Geliebte Diebin
Vorhang und fand sich in einem kleinen Gang wieder, der etwa zwei Meter lang war und an dessen anderer Seite sich eine Tür befand. Diese Tür war abgeschlossen. Obwohl sie ihre Schulter mit aller Kraft gegen das dicke Holz drückte und an dem Griff zerrte, rührte sich die Tür nicht. Sie war gefangen.
Ihre einzige Chance war es, hier zu warten, bis der Priester einschlief und sich dann an ihm vorbeizustehlen.
Sie hörte, wie er die Kapelle betrat, hörte, wie er über dem Schluchzen einer Frau ein Gebet begann und Trost spendete, wie er von dem Mann dieser Frau sprach, der jetzt im Himmel war, und von einem Sohn, der seinen Vater nicht kennen würde. Das Weinen der Frau ließ nach, doch es hatte Aprylls Herz gerührt. Dies war nur eine Witwe, nur ein Kind, das keinen Vater mehr hatte. Wie viele andere Leben hatte Payton ausgelöscht?
Apryll hatte gewusst, dass sie ein Risiko einging, natürlich. Sie hatte gewusst, dass einige Leben auf dem Spiel standen, aber Payton hatte ihr versichert, dass niemand mit dem Leben bezahlen würde, es sei denn, sein Plan würde scheitern. Ansonsten würde niemand ernsthaft verletzt werden. Er war überzeugt davon gewesen, dass die meisten der Bewohner von Black Thorn auf dem Fest sein würden und dass diejenigen, die als Wachen für das Schloss postiert worden waren, leicht zu überwältigen wären. »Es wird ganz einfach sein, ihnen die Waffen wegzunehmen und sie zu fesseln und zu knebeln«, hatte er behauptet, als sie ihn gefragt hatte, wie er sich denn an den Wachen vorbeischleichen wollte. »Ich habe Leute im Schloss, jawohl, Schwester, Spione, die wissen, wo die Wachleute aufgestellt sind, und sie sind sicher, dass sie in der Lage sein werden, diesen Leuten genügend Bier, Met und Wein zu geben, so dass unsere kleine Gruppe unbemerkt das Schloss betreten kann.«
Was war sie doch für ein Einfaltspinsel gewesen, ihm zu glauben. Während sie nun in dieser schmutzigen Ec k e saß, dem Jammern der Witwe lauschte und den unschuldigen, besorgten Fragen des Kindes, verspürte sie ein entsetzliches Schuldgefühl. Sie würde niemals in der Lage sein, die Dinge wieder gutzumachen. Nicht jetzt, nachdem Menschen ihr Leben hatten lassen müssen. Sie wagte es, durch einen Spalt zwischen dem Vorhang und dem Türrahmen zu lugen, und ihr Herz wurde schwer, als sie im Licht der flackernden Kerze den Priester sah, der leise betete und dabei seine eine Hand auf das dunkle Haar der Frau und die andere auf den Kopf des Kindes gelegt hatte, das sich an die Röcke seiner Mutter klammerte. Die Augen des Kleinen hatten tiefe Ränder wegen des Mangels an Schlaf und er lutschte am Daumen.
Es ist deine Schuld, dass diese Frau Witwe ist.
Du bist dafür verantwortlich, dass dieser Junge seinen Vater niemals kennen wird.
Irgendwie, auf irgendeine Art, musst du das alles wieder gutmachen. Zuerst musst du den Jungen zurückbringen und dich dann Lord Devlynn stellen.
Wenn du dazu überhaupt noch die Möglichkeit hast. Vielleicht hat Payton deine Macht bereits endgültig untergraben. Er könnte jetzt, in diesem Moment, zurück auf dem Weg nach Serennog sein, um sich dort als Lord feiern zu lassen.
Kurze Zeit später hörte sie, wie die Frau und das Kind die Kapelle verließen, zunächst waren Schritte zu hören - dann Stille ... als sei das Zimmer leer. Sie hatte geglaubt, dass der Priester in seine Kammer kommen würde, doch sie hörte nichts anderes als das Kratzen der Pfoten der Mäuse hinter den Wänden ihres selbst erwählten Gefängnisses.
Sollte sie es wagen?
Vorsichtig schob sie den Vorhang beiseite und trat behutsam aus dem Alkoven. Sie stand nun im Schlafzimmer des Priesters und lauschte angestrengt. Die Kapelle war leer. Sie machte zwei Schritte auf die Tür zu, als sie auf dem Weg vor der Kapelle Schritte hörte. Schnell zog sie sich zurück, durch die Kammer in den verflixten Alkoven. Sie zog den Stoff davor, trat einen Schritt zurück und lehnte sich gegen die verschlossene Tür. Doch als sie die Hand nach hinten ausstreckte, um nach dem harten Holz der Tür zu tasten - wurde ihre Hand von einem eisernen Griff umklammert.
»Oh!« Panisch wirbelte sie herum.
»Wer zum Teufel seid Ihr ...?«, wollte Lord Devlynn in der Dunkelheit wissen, worauf Aprylls Knie beinahe nachgaben. Er zog sie durch die nun offene Tür, einige Stufen hinauf, riss an ihrem Arm und zwang sie, ihm zu folgen, bis er eine weitere Tür aufstieß und sie in ein großes Zimmer schubste, in dem ein Feuer hell brannte und
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