Geliebte des Feuers
Teil der Stadt sie sich jetzt wohl befanden.
Dann hörte der Tunnel plötzlich auf.
»Es ist nur eine Mauer«, sagte Robert, nahm Anlauf und sprang mit überraschender Leichtigkeit die steile Wand hinauf. Er hielt sich an der oberen Kante fest und zog sich hoch. Dann setzte er sich rittlings auf den Rand und streckte seine Hand aus. Dean hob Miri hoch, und Robert zog sie hinauf. Miri sprang nicht sofort auf der anderen Seite hinab. Sie stützte sich ab und hielt die andere Hand neben der von Robert nach unten; gemeinsam zogen sie Dean herauf.
Der Boden auf der anderen Seite der Mauer war höher. Sie brauchten nicht einmal zu springen, um den Grund zu erreichen. Miri blickte nach oben. Sie standen in einer Höhle, deren Decke so hoch und dunkel war, dass sie sie nicht erkennen konnte. Der Lichtstrahl aus ihrer Taschenlampe reichte nicht bis oben hin.
Aber von der schattigen Decke hing wie die langen Haare eines Giganten ein Wald aus Tauen herunter. Es waren dicke Taue, die muffig rochen, nach Schimmel und Fäulnis. Miri trat näher und erkannte viele verschiedene Fasern: Hanf, Seide und menschliches Haar.
»Dean«, sagte sie. »Bitte sag nicht, dass wir an diesen Dingern hochklettern müssen.«
»Ich glaube nicht«, erwiderte er. »Ich spüre keinen Zug nach oben.«
»Ich kann die andere Seite der Höhle nicht erkennen.« Robert versuchte, durch das Gewirr zu blicken. Er streckte die Hand aus und schob ein Bündel Taue zur Seite. Miri hörte ein merkwürdiges Klingeln wie von Glas oder Metall.
Dean riss sie zurück, packte Robert und zerrte auch ihn weg. Unmittelbar danach prallten einige glitzernde Gegenstände auf den Boden, wo der Mann eben noch gestanden hatte. Sie kletterten hastig zurück, und Miri erwartete fast, die Objekte würden vom Boden hochspringen und sie angreifen.
Robert näherte sich ihnen, hockte sich hin, hob eines auf und kehrte damit zu Dean und Miri zurück, die das Ding auf seiner Hand mit ihren Lampen beleuchteten.
Es bestand aus Metall und war wie ein Stern geformt. Die Ränder waren rasiermesserscharf und mit einer klebrigen braunen Substanz bedeckt.
»Gift«, sagte Robert. »Jedenfalls vermute ich das. Ich könnte mich natürlich auch irren.«
»Gift«, wiederholte Miri. »Und diese Sterne fallen herunter, wenn man die Taue bewegt.«
»Da hängen eine Menge Taue«, sagte Dean. »Wenn wir da durchwollen, ist es unmöglich, keins davon zu bewegen.«
»Und wir haben nichts dabei, womit wir unsere Körper schützen könnten.« Robert seufzte. »Mr. Campbell, wissen Sie in etwa die Richtung, in der die Jade sich befindet?«
Dean streckte die Hand aus und deutete auf eine Stelle etwas rechts von ihrem Standort.
»Also gut.« Robert rollte seine Hemdsärmel herunter. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dort oben eine unbegrenzte Menge dieser Sterne befindet. Ich werde so viele wie möglich zum Herunterfallen bringen und dabei die Richtung einschlagen, die Sie mir gezeigt haben. Wenn ich das getan habe, sollten Sie beide mir relativ sicher folgen können.«
»Sie stehen wohl auf Schmerzen«, erkundigte sich Dean.
»Was sollen wir sonst machen? Wir können ja nicht mit Steinen werfen, denn hier gibt es keine, und selbst wenn, so könnten wir damit unmöglich alle Sterne herunterholen. Wollen Sie Dr. Lees Leben deswegen aufs Spiel setzen? Nein. Einige Dinge erfordern eben, dass man selbst Hand mit anlegt.«
Robert warf sich in das Dickicht der Taue. Das Geräusch, das er dabei auslöste, erinnerte Miri an eine Kirche. Die kleinen Sterne klingelten wie Glöckchen, als sie durch diesen Dschungel zu Boden fielen. Dean schob Miri zurück, schützte sie mit seinem Körper, als könnte sich ein Stück Metall verirren und sie treffen. Sie stellte sich jedoch auf die Zehenspitzen und sah über seine Schulter. Die Seile vor ihnen bewegten sich nicht mehr, aber das Läuten hatte nicht aufgehört. Und Miri fragte sich, wie weit Robert laufen musste und ob er es schaffen würde.
Schließlich kehrte Ruhe ein, wie nach einem Hagelschauer. Dean rief Roberts Namen, aber der antwortete nicht. Miri trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.
»Glaubst du, dass er noch lebt?«
»Nein.« Dean ging zu den Seilen. Miri folgte dicht hinter ihm.
»Bleib hier«, sagte er. »Lass mich vorgehen.«
»Nein«, widersprach Miri. »Zusammen oder gar nicht.«
Fast hätte Dean mit ihr gestritten, aber Miri erwiderte eigensinnig seinen gereizten Blick, bis er schließlich nickte. Er nahm ihre Hand
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