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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schlanken Beine an.
    Wie eine dem Meer entstiegene, zierliche, zerbrechliche Nymphe hockte sie auf dem Kahnrand – den Sternenschimmer auf ihrer Nacktheit.
    »Mary-Anne …«, wiederholte sie, und ihre Stimme hatte jetzt einen beinahe kindlichen Klang. »Damit fängt es schon an, Andres. Ich bin nicht Mary-Anne. Ich bin Joanna Tabora aus Santa Anna, einem winzigen Dorf in den Bergen von Córdoba in Kolumbien. Ich bin von meiner Familie die letzte … Vater, Mutter, die Brüder, die Schwestern – alle wurden getötet und ermordet … weil man auf unserem Land Öl entdeckte …«
    Andreas Rainherr schwieg. Was sollte er noch sagen nach diesem schrecklichen Geständnis?
    Er kam sich dumm, lächerlich und unmöglich vor in seiner Nacktheit. Die Romantik der nächtlichen Unendlichkeit von Himmel, Sternen und Meer wurde zu einer bedrohlichen Dumpfheit.
    Er drehte sich etwas weg von Mary-Anne, stellte sich an die Bordwand des verrotteten Kahns und beobachtete stumm den weißen Gischt der Brandung, der draußen an den Korallenbänken hochgeschleudert wurde.
    Sie legte mit beiden Händen ihre im Wind wehenden langen Haare wie einen schwarzen Schleier um ihren Körper. Es war, als überzöge ihren herrlichen Körper ein Frösteln.
    »Du sagst gar nichts, Andres?« fragte sie leise.
    »Da kann man nichts mehr sagen.«
    Er grub die Finger in den fauligen Bootsrand.
    »Warum erzählst du mir das gerade jetzt … hier … zu dieser Stunde, in der wir wissen, daß wir zusammengehören!«
    »Es ist alles so verrückt«, sagte sie. »Du hast dich in eine Piratin verliebt, ohne zu wissen, wer sie ist … Ich habe mich in einen Mann verliebt, der über fünfzehn Jahre älter ist als ich, den ich überfallen habe, um ihn auszurauben. Allein das ist schon irrsinnig!«
    »Ich liebe dich aber … und nicht das, was du bist oder warst oder getan hast. Wir wollten diese Vergangenheit auslöschen.«
    »Das wär eine zu leichte Theorie, Andres. In Wirklichkeit weißt du genau wie ich, daß man Vergangenheit nie ausradieren kann – weil wir nämlich alle Produkte der Summe unserer Vergangenheit sind.«
    Sie ließ sich nach hinten in das Boot gleiten, auf dem es keinen Sitz mehr gab. Sie legte sich auf den Boden des Kahns und kreuzte die Arme hinter ihrem Nacken. Ihr glatter Körper glänzte matt im diffusen Nachtlicht.
    Rainherr zögerte … dann schwang er sich ebenfalls über den Bootsrand und legte sich neben Mary-Anne auf den Boden. Es war ein wenig eng so nebeneinander, sie mußten Körper an Körper liegen, Wärme an Wärme, und sie spürten beide ihre Sehnsucht in jeder Pore. Jede Berührung löste ein schmerzhaftes, schnelleres Klopfen ihrer Herzen aus, und schließlich tasteten sie mit den Händen über den Körper des anderen …
    »Danke«, sagte sie plötzlich.
    Er hob leicht den Kopf und blickte in ihr glücklich-gelöstes Gesicht.
    »Wozu dieser Dank?«
    »Daß du mich jetzt nicht nimmst. Jeder Mann hätte das getan.«
    »Ich auch …«, brachte er heiser hervor.
    »Und warum fällst du nicht über mich her?«
    »Genau wegen dieses Wortes. Weil du es jetzt als einen Überfall betrachten würdest, als eine gewollte Vergewaltigung, die uns wohl beide glücklich macht – aber im Hintergrund immer die Gewalt erkennen läßt.«
    »Ich liebe dich dafür …«, sagte Mary-Anne leise. »Oh, wie liebe ich dich! – Soll ich erzählen?«
    »Bitte …«
    »Ich habe noch nie zu einem Mann gesagt: Ich liebe dich!«
    »Dann hast du es anders ausgedrückt.«
    »Ich habe einen Mann, wenn es einen gab, erduldet und ihn dann mit der Peitsche aus meinem Zimmer gejagt. Mit einer echten Peitsche aus Lederschnüren. Und keiner hat sich gewehrt. Das war in Cartagena.«
    »In Spanien?«
    »Nein, in Kolumbien. Eine Hafenstadt mit Flugplatz. Dort trifft man Matrosen aus aller Welt, die meistens auf abenteuerlichen Schiffen, regelrechten Seelenverkäufern, anheuern. Auch Soldaten und Marine, und vor allem einen Haufen gescheiterter Existenzen, die aus dem Hinterland, dem Hochland von Bolivar und Córdoba an die Küste ziehen, um dort ihre Beute zu verjubeln. Ein paar Goldnuggets, einige billige Saphire, Orchideensamen, Raubtierfelle, indianische Schrumpfköpfe – es gibt nichts, womit in Cartagena nicht gehandelt würde. Und sie alle kamen zu mir, legten mir die Edelsteine auf den Tisch oder das Fell eines Jaguars, und sagten: ›Na, Puppe, zier dich nicht. Bluse nach oben und Jeans runter … du bist's wert!‹«
    »Muß das alles sein?« fragte

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