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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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zusammengerollt - wie ein Kätzchen in einem warmen Handtuch. Es war nicht für alle so, aber er war schon zu lange allein gewesen und erkannte etwas Gutes, wenn es ihm vor die Nase gehalten wurde. Die Agenten von Dirk & Steele waren die einzige Familie, die er besaß. Die Geheimnisse, die sie teilten, bildeten ein Band zwischen ihnen, das kein Außenstehender jemals verstehen würde. Oder auch nur zu verstehen glaubte.
    Wir gegen den Rest der Welt, dachte er. Sie waren eine Minorität, die sich direkt vor der Nase der ganzen Welt versteckte. Dirk & Steele operierte vielleicht in aller Öffentlichkeit, und die Klienten der Agentur reichten von Regierungsvertretern bis zu den Ärmsten der Armen. Aber diese ganze Fassade war nur eine freche Lüge: nämlich dass es sich bei all den Agenten, Frauen und Männern, die weltweit auf die Büros von Dirk & Steele verteilt waren, um gewöhnliche Menschen handelte.
    Sie waren aus Fleisch und Blut, das schon. Und menschlich auch. Aber ganz und gar nicht gewöhnlich. Wie man es auch bezeichnete - Genetik, merkwürdige Nervenvernetzungen, Launen des Schicksals, Magie -, aber die Agenten der Agentur Dirk & Steele besaßen Fähigkeiten, welche die der normalen Menschen bei Weitem übertrafen. Und selbst unter ihnen gab es einige, die eine Sonderstellung einnahmen. Zum Beispiel Koni und die anderen seiner Art: Gestaltwandler, Männer und Frauen, die sich aus eigenem Willen in Tiere verwandeln konnten. In Tiger, Krähen, Affen, Delfine, selbst Drachen und Gott weiß was noch. Magie und Wissenschaft formten zusammen Wunder aus Fleisch und Blut.
    Vor etwas mehr als einem Jahr hatte Dean Gestaltwandler noch für Märchengestalten gehalten, Erzeugnisse einer überaktiven und drogenverseuchten Fantasie. Zum Teufel, es fiel ihm ja schon schwer, einiges von dem Zeug zu glauben, zu dem er selbst fähig war. Alles andere gehörte seiner Meinung nach zur Twilight Zone. Die ... jetzt direkt vor ihm lag.
    Dean blieb an einer kleinen Bude stehen, in der ein alter Mann billige Kleidung feilbot. Er warf einen Blick über die Schulter. Die beiden Männer, die ihnen folgten, hatten sich zurückfallen lassen, aber sie bildeten noch immer Inseln im Strom der wogenden Menge und starrten ihn mit harten, kalten Augen an.
    Dean knirschte mit den Zähnen, nahm ein paar Flip-Flops aus Schaumstoff aus einer Dose und drückte dem Verkäufer die gewünschte Summe in die Hand. Ihm war jetzt nicht nach Feilschen. Dann ließ er die Schuhe neben Koni fallen, der erst sie und dann Dean ansah.
    »Sie sind geblümt!«, erklärte er.
    »Weichei«, erwiderte Dean, drehte sich um und ging rasch weiter. Er hatte keine Zeit zu verschwenden, nicht solange diese Männer ihm folgten. Und außerdem erlosch eine Fährte sehr schnell. Er spürte, wie Koni zu ihm aufschloss, was ihn beruhigte. Es war gut, dass ihm jemand den Rücken freihielt, wenn er in das Mietshaus ging, in dem der letzte Mord geschehen war.
    Er teilte seine Vision, streckte sie wie Finger aus, als er durch die Schatten glitt und die Energie übersetzte, die sein Verstand sortierte und untersuchte, in der er nach etwas Vertrautem suchte, nach allem, was dem Gebiet rund um die anderen vierzehn Tatorte ähnelte, die er in den letzten drei Tagen untersucht hatte. Es genügte nicht, in den Gebäuden selbst zu suchen; manchmal konnte man auch draußen Spuren finden, Einblicke in Leben gewinnen, die sich mit denen der Opfer überschnitten hatten. Manchmal sah er die Opfer selbst; die Spuren, die sie vor ihrem Tod hinterlassen und die sich noch nicht in Luft aufgelöst hatten. Menschen mussten bestimmte Orte aufsuchen. Und Mörder benutzten Beine. Sie konnten nicht fliegen.
    Das heißt, einige Leute konnten das vielleicht schon, aber Dean hoffte, dass es in diesem Fall nicht zutraf.
    Die Welt in Deans Kopf füllte sich mit Licht; ein Wandteppich, eine Decke aus miteinander verwobenen Fäden, Menschen, die bei jedem Schritt ein Stück von sich selbst zurückgelassen hatten, sich überlappende Schichten von Emanationen, Spuren von Energie und Vibrationen, bis es ihm fast so vorkam, als wäre die Luft dermaßen dicht davon, dass er darauf laufen konnte. Eine Treppe zum Himmel, zur Hölle, zu Geheimnissen und Lügen.
    Dean watete durch Seelenabdrücke. Er schätzte die Echos ein, die sich addierten, öffnete sich für Blicke auf ganz gewöhnliche Leben, voller Fernsehen, spielender Kinder und Familien am Küchentisch. Ein Mann, der wie ein angeschossener Hund Karaoke sang,

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