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Geliebte Gefangene

Geliebte Gefangene

Titel: Geliebte Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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hatten sie ihr nichts entgegenzusetzen.
    „Es tut mir sehr leid, Madam“, entgegnete er. Die Sache war ihm sichtlich unangenehm. „Aber ich muss Euch bitten, mir das Buch zu zeigen, das Euch der Priester gegeben hat.“
    Anne seufzte, reichte es ihm aber ohne Widerspruch. Sie vermutete, Simons Männer würden einige unnütze Stunden damit verbringen, den Text nach nicht vorhandenen kodierten Botschaften zu durchsuchen.
    Sie gingen nebeneinander das Hauptschiff hinunter. Standish öffnete die Kirchentür für sie, und der helle Wintersonnenschein fiel über die kalten Steinfliesen. Anne war schon halb die Treppe zum Hof hinuntergestiegen, die Wache dicht hinter ihr, als es passierte.
    Man hörte ein Zischen wie das Geräusch von Vogelschwingen in der Luft. Ein Pfeil durchstieß den Ärmel von Annes Mantel und bohrte sich in die Kirchentür. Sie fühlte einen scharfen, brennenden Schmerz und griff mit der Hand an ihre Schulter. Sie war wie betäubt. Die Sonne schien ihr direkt in die Augen, und ihr war schwindelig. Standish rief etwas und zog sie zu Boden. Sein Griff an ihrem Handgelenk war hart, und sie sah Blut auf ihrem Handschuh. Der Schmerz wurde schlimmer, und in ihrem Kopf begann es sich zu drehen.
    Ein zweiter Pfeil schlitterte über die Pflastersteine des Hofs, und ein weiterer wurde durch das Gebetbuch in Standishs Hand abgelenkt und bohrte sich in seine Seite. Mit einem Stöhnen sackte er in sich zusammen. Anne kroch zu ihm hinüber, riss sich den Mantel von den Schultern und versuchte, das Blut zu stillen. Sie blickte zu den Zinnen hinauf und sah für einen Moment, wie sich die Silhouette einer einsamen Gestalt gegen den Himmel abzeichnete. Ohne weiter nachzudenken, lief sie die Steinmauer zwischen den Türmen entlang, dann über die Stufen zum Burggraben hinunter und stolperte halb besinnungslos in den Schnee. Ihr stockte der Atem. Malvoisier … Er hatte Graftons Verteidigungsanlagen bezwungen.
    In diesem Moment ertönte laut die Kirchenglocke, um alle Bewohner der Burg zu warnen. Soldaten stürzten aus dem Wachhaus in den Hof. Pater Michael sprang wie ein großer, aufgereg ter Vogel vor ihnen herum. Er rang die Hände, bot aber sonst keine Hilfe. Man hörte Rufe, und Menschen rannten über den Hof.
    Erleichtert atmete Anne auf, als sie Simon die Stufen des Wachhauses herunter auf sich zulaufen sah. Der Mantel in ihren Händen war schon getränkt mit Standishs Blut, und ihr Kopf schmerzte vor Anstrengung, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Die Geräusche um sie herum schienen mal lauter, mal leiser zu werden. Sie versuchte aufzustehen und fiel mit einem Schmerzenslaut in den Schnee zurück. Sie sah, dass sich Edwina einen Weg durch die Menge bahnte, während Pater Michael seine Kutte zerriss, um Guy Standish zu verbinden. Schrecken und Schmerz trieben ihr die Tränen in die Augen.
    Simon kniete vor ihr im Schnee. Er griff mit einer Hand an den Kragen ihres Kleides und riss es auf, um die Wunde an ihrer Schulter freizulegen. Anne versuchte, ihn wegzustoßen.
    „Ich bin nicht verletzt!“, protestierte sie. „Es ist nur ein Kratzer. Kümmert Euch um Captain Standish! Er ist viel schwerer getroffen als ich …“
    Statt ihr zu antworten, glitten seine Finger sanft über die Wunde. Als er einen Stofffetzen als Notverband dagegen presste, konnte Anne einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken. Simon hörte es, und seine Kiefer spannten sich an. „Ihr hattet Glück“, sagte er grimmig. „Es ist ein böser Schnitt, aber nicht mehr.“
    „Das habe ich doch gesagt.“ Kälte und Schock ließen Anne zittern. „Bitte …“ Sie versuchte, sich aufzusetzen. „Ich möchte jetzt aufstehen.“
    Simon hüllte sie in seinen Mantel. Er hielt noch die Wärme seines Körpers, und Anne nahm ihn dankbar an. Seine Hände waren sanft, aber in seinen Augen brannte ein solch wildes Feuer, dass sie davor zurückschreckte. „Bleibt liegen“, sagte er. „Ihr blutet.“
    „Es ist nichts“, wiederholte Anne, aber ihre Beine zitterten, und sie war sich nicht sicher, ob sie stehen konnte. Sie kuschelte sich tiefer in die warmen Falten des Mantels. „Malvoisier“, sagte sie, während ihre Zähne klapperten. „Er war auf den Zinnen. Ich habe ihn gesehen. Er ist in Richtung des Burggrabens gelaufen …“
    Simon wirbelte herum. „Jackson, Mason, Clegg, nehmt die östliche Treppe! Schnell! Verney, Aston, durchsucht mit euren Männern das Haus! Verdoppelt die Wachen am Tor!“
    Es wurde eine Trage für Guy Standish

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