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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Creme gebrochen wurde. Über den blauen Himmel glitten Wolken. Das Licht der Stadt funkelte anders, jetzt, da sie am Rand eines tiefen Grüns zu schweben schien: das Meer. Aber Miri war vollkommen auf den Mann konzentriert, der vor ihr stand, mit seinem blonden Haar, das genauso leuchtete wie seine Augen, die ebenso scharf und hart wirkten wie sein Mund.
    »Was hast du gesehen?«, fragte ihn Dean.
    »Eure Träume«, erwiderte Ren. Auf seiner Haut glitzerte Schweiß, die Muskeln unter seiner glatten honigfarbenen Haut waren angespannt. »Deine Träume stimmen nicht, Dean. Es sind keine Träume. Und bei Miri ist es genauso.«
    Sie stand auf. Sie konnte einfach nicht mehr sitzen bleiben. Etwas in seiner Stimme brachte sie dazu, nach einem Halt zu suchen, nach der Illusion von Kontrolle, die ihr der feste Boden unter ihren Füßen geben konnte. Sie bewegte sich leicht schwankend mit dem Boot.
    Mein Körper, mein Verstand, meine Gedanken ...
    »Sag mir, was das bedeutet«, bat sie. Dean trat neben sie und griff nach ihrer Hand.
    »Erinnerungen«, sagte Ren. »Das, was nachts in euren Köpfen geschieht und das ihr für Träume haltet. Es sind Erinnerungen. Außergewöhnliche Erinnerungen allerdings.«
    Dean trat vor. »Red keinen Scheiß. Was ich sehe ...«
    »Ist nicht, für was du es hältst. Es sind keine Träume.«
    Sie konnten ihm nicht ins Gesicht sagen, dass er ein Lügner wäre. Miri dachte nicht einmal an diese Möglichkeit. Sein Blick wirkte zu überzeugt. Koni stand ebenfalls auf. Seine Augen leuchteten golden, schienen das Gold wie Tränen über seine Wangen zu verteilen. Dann huschte etwas Dunkles darüber. Federn, die wie flüchtige Schatten auftauchten und verschwanden. Er sah aus, als würde er auf der Stelle kämpfen wollen ... oder davonfliegen.
    Magie. So viel Magie.
    »Wie kannst du so etwas sagen?« Miri wandte sich an Ren. »Wie kannst du unsere Träume sehen?«
    »Wie kann Dean den Teddybären eines Kindes anfassen und dieses Kind auf der anderen Seite der Welt finden? Wie kann Koni sich in eine Krähe verwandeln?« Ren schüttelte den Kopf. »Jeder von uns ist anders, Dr. Mirabelle Lee. Und nach dem, was ich gesehen habe, hast du deine eigenen Geheimnisse, Dinge, von denen du nicht einmal weißt.«
    »Dann solltest du sie mir verraten«, erwiderte Miri. »Und zwar sofort.«
    Ren schloss die Augen. Seine Haut glühte förmlich im Licht der aufgehenden Sonne. Die Luft fühlte sich plötzlich heiß an, viel zu heiß. Die Nachtkühle war verschwunden, Feuchtigkeit stieg an Miris Rücken hinauf. Die Seide ihres Morgenmantels klebte an ihrem Rücken, und sie bekam kaum Luft.
    »Jemand hat eure Erinnerungen geraubt«, sagte Ren. »Jemand hat euer beider Leben begraben, und wer auch immer das getan hat, er hat es wirklich ziemlich gut gemacht. Die einzige Möglichkeit für euch, Zugang dazu zu bekommen, führt über euer Unterbewusstes.«
    »Nein«, widersprach Dean. »Nein. Roland war in meinem Kopf, Mann. Er hätte doch Spuren von diesem Eingriff gefunden.«
    »Diese Art von Spuren nicht«, erklärte Ren. »Wie gesagt, wer das getan hat, verstand sein Handwerk. Ich habe es auch nur deshalb herausgefunden, weil ich mich mit Träumen auskenne.«
    Dean setzte sich mit einem Ruck hin und zog Miri auf seinen Schoß. Sie protestierte nicht. Sein Körper wirkte zu angespannt. Vermutlich musste er sich an jemandem festhalten, und außerdem ging es ihr genauso. Sie war nicht ganz sicher, was sie von Rens Feststellung halten sollte; seine Worte waren zwar deutlich, aber ihre Bedeutung erschien zu sonderbar. Jemand hatte an ihren Erinnerungen herumgepfuscht? Ihre Träume waren Erinnerungen? Und wovon hatte sie in der letzten Nacht eigentlich geträumt?
    Knochen. Sand. Ketten. Dunkelheit in meinem Mund, die mein Herz verschluckt. Etwas Kaltes unter meinem Rücken, um meinen Körper. Stein. Wasser. Keine Kleidung, und irgendwo in der Nähe ein Mann, am Boden, ein Mann, der in Eisen geschlagen ist.
    »Ren«, sagte sie. »Es ist völlig unmöglich, dass der Traum, den ich gestern hatte, eine Erinnerung sein kann. Niemals. Ich habe in den letzten Tagen gelernt, einiges zu akzeptieren, aber das ist einfach zu viel. Ich kenne mein Leben. Ich erinnere mich an mein Leben!«
    »Ich auch.« In Deans Stimme schwang jedoch ein leiser Zweifel mit, und Miri wandte den Kopf zu ihm um.
    »Du hältst es für wahr?«
    Dean zögerte. »Ich weiß es nicht.«
    Ren ließ sich in den Stuhl fallen, den Miri geräumt hatte, und streckte die

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