Geliebte des Feuers
Bann belegte, war ebenfalls unsterblich. Und ich habe das dumpfe Gefühl, dass es sich dabei um denselben Blödmann handelte, der auch Robert erwischt hat.«
»Das ist aber nicht logisch.«
»Was meinst du damit?«
»Alles. Selbst wenn man einmal von dieser ... Magie absieht, so bleibt es immer noch unglaubwürdig. Warum sollte jemand Unsterbliche schaffen? Weil er sie mag? Oder glaubt, dass sie ihm nützen könnten?«
»Nicht dieser Mann. Er war einfach nur ein Sadist.«
»Dann weiß ich wirklich nicht weiter. Was ... zugegeben eine ziemlich große Überraschung ist, hm?«
Dean lächelte, aber sein Lächeln erlosch sehr rasch. Robert setzte sich auf. Er hatte die Augen geöffnet, und seine Schnittwunden wirkten schon verheilt, obwohl er noch blutüberströmt war. Er sah Dean an. »Haben Sie zufällig auch Trinkwasser in Ihrem Rucksack?«
Dean zog eine Flasche heraus und warf sie ihm zu. Robert trank hastig. Wasser lief ihm über das Kinn. Dann wischte er sich über das Gesicht und verschmierte Blut auf seinen Wangen.
»Glauben Sie, dass dies die letzte Falle ist?«, erkundigte er sich. Miri vermutete stark, dass er ihren kleinen Ausflug allmählich bereute.
»Das weiß ich erst, wenn wir die Jade gefunden haben«, antwortete Dean. »Können Sie weitergehen?«
Robert warf ihm einen giftigen Blick zu. Das war der normalste, menschlichste Gesichtsausdruck, den Miri bislang bei ihm bemerkt hatte, und es tröstete sie. Aber nur ein wenig.
Robert übernahm erneut die Führung und stolperte voran in den Tunnel. Diesmal jedoch war der Weg nur kurz. Nach wenigen Schritten erreichten sie einen weiteren in den Fels gehauenen Raum, der vollkommen quadratisch war. Die Wände und Decken waren glatt gemeißelt. Und direkt vor ihnen, an der Wand, befand sich eine Malerei.
Ihre Taschenlampen konnten nur einen Teil davon erleuchten, aber das wenige genügte Miri schon. Seufzend beugte sie sich vor. Sie sah eine Geschichte. Blasse, reizende Gestalten in fließenden weißen und roten Gewändern, tanzende Körper, dazwischen bärtige Gepanzerte zu Pferd, begleitet von Leoparden und weißen Tigern, Drachen, die über ihnen kreisten und goldene Kugeln in den Klauen hielten; in weißen Pavillons noch mehr Frauen, deren langes schwarzes Haar wie Wasser zu fließen schien und auf dem Schmetterlinge saßen.
»Entzückend«, sagte Robert. »Was bedeutet das?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Miri. »Aber es ähnelt einigen Werken, die ich in Nordchina gesehen habe. Es gibt ein altes Wandgemälde südlich der Grenze zur Mongolei. Der Kaiserliche Postdienst war dort stationiert, und an diesem Ort befanden sich Tempel mit Gemälden wie diesem hier. Die Geschichten erzählen.«
»Ich spüre die Vibrationen der Jade sehr deutlich«, vermeldete Dean.
»Mr. Campbell«, sagte Robert ruhig. »Ist die Jade in diesem Raum oder in der Nähe?«
»Ich glaube, sie befindet sich hinter diesem Gemälde.«
»Ah.« Robert zog seine Waffe heraus. Miri glaubte zwar nicht, dass Waffen, die gerade unter Wasser gewesen waren, noch funktionierten, aber sie unterdrückte einen Schrei, als Dean sie von dem Gemälde wegzog. Robert drückte ab.
Die Kugel schlug in die Wand ein und hinterließ ein Loch in dem Meisterwerk. Miri hatte das Gefühl, sie müsste jetzt dabei zusehen, wie Michelangelos David mit einem Hammer zu Staub zertrümmert wurde oder die Mona Lisa einer Schere zum Opfer fiel oder der Originaltext von Der Traum der Roten Kammer zu Asche verbrannt wurde. Ihr war nach Heulen zumute.
Robert trat an die Wand und warf einen Blick durch das Loch. Er schob eine Hand hindurch. »Auf der anderen Seite befindet sich ein Raum.«
Miri riss sich von Dean los. »Ich kann nicht glauben, dass Sie das wirklich getan haben. Sie ... Sie Neandertaler!«
Robert hielt erstaunt inne. »So allerdings wurde ich bisher noch nie genannt.« Dann machte er sich daran, die Wand einzureißen.
»Miri«, sagte Dean.
»Sicher. Geh nur, hilf ihm.« Es machte sie zwar krank, aber wenn sich die Jade wirklich auf der anderen Seite befand, gab es keinen anderen Weg als den durch diese Wand.
Während die Männer arbeiteten, trat sie an das andere Ende des Gemäldes und untersuchte es. Die Farben waren noch unglaublich leuchtend, die Einzelheiten wundervoll ausgearbeitet, aber als sie die Figuren betrachtete, fiel ihr etwas Merkwürdiges auf. In der unteren Ecke des Bildes standen Worte. Es war kein Chinesisch, keine Bildsymbole. Sondern dieselbe Schrift wie auf der
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