Geliebte der Ewigkeit (German Edition)
Kinn, das seinem Gesicht etwas Brutales verlieh. Die schmalen Lippen, die zu demselben hässlichen Grinsen verzogen waren, mit dem er sie schon einmal bedacht hatte. Die wulstige Narbe, die von der Stirn über das linke Auge und den breiten Wangenknochen verlief, um im offen stehenden Kragen eines dunklen Hemdes zu verschwinden. Und die kalten Augen, die sie in ähnlicher Weise taxierten wie auf dem Cocktailempfang. Wasserblau und beängstigend seelenlos.
„Dr. Cavanaugh?“
„Wie bitte?“ Es fiel ihr schwer, sich von diesen Augen zu lösen, den Iriden, die sich durch einen gestochen scharf gezogenen Rand vom Weiß des Augapfels abhoben.
„Der Fahrstuhl ist da. Kommen Sie?“
Der Empfangschef stand halb in der mit edlen Hölzern getäfelten Kabine und verhinderte, dass die Türen sich schlossen. Sie war ohne es zu merken stehen geblieben. Der Fremde fuhr sich über die wulstige Narbe auf seiner Wange und sah sie nicht mehr nur interessiert, sondern mit von seiner Miene ablesbaren Hintergedanken an. Ihr Puls beschleunigte sich und eine eisige Klaue schloss sich um ihr Herz. Was, wenn er es war? Wenn er sie gestern überfallen hatte und sich jetzt daran weidete, wie sie ängstlich durchs Hotel schlich? Ihre Knie fühlten sich plötzlich weich an, würden jeden Moment unter ihr nachgeben.
„Dr. Cavanaugh …“
„Ja.“ Sie floh geradezu in den Aufzug.
Rebecca Edelstein saß in einen Kimono aus Seide auf einem Sessel in der Nähe des Fensters und starrte apathisch ins Leere.
„So habe ich sie heute Morgen gefunden“, erklärte Mr. Edelstein mit kippender Stimme. „Ich konnte nicht schlafen und bin sehr früh in den Fitnessbereich gegangen, um ein paar Runden zu schwimmen. Wissen Sie, dieses Eingesperrtsein durch den Sturm macht mich allmählich wahnsinnig.“
„Das verstehe ich.“ Morrighan war nicht sicher, ob er überhaupt zuhörte.
„Rebecca sitzt einfach nur da, spricht kein Wort, reagiert nicht auf mich. Es ist, als ob das nicht mehr meine Frau ist. Obwohl ich sehe, dass sie es ist. Aber sie war immer so lebendig. Nie labil oder psychotisch. Doch jetzt das. Und sehen Sie ihre Augen. So leer.“
Er griff nach Morrighans Ellenbogen, um sie in Richtung seiner Frau zu zerren. Sie zuckte zusammen, weil er genau die Stelle erwischte, an der ein besonders ausgeprägter Bluterguss ihren Arm schmückte. Sie unterdrückte einen Schmerzenslaut und schob sanft, aber bestimmt, Mr. Edelsteins Hand weg.
„Vielleicht könnten Sie mich einen Augenblick mit Ihrer Frau allein lassen?“ Sie warf Edwards einen flehenden Blick zu.
„Gehen Sie doch mit der Hausdame nach nebenan, Sir. Wir bestellen etwas Tee für Sie“, bot der Empfangschef an. „Dr. Cavanaugh kümmert sich sicher gut um Ihre Frau.“
Bereitwillig, aber vor sich hinmurmelnd, gestattete Mr. Edelstein einer extrem hageren Frau mit weißblonden Haaren ihn aus dem Zimmer zu führen.
„Vielleicht sollte ich Ihnen sagen, dass Mr. Edelstein seine Frau nicht so gefunden hat.“ Edwards musste erst schlucken, bevor er weitersprach. „Sie trug nicht diesen Morgenmantel und sie saß auch nicht auf dem Sessel.“
„Sondern?“ Ein ungutes Gefühl beschlich sie.
„Sie war unbekleidet. Das Bett, auf dem sie lag, war zerwühlt, wie nach einer …“, er suchte nach dem richtigen Wort, „… einem Kampf.“ Es war auf seinem schockierten Gesicht zu lesen, dass das nicht das Wort war, das er eigentlich benutzen wollte.
„Ich verstehe.“ Sie zwang ihn nicht zu weiteren Erklärungen, warf ihm auch nicht vor, zugelassen zu haben, dass ein potenzieller Tatort verändert wurde. Sie starrte nur von dem ordentlich gemachten Bett zu der in asiatische Seide gekleideten Frau. Sie war keine Unbekannte. Damals hieß sie Rebecca Greenbaum und gehörte zu Clarissas Clique, hatte sie gepiesackt, weil es einfach dazugehörte, wenn man Clarissas Gunst behalten wollte. Nichts, was Rebecca in der Vergangenheit gesagt oder getan hatte, war jedoch schlimm genug, um ihr eine solche Strafe an den Hals zu wünschen.
„Lassen Sie uns jetzt bitte allein, ich möchte mit Mrs. Edelstein sprechen.“
„Selbstverständlich.“ Er hatte kaum die Tür des Schlafzimmers erreicht, als diese vom Salon aus geöffnet wurde. „Sir? Das geht aber nicht!“ Edwards versuchte, einen Eindringling hinauszudrängen. „Ich muss Sie bitten, unverzüglich den Raum zu verlassen.“
Der ungebetene Gast blickte unbeeindruckt auf den deutlich kleineren Empfangschef hinab. „Das geht in
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