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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Steinen in der Brust starben, mit Steinen, die für die Augen der Götter gemacht waren, in eine Welt, wo Fremde Pistolen zückten und Freunde entführten, in denen Freunde, die tot waren, Freunde, die Herzen stahlen und ihre eigenen herschenkten, plötzlich durch offene Türen spazierten, lebendig, gesund und munter, nach Jahrzehnten des Todes.
    Du bist übergeschnappt, sagte sie sich. Tu dir das nicht an. Bitte nicht!
    Aber ihre Augen hatten sich auf die veränderte Helligkeit eingestellt, und sie konnte ihren Blick jetzt nicht abwenden. Sie konnte nicht aufhören, die Person anzustarren, deren Gesicht ihr beinahe so vertraut war wie ihr eigenes. Auch wenn es jetzt älter wirkte, mehr Falten hatte. Aber diese blauen Augen, diese Wangen, der Mund ... genau wie in ihren Träumen.
    Es ist zu viel. Alles spielt sich nur in meinem Kopf ab. In meinem Kopf, in meinem Herzen, und es hat sich miteinander verflochten wie ...
    »Dean«, flüsterte sie.
    Sein Herz brannte wieder. Die Haut darüber, der Schnitt, der sich tief und heiß in sein Fleisch eingegraben hatte, schien Feuer zu pumpen, so wie sein Herz Blut pumpte. Aber Dean beschwerte sich nicht. Er begrüßte den Schmerz. Er brauchte ihn, um konzentriert zu bleiben, bei Bewusstsein, weil der Anblick, der sich ihm bot, der Anblick in seinem Kopf einige Momente zuvor, schon genügt hätte, um ihn ohnmächtig werden zu lassen, Sternchen zu sehen, während die Welt um seinen Kopf kreiste - weil da eine Frau vor ihm stand und ihm in die Augen blickte, eine Frau, die seit Langem hätte tot sein sollen.
    Er war bereit gewesen, als sich die Tür öffnete. Zu allem bereit, zu töten oder getötet zu werden, aber als er in den Raum blickte, zu dem Mann mit der erhobenen Waffe in der Hand ... Gefährlich! Dieser Mann ist gefährlich ... sah er nur die nackte Frau im Schatten, die ihn mit Augen anstarrte, die wie schwarze Diamanten schimmerten. Sie glitzerten und strahlten, aber ihr Glanz war erstaunlich schmerzerfüllt. Dean vergaß fast zu atmen, als er in diese Augen blickte. Das Foto, die Visionen in seinem Kopf ... alles Lügen.
    Das hier war besser. Es war real. Und gut genug, um dafür zu sterben.
    Dann sagte sie seinen Namen ... seinen Namen, murmelte ihn, sang ihn wie ein uraltes Lied, und in seinem Hirn schien alles in sich zusammenzubrechen. Er hörte auf, Fragen zu stellen, sein Herz hörte auf zu kämpfen, gab alles auf, außer der Liebe.
    »Miri«, flüsterte er, »Bao bei.«
    Sie schloss die Augen. Das war ihre einzige Reaktion, jedenfalls soweit er sah. Der Mann trat vor sie, der Mann, den Dean in diesem Moment des Schocks vollkommen vergessen hatte. Das war dumm von ihm gewesen, unglaublich dumm. Sein Leichtsinn hatte sicherlich eine Kugel verdient.
    Dean hob die Waffe und zielte über Kimme und Korn auf ein grünes Auge, das kälteste Auge, in das er jemals geblickt hatte. Das Gesicht des Mannes war blutüberströmt, und auf seiner Nase zeichneten sich Zahnabdrücke ab. Dean warf Miri einen kurzen Seitenblick zu. Ihr Mund war rot verschmiert, eine noch frische Erinnerung an diesen Alptraum, als sie wie eine geborene Kämpferin Hannibal Lector gespielt hatte. Perfekt und entzückend. Sein Sweetheart.
    Der Mann bewegte sich, versuchte, Deans Blick auf Miri zu blockieren. Miri bewegte sich hinter ihm, versuchte unauffällig, um ihn herumzukommen. Es gelang aber nicht. Er streckte den Arm aus und blockierte den kleinen Flur. Miri blieb stehen, allerdings nur kurz; sie reagierte atemlos, schnell. Dean versuchte in ihr Gesicht zu sehen; ihre Nacktheit flößte ihm Angst ein, beschwor alle möglichen hässlichen Dinge herauf. Und weckte den unbändigen Drang zu töten.
    Es ist nicht möglich. Miri steht zu dicht neben ihm.
    Außerdem bereitete ihm das Gefühl Unbehagen, nicht zu wissen, was zur Hölle hier eigentlich los war. Obwohl es genügte, Miri anzusehen, ihren nackten Körper, und sich an die Vision zu erinnern, wie sie auf dem Bett lag oder auf dem Boden und der Kerl mit einer Hand ihr Haar gepackt hielt und ihr einen Fuß in den Unterleib rammte. Dieser Kerl erledigte offenbar irgendeine Drecksarbeit. Also war eine Kugel genau das, was er verdiente.
    Vielleicht sogar mehr als das. Er sah Miri an, die von den Toten auferstanden war, ganz wirklich und wunderbarerweise lebendig. Er erinnerte sich an eine andere Nacht vor vielen Jahren, als ihm jemand eine andere Waffe ins Gesicht gehalten hatte, und dann ... peng, peng ... ihr Körper, reglos und blutüberströmt

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