Geliebte der Ewigkeit (German Edition)
sich im Kopf breit, erinnerte daran, dass sie mit der Einnahme des Medikaments in Verzug war. Sie ging zur Handtasche, die auf dem Bett lag. Ihre Finger zitterten plötzlich so stark, dass es mehr als eines Versuches bedurfte, die Packung zu öffnen. Erleichtert atmete sie auf, als sie es endlich schaffte und eine der weißen Pillen in ihrer Hand landete.
„Du willst also nicht, dass ich dich begleite?“
Quinns Stimme ließ sie zusammenfahren. Sie hatte sich so auf diese simple Tätigkeit konzentrieren müssen, dass sie seine Anwesenheit völlig vergessen hatte. Die Tablette jetzt vor seinen Augen zu schlucken, war ausgeschlossen. Schmerz hin oder her. Zittern hin oder her. Sie war in den letzten Monaten so geübt geworden, ihren Zustand zu verbergen, dass sie erschrocken war, wie selbstverständlich sie in seiner Gegenwart das Versteckspiel aufgegeben hatte. Glücklicherweise erinnerte er sie daran, dass sie nicht allein war. Als sie sich zu ihm umdrehte, versteckte sie die Tablette in der geschlossenen Hand hinter ihrem Rücken.
„Als dein Verlobter wäre es meine Pflicht …“
„Du musst dich zu nichts verpflichtet fühlen. Du bist nicht mein Verlobter.“
„… und eine Ehre, dich zu begleiten.“
Er stand nah genug, dass er mit seinen Fingerspitzen dem Arm folgen konnte, den sie kindisch hinter dem Rücken versteckte. Sie hatte plötzlich das Gefühl, als wäre die Pille ein glühendes Stück Kohle, das sie am liebsten fortgeschleudert hätte. Wenn sie nicht jegliches Gefühl in der Hand verloren hätte. Die Taubheit trat nicht zum ersten Mal auf. Verriet, dass die Krankheit unaufhaltsam fortschritt.
„Du nimmst zu viel von diesem Zeug.“ Seine Berührung endete an ihrem Ellenbogen. Er legte seine Fingerspitzen auf ihre Schläfen. Ganz so, wie sie es immer tat, wenn sie die Schmerzen vertreiben wollte.
„Das wird nicht helfen.“ Sie versuchte, ihr Gesicht wegzudrehen.
„Schließ die Augen.“
Er massierte ihre Schläfen nicht. Seine Fingerspitzen lagen nur sacht auf ihrer Haut. Er sprach flüsternd auf sie ein. Nichts davon verstand sie. Er war ins Gälische verfallen. Sie hätte ihrem Pflichtkurs mehr Aufmerksamkeit widmen sollen. Es hörte sich wundervoll an und löste in Verbindung mit seinen Fingerspitzen ein leichtes Prickeln aus, das langsam stärker wurde und sich tastend durch ihren Kopf bewegte. Suchend, als wäre es ein körperliches Wesen, das den Schmerz finden und vertreiben wollte. Oder herausfinden, was die Ursache dafür war. Sie öffnete abrupt die Augen, obwohl der Gedanke absurd war. Dennoch. Sie wollte nicht, dass er ihre Krankheit in all ihren beängstigenden Details kennenlernte. Sie wollte kein Mitleid.
„Besser?“
„Ja.“ Sie zögerte. Erwartete, dass das fürchterliche Pochen zurückkehrte. Aber der Schmerz war tatsächlich verschwunden. „Danke.“
„Dann wird die ja jetzt nicht mehr nötig sein.“ Er hielt ihr seine geöffnete Hand hin.
„Was?“
„Die Tablette.“
Sie gab das Versteckspiel auf. Ihre Finger öffneten sich wie von selbst. „Wie hast du das gemacht?“ Morrighan erwartete keine Antwort. Doch sie wollte das betretene Schweigen überbrücken.
Er zuckte mit den Schultern, gab die Tablette zurück in das Pillenfläschchen. Er drehte es in den Fingern, als studierte er die Aufschrift. „Du solltest etwas gegen die Ursache tun, statt die Symptome zu bekämpfen. Dir bleibt möglicherweise nicht mehr viel Zeit.“
„Ein halbes Jahr, wenn der Verlauf sich nicht dramatisch ändert.“ Warum erzählte sie ihm das? Eben noch wollte sie kein Mitleid und jetzt das? Weil sie in den Arm genommen werden und von ihm hören wollte, alles würde gut werden? Das war ein kindischer Wunsch, nichts konnte er ihr versprechen.
„Ich bin zwar nicht dein Verlobter, aber ich wünschte, du würdest etwas unternehmen, statt auf den Tod zu warten. Du wirkst wie eine Kriegerin. Ist dein Leben nichts, um das es sich zu kämpfen lohnt?“
Dr. Sudler bezeichnete sie nicht als Kriegerin, hatte ihr aber sinngemäß das Gleiche gesagt. Bei ihm war sie an die Decke gegangen und benahm sich in etwa so erwachsen wie eine Fünfjährige. Provozierte ihren Vorgesetzten regelrecht, ihr ein Ultimatum zu stellen. Quinn weckte nicht diesen kindischen Trotz. Er führte ihr vor Augen, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. „Es ist zu spät.“ Es lag nicht in ihrer Absicht, verzweifelt zu klingen. So vorsichtig wie möglich wischte sie die Tränen weg, um ihr Make-up
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