Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
seiner eigenen Vermutungen die Sexualität eines anderen derart eingrenzen konnte, so wie ein Schifffahrtskoffer ein altes Seidenkleid zerknittern ließ. Erst wenn man das Kleidungsstück ordentlich gereinigt, wieder in Form gebracht und an einem lebendigen Körper drapiert hatte, konnte man das Design und den wunderschönen Fall des Stoffes richtig erkennen.
3 Essen, Nachtisch und Disziplinierung
Ted und Hannah lebten in einem weitläufigen Haus aus dem achtzehnten Jahrhundert mit einem kleinen Zwischenflügel, der das Haupthaus mit dem Gebäude verband, das jetzt die Küche beherbergte. Am Samstagabend führte Hannah Melanie erst durch alle Räume, bevor sie zu guter Letzt in die geräumige Bibliothek kamen, die offensichtlich der am häufigsten genutzte Raum des Hauses war. Eine Reihe verschiedener Hunde döste auf dem Perserteppich vor einem knisternden Feuer, und eine dicke rote Katze lag in einem Bücherregal über drei Shakespearebände drapiert. Hannah scheuchte die ganze Menagerie aus dem Zimmer und bot Melanie einen der angeschlagenen Armsessel am Kamin an.
»Ich kann Tieren nicht widerstehen«, gestand Hannah. »Ich arbeite in einer Tierklinik. Ständig werden irgendwelche Haustiere ausgesetzt, und ich bringe bestimmt die Hälfte davon mit nach Hause. Ted droht zwar immer, dass es irgendwann genug sei, aber er kann sich eigentlich nicht beschweren, da wir mehr als genug Platz haben.«
»Wenn ihr noch Mitbewohner sucht, dann ziehe ich nur zu gerne hier ein«, schlug Melanie vor. »Ich habe vor Kurzem erfahren, dass ich ausziehen muss. Wenn ich nicht bis zum Monatsende eine neue Bleibe finde, dann muss ich im Chimera übernachten.«
»In dem schönen alten Haus gibt es bestimmt noch ein Plätzchen für dich«, meinte Hannah.
»Das stimmt, aber ich möchte abends lieber irgendwo anders hingehen. Ich könnte niemals über dem Laden wohnen, so wie Lori es gemacht hat. Dann hätte ich das Gefühl, ich würde vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiten.«
»Ich verstehe, was du meinst.« Hannah sah auf einmal nachdenklich aus. »Weißt du, Ted und ich haben uns überlegt ...«
»Was denn?«
»Ach, vergiss es.« Hannah fing an, die auf dem Teppich vor dem Feuer herumliegenden Hundespielzeuge einzusammeln. »Ich sollte warten, bis er zu Hause ist, bis wir das mit dir besprechen.«
»Wo steckt Ted eigentlich?«
»Er wollte den perfekten Wein für den heutigen Abend besorgen. Deshalb hat er darauf bestanden, nach Leesport zu diesem speziellen Weinhändler zu fahren.«
»Er hätte sich wirklich nicht so viel Mühe machen müssen«, erwiderte Melanie, die sich allerdings auch ein wenig geschmeichelt fühlte. »Hoffentlich dauert es nicht zu lange.«
»Ich habe ihm gesagt, er soll einen guten Rotwein mitbringen, der zum Lammbraten passt, aber das kann eigentlich nicht so lange dauern. Mein Mann ist immer so wählerisch, wenn es um Wein geht.«
Es war irgendwie merkwürdig, Hannah von Ted Dupre als ihrem Mann reden zu hören. Es kam Melanie nicht so vor, als wäre es schon sehr lange her, dass sie ein geiler Teenager gewesen war, der zu Fantasien mit ihrem Schauspiellehrer in der Hauptrolle masturbiert und sich vorgestellt hatte, ihre Finger wären seine Zunge, wenn sie sich nach der Schule in ihrem Bett wie wild bearbeitete. Anders als viele andere Mädchen aus ihrer Klasse hatte Melanie allerdings nie davon geträumt, ihren Lehrer zu heiraten, sie wollte nur, dass er sie bis zur Besinnungslosigkeit fickte. Hannah jedoch war weiter gegangen und hatte ihn tatsächlich geheiratet. Melanie hätte nur zu gern erfahren, wie sie zusammengekommen waren, doch sie konnte ja nicht gleich nach Betreten des Hauses damit anfangen, Hannah mit Fragen zu löchern.
»Unsere gemeinsame Zeit im Schauspielkurs scheint ewig her zu sein, findest du nicht auch?«, meinte Hannah.
»Nicht lange genug«, erwiderte Melanie und erschauderte. Sie sah keineswegs mit nostalgischen Gefühlen auf ihre Highschool-Jahre zurück, da sie diese Zeit mit erzwungener Anpassung, schlechtem Bier und noch schlechterem Sex in Verbindung brachte. »Ihr habt ein wundervolles Haus«, sagte sie daher rasch, um das Thema zu wechseln. »Allein der Gedanke, eine Bibliothek zu besitzen, kommt mir wie der wahre Luxus vor.«
»Ich liebe das Haus auch. Ted ist hier aufgewachsen.«
Auch wenn das Haus nicht in einem bestimmten Stil eingerichtet war, konnte Melanie Teds Vorliebe für handgewebte Stoffe, natürliche Farben und einheimische Hölzer erkennen.
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