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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Jade.
    Sie ging auf Hände und Knie herunter. Diese Keilschrift hatte sie lange genug studiert, um zu erkennen, ob die Zeichen auf dem Gemälde dieselben waren wie die auf dem  Stein. Und wirklich, sie waren es! Ihr fiel ein bestimmtes Zeichen sofort ins Auge. Sie fuhr mit dem Finger darüber und erwartete fast, dass es aufglühte.
    »Ich glaube, ich sehe da eine Art Wand auf der anderen Seite«, sagte Dean. Miri stand auf, ging an dem Bild entlang und suchte nach weiteren Inschriften, nach ähnlichen Zeichen. Ihr fiel auf, dass einige Figuren auf dem Bild ungewöhnliche Farben hatten, Farben, die man in traditionellen chinesischen Kunstwerken normalerweise nicht fand. Grüne Augen. Goldene Augen. Rote Augen. Weiße Augen. All diese Blicke starrten in eine einzige Richtung: auf die Inschrift in der Ecke. Miri lief zurück. Sie stellte sich um diese Worte herum den schwachen Umriss von Schultern vor.
    »O mein Gott!« Sie hockte sich auf die Fersen und sah hoch. Ein weiterer Drache wand sich ganz oben auf dem Bild, direkt über den Worten. Er hatte goldene Augen, menschliche Augen. Also war es kein gewöhnlicher Drache. Miri trat zurück, um das Gemälde ganz sehen zu können. Es gab noch mehr Drachen auf dem Bild, es gab überhaupt viele Tiere. Sogar einige Menschen mit Flügeln.
    Sie merkte, wie sie den Kopf schüttelte, konnte aber nicht damit aufhören. Da stimmte etwas nicht, etwas passte nicht zusammen.
    Steine bröckelten, Robert war durchgebrochen. Dean bedeutete Miri, zu ihm zu kommen, aber sie rührte sich nicht. Sie stand nur da und betrachtete das Gemälde, während das Licht ihrer Lampe von Szene zu Szene wanderte.
    »Das erklärt alles«, sagte Miri schließlich zu Dean. »Sieh her, sieh dir ihre Augen an. Kommt dir das nicht bekannt vor?«
    Dean runzelte die Stirn. Als er den Drachen und die anderen Kreaturen sah, knurrte er leise. Miri zog ihn in die Ecke zu der Inschrift. Sie nahm den Jadestein aus ihrer Tasche und verglich die Einkerbungen auf der glatten roten Oberfläche mit der Keilschrift auf dem Gemälde. Es gab zwar einige Zeichen auf dem Gemälde, die sich nicht auf dem Stein fanden oder sich unterschieden, aber es war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dieselbe Schrift. Dean schloss die Augen.
    Robert rief nach ihnen. Sie rannten zu dem Loch und sahen hindurch.
    »Da drin ist überhaupt nichts«, erklärte er und drehte sich in dem dunklen Raum um. »Diese Kammer ist vollkommen leer.«
    »Das ist unmöglich«, sagte Dean.
    Aber als sie in den Raum hineinspähten, sahen sie, dass es stimmte. Nur blanke, grobe Wände, die ohne jeden Zweck oder künstlerische Absicht behauen worden waren. Sie senkten sich hinab und verdeckten ihren Blick auf den Rest des Raumes. Sie konnten bis zu dem Teil der Kammer sehen, der sich unmittelbar vor dem Abschnitt des Gemäldes befand, auf dem sich die Inschrift befand. Es war solides Gestein. Allerdings schien die Wand ein Stück vor dem Teil des Gemäldes mit der Inschrift aufzuhören.
    Miri fasste Deans Hand, zog ihn in die erste Kammer zurück und führte ihn ans andere Ende des Gemäldes. »Schlag das da weg«, sagte sie und deutete auf die Stelle mit der Inschrift.
    Dean zögerte nicht. Er hämmerte mit dem Knauf seiner Pistole gegen den Stein, der nach nur drei Schlägen schon bröckelte, erheblich schneller, als Miri erwartet hatte. Robert tauchte ebenfalls auf, sah kurz zu und bückte sich dann, um Dean zu helfen. Sie krabbelten am Fuß des Gemäldes umher, und auch wenn Miri Gewissensbisse hatte, weil sie dazu beitrug, dass dieses Kunstwerk zerstört wurde, brannte sie vor Aufregung. Es war das Gefühl, ganz dicht vor einer wirklich großen Entdeckung zu stehen.
    Dafür lebst du, sagte sie sich. Das liegt dir im Blut.
    Knochen, Staub und Geschichte, die unantastbare Wahrheit, die von Fakten und Beweisen gestützt wurde. Und wenn die Wahrheit größer war, als sie erwartet hatte, wenn sie das Fantastische, wenn sie Kreaturen aus den Legenden umschloss, dann war es eben so. Diese Welt, ihre Welt, schien groß genug, um mit allem fertig zu werden.
    Hinter diesem Abschnitt des Bildes befand sich ein Loch, das zu einer anderen Kammer führte, die direkt neben der ersten lag. Robert zwängte sich als Erster hinein. Der Raum war größer, als er auf den ersten Blick gewirkt hatte, und erstreckte sich weit nach rechts. Miri roch Wasser. Die Luft war kühl, und es zog. Fast windig war es.
    Mitten in dem Raum, auf allen Seiten von Wasser umgeben,

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