frommer Christen gewesen, die selbst Hand anlegten oder unfreie wie freie Bauern arbeiten ließen, wobei der Burgenbau zu den Frondiensten der Untergebenen gehörte, die sie ihrem Grundherrn ableisten mussten. Doch seit längerem weiß man, dass dem nicht so war, von ganz wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, und dass der Kathedralenbau, wie die bereits angeführte Studie des Amerikaners Henry Kraus aufgezeigt hat, eine teure Angelegenheit war, weil Steine gekauft und die Löhne der Meister und Handwerker gezahlt werden mussten. Mir scheint aber, dass es einen Sektor gab, wo die Ausgaben und also die Geldnachfrage in besonders hohem Maße stiegen. Er machte sich vor allem ab dem 12. Jahrhundert bemerkbar, als der Baustoff Holz durch Stein ersetzt wurde und die Malerei und mehr noch die Bildhauerei sich verfeinerten: das Mäzenatentum. Wir dürfen nicht vergessen, dass sich der Schönheitsbegriff im Mittelalter nur langsam durchsetzte, wie Umberto Eco gezeigt hat, und dass die Kaufleute mehr als nur einen ehrwürdigen Platz in der Riege der Mäzene vornehmlich deswegen einnahmen, um ihren sozialen Status zu bekräftigen und zu verbessern (und nicht so sehr, um ihren Reichtum zu mehren). Zudem wurden die weniger monumentalen Kunstwerke zumeist als »Ware« gehandelt. Ein gut erforschtes Beispiel aus dem 14. Jahrhundert ist Avignon, wo sich im Zuge der Übersiedlung der Päpste, Kardinäle und ihres Gefolges ein Markt für seltene Bücher, Gemälde und Tapisserien entwickelte. Aber man
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