Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
gelassen, sodass es jetzt einen wunderbaren Kontrast zu den mitternachtsblauen Falten des Kleides bildete. Der Kragen und die breiten Ärmel waren mit goldenen Bändern besetzt. Außerdem war das Kleid tief ausgeschnitten und brachte Hannahs Dekolleté gut zur Geltung, indem es ihre Brüste betonte. Nur ein Mann, der sie sehr liebte, hatte ein Kleid aussuchen können, das derart perfekt zu ihr passte.
»Du siehst aus wie eine Prinzessin«, stellte Melanie fest. Sie ging zu Hannah hinüber und nahm ihre Hände in die ihren. »Du bist wunderschön, Hannah. Du solltest immer so aussehen. Jeden Tag.«
»Das geht leider nur zu besonderen Anlässen. Das Kleid eignet sich einfach nicht dazu, neugeborene Kätzchen zu versorgen oder verwundete Hunde zu verarzten.«
»Aber für uns solltest du immer so aussehen«, erwiderte Ted.
Er küsste Hannah auf den Mund. Dann drehte er sich zur Überraschung beider Frauen um und küsste Melanie ebenfalls. Danach standen alle drei eine Weile unsicher da und dachten über die Bedeutung dieses Augenblicks nach. Schließlich eilte Hannah jedoch in die Küche, um das Lamm in den Ofen zu schieben, Ted machte sich daran, die Martinis zuzubereiten, und alles wirkte wieder normal – oder zumindest so normal, wie es nur sein konnte, wenn drei Menschen miteinander ins Bett gehen wollten.
Während des Essens konnte Melanie nicht aufhören zu lächeln. Wenn sie aus diesem Kuss irgendwelche Rückschlüsse ziehen konnte, dann würden die kommenden Monate noch viele Überraschungen bereithalten. Das Beste war jedoch, dass sie die Lösung für ihre erotischen Bedürfnisse während des nahenden Winters gefunden zu haben schien. Warum sollte sie sich mit einem vielseitigen, fantasievollen und mit häuslichen Talenten gesegneten Liebhaber zufriedengeben, wenn sie zwei davon haben konnte?
Nachdem sie Hannahs Lammbraten mit Kräuterkruste verzehrt hatten, gingen Melanie, Ted und Hannah zurück in die Bibliothek. Dort nahmen sie noch ein Dessert aus französischem Vanilleeis mit einer köstlichen Himbeer-Brandysauce zu sich, und danach beschloss Melanie, es sei an der Zeit, dass ihre Neugier befriedigt wurde.
»Dann erzähl doch mal, Ted. Wie seid ihr beide zusammengekommen? Und wie konntest du Hannah heiraten, ohne wegen retroaktiver Unangemessenheit belangt zu werden?«
»Das war nicht leicht. Wir mussten sogar das Land verlassen.«
»Wir haben uns während der Theatertour durch England ineinander verliebt«, erklärte Hannah. »Das war mein erster Urlaub nach meinem Abschluss am technischen College. Ted war zusammen mit einigen anderen Leuten aus der Stadt dabei, aber die meisten davon kannten wir nicht. Und in Europa haben wir dann alle Regeln in den Wind geschossen.«
»Ich hatte sie jahrelang nicht gesehen«, fuhr Ted fort. »Als sie in Boston am Flughafen auftauchte, konnte ich es erst nicht glauben. Ich hatte Hannah als süßes, scheues Kind in Erinnerung, und auf einmal war da diese köstliche Rothaarige, die aussah wie eine Frau aus einem von Tizians Gemälden entsprungen. Ich wollte sie unbedingt näher kennenlernen, hatte dabei aber das Gefühl, ein Tabu zu brechen. Eines Abends sahen wir uns eine Vorstellung von Ein Sommernachtstraum an und versackten danach noch in einem Pub. Dann ging ich mit Hannah zurück zum Hotel und gab ihr vor ihrem Zimmer einen väterlichen Kuss. Zwanzig Minuten später klopfte es an meiner Tür, und davor stand Hannah, die nur einen japanischen Kimono und nichts drunter trug. Sie trug ihr Haar offen, und ihre Haut schien unter der Seide des Kimonos zu leuchten. Als wir anfingen, einander zu lieben, war es, als wäre ich in eine Badewanne voller warmer Sahne gefallen, die ich nie wieder verlassen wollte. Abgesehen davon, dass wir uns noch einige Stücke ansahen und ein paar Ausflüge aufs Land machten, verbrachten wir den Rest der zwei Wochen im Bett. Der Reiseleiter war regelrecht angeekelt von uns.«
»Es war nicht einfach, zurück in die Staaten zu kommen«, setzte Hannah den Bericht fort. »Ich hatte Angst davor, was meine Eltern denken würden – eigentlich sogar vor der ganzen Stadt. Du weißt ja, wie schnell sie sich gegen einen wenden können.«
»Nur zu gut.« Melanie hatte nie den Tag vergessen, an dem sie wegen Ladendiebstahl verhaftet worden war. Bis heute lebte sie im Schatten eines Verbrechens, das sie als von Problemen geplagter Teenager begangen hatte.
»Wir hatten überlegt, heimlich zusammenzuwohnen, aber uns war auch klar, dass das
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