Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
lächelte anmutig, wie eine Frau, die es gewohnt war, von Männern mit offenem Mund angegafft zu werden, und kam langsam auf ihn zu.
»Suchen Sie etwas Bestimmtes?«, erkundigte sie sich und sah dabei den Ständer mit Dessous an, hinter dem er seinen Beobachtungsposten bezogen hatte. »Oder sind Sie nur ein netter Perverser aus der Nachbarschaft?«
»Ja, und ja.«
Darauf reagierte Melanie mit einem dreckigen Lachen. Nathan spürte, wie es ihm dabei wohlig den Rücken herunterlief. So aus der Nähe konnte er erkennen, wie weich und üppig ihre Lippen waren. Sie roch nach etwas Großartigem und Seltenem, das gleichzeitig beruhigend und irgendwie vertraut erschien, wie eine tropische Frucht, die man mit etwas Zimt verfeinert hatte. Er wechselte ein wenig die Position und drehte dabei den Körper, damit sie nicht sehen konnte, wie erregt er war.
»Kann ich Ihnen vielleicht helfen, etwas zu finden?«
»Ich habe bereits gefunden, wonach ich gesucht habe: Ich habe nach Ihnen Ausschau gehalten.«
»Ach ja?«
»Ich fand, es sei an der Zeit, dass wir uns mal kennenlernen. Ich bin der Kurator des neuen Museums, das demnächst nebenan eröffnet wird.«
Melanie schien zu zögern. »Sie sind Nathaniel Wentworth?«
»Alle außer meinem Vater nennen mich Nathan.«
»Dann werde ich Sie auch Nathan nennen. Ich bin Melanie Paxton.«
»Das weiß ich. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.«
»Irgendetwas, das ich wissen müsste?« Sie neigte leicht den Kopf und sah ihn an. Ihre Zunge schnellte kurz aus ihrem Mundwinkel heraus – ein kurzes Aufblitzen von Pink, das schon ausreichte, um einen Hitzestoß durch Nathans Lendengegend zu jagen. Es war viel zu früh, um schon in den disziplinarischen Modus zu wechseln, aber Nathan konnte schon längst nicht mehr mit dem Hirn denken.
»Nach allem, was ich gehört habe, sind Sie ein berüchtigtes böses Mädchen.«
Melanies flirtendes Lächeln verschwand. Ihr ganzer Körper versteifte sich, und ihre Haltung schien sich deutlich abzukühlen.
»Unter gewissen Umständen mag ich ein böses Mädchen sein, aber außerdem bin ich eine sehr gute Geschäftsfrau.«
»Kann man denn nicht beides gleichzeitig sein?«
Er bekam nicht sofort eine Antwort. Einige Augenblicke lang schien Melanie über Nathans Frage nachzudenken, dann streckte sie formell eine Hand aus, als wären Nathan und sie zwei Würdenträger, die sich auf einer Spendengala begegneten.
»Nathan, es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, aber ich muss mich jetzt um meine Kunden kümmern. Vielleicht können wir dieses Gespräch ja fortsetzen, wenn ich nicht ganz so beschäftigt bin.«
»Das wäre schön. Haben Sie diese Woche einen Abend noch nichts vor?«
»Das kann ich Ihnen erst sagen, wenn ich in meinen Kalender gesehen habe. Vorerst müssen wir es daher dabei belassen.«
Nathan spürte in Melanies Händedruck keine Wärme, ebenso wenig wie in ihrer höflichen Verabschiedung. Peinlich berührt und verwirrt verließ er ihren Laden. Noch vor fünf Minuten hätte er schwören können, dass sich Melanie von ihm angezogen fühlte. Doch er hatte es zu weit getrieben, indem er versucht hatte, sie zu dominieren, bevor sie dazu bereit gewesen war. Ihr offensichtlicher Sex-Appeal in Kombination mit ihrem Auftreten bewirkte, dass er sich erneut wie
ein Sechzehnjähriger fühlte – unbeholfen und unkontrolliert. Dieses merkwürdige Gefühl stärkte jedoch nur seine Entschlossenheit, sie dahin kriegen zu wollen, wo er sie haben wollte: über sein Knie gelegt.
Darius Morne musste es auf dieselbe Weise erwischt haben, als er vor mehr als einhundertfünfzig Jahren die französische Tänzerin erblickt hatte, die später sowohl privat als auch geschäftlich seine Partnerin wurde. Als regelmäßiger Besucher von einschlägigen Etablissements und leichten Mädchen hatte er seine Seelenverwandte auf der Bühne in einem zwielichtigen Cabaret tanzen gesehen, und von diesem Augenblick an hatte der hartgesottene Perverse mit Schwanz und Seele ihr gehört. Melanie Paxton hatte anscheinend denselben Effekt auf Nathan. Sie glich sogar ein wenig dem alten vergilbten Foto, das er von Amélie gesehen hatte und auf dem sie mit dunklen Zöpfen, glitzernden Augen und einer heißen Wespentaille abgebildet war.
Nach allem, was Nathan bei seinen Nachforschungen herausgefunden hatte, besaß Amélie eine eigene Spielzeugsammlung, zu der unter anderem ein Satz aus obszönen chinesischen Figuren aus Elfenbein, ein Dildo aus Ebenholz sowie eine
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