Geliebte der Nacht
Gideon an der Tür und nickte ihm zu. Es war an der Zeit, Conlan wegzubringen und ihn den Toten zu übergeben.
„Sie ist schwanger“, sagte Gideon grimmig, als Lucan aufstand. „Danika ist im dritten Monat schwanger. Savannah hat es mir vor Kurzem erzählt, nachdem sie mit Danika geredet hatte. Conlan hat den Mut aufzubringen versucht, dir mitzuteilen, dass er den Orden verlassen will, wenn das Baby kommt. Er und Danika planten, einen der Dunklen Häfen aufzusuchen, um ihr Kind großzuziehen.“
„Mein Gott“, stieß Lucan hervor. Er fühlte sich noch elender, als ihm klar wurde, wie grausam Conlan und Danika um ihre glückliche Zukunft geprellt worden waren und dass ihr Sohn den mutigen und ehrenhaften Mann, der sein Vater war, nie kennenlernen würde. „Ist alles für das Ritual vorbereitet?“
Gideon neigte den Kopf.
„Dann lass uns anfangen.“
Lucan schritt voran. Seine Füße und sein Kopf waren nackt, auch sonst trug er nichts unter der langen schwarzen Robe. Gideon hatte die formelle Tunika des Ordens mit Gürtel angelegt. So waren auch die anderen Vampire gekleidet. Sie warteten in dem Gemach, das ausschließlich für Stammesrituale bestimmt war – von Hochzeiten und Geburten bis hin zu Begräbnissen wie diesem. Die drei Frauen des Quartiers waren ebenfalls anwesend. Savannah und Eva trugen zeremonielle schwarze Mäntel mit Kapuzen. Danikas Mantel war ähnlich geschnitten, aber von einem sehr dunklen Scharlachrot, das ihre heilige Blutsverbindung mit dem Verstorbenen anzeigte.
Vor der Versammlung lag Conlan auf einem prunkvollen Altar, umhüllt von einem dicken, schneeweißen Leichentuch.
„Wir fangen an“, verkündete Gideon schlicht.
Lucans Herz war schwer, als er lauschte. Die Totenmesse unterstrich die Symbolik von Unendlichkeit in jedem einzelnen Ritus der Zeremonie.
Acht Unzen Duftöl, um die Haut zu salben.
Acht Schichten weißer Seide, die den Körper des Gefallenen einhüllten.
Acht Minuten stummer Wacht bei Tagesanbruch durch ein Mitglied des Stammes, bevor der tote Krieger in die verbrennenden Strahlen der Sonne entlassen wurde. Dann würden sein Körper und seine Seele sich als Asche in alle Winde zerstreuen und er für immer Teil der Elemente sein.
Als Gideon innehielt, trat Danika vor.
Sie drehte sich um, um die Versammlung anzusehen, hob das Kinn und sprach mit heiserer Stimme, aber voller Stolz. „Dieser Mann war der Meine, so wie ich die Seine war. Sein Blut hat mich am Leben erhalten. Seine Stärke hat mich beschützt. Seine Liebe hat mich in jeder Hinsicht erfüllt. Er war mein Geliebter, mein einziger, und er wird bis in alle Ewigkeit in meinem Herzen weiterleben.“
„Du ehrst ihn gut“, kam die gedämpfte, einstimmige Erwiderung von Lucan und den anderen.
Danika wandte sich Gideon zu, die Hände ausgestreckt, die Handflächen nach oben. Er zog einen schmalen goldenen Dolch aus der Scheide und überreichte ihn ihr. Danikas Kopf mit der Kapuze neigte sich zustimmend. Dann wandte sie sich ab und beugte sich über Conlans verhüllte weiße Gestalt. Sie murmelte sanfte, persönliche Worte, die nur für sie beide bestimmt waren, dann hob sie die Hände an ihr Gesicht. Lucan wusste, dass die verwitwete Stammesgefährtin jetzt mit der Klinge in ihre Unterlippe schnitt, um Blut fließen zu lassen und ihren Mund durch das Leichentuch auf den von Conlan zu drücken, wenn sie ihn ein letztes Mal küsste.
Danika neigte sich über ihren Geliebten und verharrte lange so. Die Gewalt ihrer tiefen Trauer ließ ihren Körper heftig zucken. Dann löste sie sich von ihm und erstickte ihr Schluchzen mit dem Handrücken. Ihr scharlachroter Kuss leuchtete auf Conlans Mund, eine dunkle Blume im Weiß seiner Verhüllung. Savannah und Eva schlossen sie gemeinsam in die Arme und führten sie vom Altar weg. Nun konnte Lucan mit der einen Aufgabe fortfahren, die noch blieb.
Er schritt auf Gideon zu, der vor der Versammlung stand, und versprach dafür zu sorgen, dass Conlan mit all der Ehre schied, die ihm zustand. Dieses Gelübde taten alle Angehörigen des Stammes, die den Weg gingen, den Lucan nun vor sich hatte.
Gideon trat beiseite, um Lucan Zugang zu dem Leichnam zu gewähren. Lucan nahm den riesigen Krieger auf die Arme, drehte sich um und schaute die anderen an, wie es sich gehörte.
„Du ehrst ihn gut“, raunte der leise Chor.
Langsam und feierlich schritt Lucan durch das Zeremoniengemach zu dem Treppenschacht, der nach oben führte. All die langen Treppen, und jede der
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