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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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auftauchten und nach dem Rechten sahen. Kurzum: Er hatte gelebt wie ein Landadeliger, der mit ein paar Hundert Pfund im Jahr zurechtkommen musste. Selbst da war ihr der Unterschied zwischen ihren Lebensumständen gewaltig erschienen – um nicht zu sagen: unüberbrückbar.
    Doch das hier … Überall blitzte fein geschliffenes Kristall, die dunkel schimmernde Holztäfelung der Wände hob sich elegant von den dunkelroten Tapeten ab, die cremeweiß und golden gemustert waren. Und wenn Jessica den Kopf in den Nacken legte, konnte sie die hohe Stuckdecke bewundern, auf der sich weite Landschaften erstreckten. Sie fühlte sich, als hätte sie, in Sack und Asche gehüllt, einen Königssaal betreten. Vorsichtig streckte sie den Finger aus – nicht um die unglaublich zerbrechlich aussehende Vase zu berühren, die vor ihr stand, sondern einfach um sich zu vergewissern, dass sie echt war. Dass sie das alles nicht nur träumte. Denn es konnte nicht wahr sein. Es konnte ganz einfach nicht wahr sein.
    Hinter ihr klopfte es an die Tür. Hastig fuhr Jessica herum und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Sie kam sich vor wie eine Diebin, die gerade dabei ertappt worden war, wie sie sich die Taschen mit diesen unglaublichen Reichtümern füllen wollte.
    Es war nicht die Duchess of Parford, die in der Tür stand – es sei denn, der Duke war noch toleranter, als Mark sie hatte glauben machen wollen.
    „Mrs Farleigh.“ Der Mann, der vor ihr stand, war schmaler als Mark, aber größer. Er war ganz in Dunkelblau gekleidet, sein Haar war noch dunkler als das des Dukes. In seinen Zügen erkannte sie eine gewisse Ähnlichkeit mit Mark, doch nichts von dessen Unschuld fand sie in seinen blauen Augen.
    „Sie müssen Mr Sm… Mr Turner, wollte ich sagen … sein.“
    „Wie ich sehe, hat mein Bruder meinen schrecklichen Namen schon preisgegeben.“ Ohne auch nur die Andeutung eines Lächelns blickte er sie an. Sie schluckte. Lange sahen sie sich so an – wie zwei Katzen, die einander maßen und nicht wussten, was sie vom anderen halten sollten. Wenn sie nun wegschaute, so fürchtete sie, hätte sie verloren. Er würde sich auf sie stürzen und ihr das Fell waschen.
    „Ich beiße nicht“, meinte er schließlich und trat ein.
    „Nein? Sie sind doch Richter, nicht wahr?“
    Er setzte sich neben sie. „Schlechtes Gewissen? Keine Sorge. Mein Zuständigkeitsbereich erstreckt sich nicht bis nach London.“
    Wieder schluckte sie und sah beiseite.
    „Das“, sagte er, „sollte ein Witz sein. Ach herrje. Ich fange das mal wieder völlig falsch an.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Willkommen in der Familie.“
    Das war bestimmt eine Falle. Gewiss wartete er nur darauf, dass sie hineinlief. „Sie können kaum wünschen, mit jemandem wie mir verwandt zu sein.“
    Er sah sie an und zuckte gleichmütig mit den Schultern. „Hat Mark Ihnen denn gar nichts von mir erzählt? Ich lebe in Bristol, allein, und bringe regelmäßig die örtlichen Honoratioren gegen mich auf, weil ich immer wieder Lumpengesindel laufen lasse – einfach weil ich glaube, dass sie sich nicht der Verbrechen schuldig gemacht haben, derer man sie bezichtigt.“
    „Ah.“
    „Mittlerweile nennen sie mich Lord Justice“, fuhr er fort. „Wogegen ich mich normalerweise verwehren würde, aber es ist immer noch besser als Smite.“
    „Sie und Mark scheinen somit beide die Fantasie des ton anzuregen.“
    „Oh nein, das meinte ich nicht. Es sind die einfachen Leute, die mich Lord Justice nennen.“
    Obwohl er noch immer nicht lächelte, meinte Jessica, ein vergnügtes Funkeln in seinen Augen wahrzunehmen.
    „Und wie nennen die Honoratioren Sie?“
    „Euer Ehren“, sagte er, erhob sich und zwinkerte ihr zu. „Von Angesicht zu Angesicht. Hinter meinem Rücken, nun ja …“
    Da musste sie lachen, und nun bedachte auch er sie endlich mit einem Lächeln.
    „Nur darauf kommt es an“, verkündete er feierlich. „Lass sie hinter deinem Rücken reden, was sie wollen. Man muss nur stark genug sein, damit sie es einem nicht ins Gesicht sagen.“
    Jessica schluckte ein weiteres Mal. „Na dann. Gut, Lord Justice, und was soll ich tun?“
    „Meinen Bruder heiraten.“
    Ungläubig starrte sie ihn an. „Das kann nicht Ihr Ernst sein. Der Skandal …“
    „Wird beträchtlich sein.“ Er tat es mit einem Achselzucken ab. „Doch nichts, was sich nicht bewältigen ließe, wenn es einem das wert ist. Ich könnte jetzt die vielen rühmlichen Qualitäten meines Bruders

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