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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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möge, doch er hatte noch etwas zu erledigen. Er trug eine Verantwortung, die er viel zu lange vernachlässigt hatte und an die jeder mit einer blauen Kokarde geschmückte Hut ihn erinnerte, dessen er in London ansichtig wurde. Bereitwillig hatte er jeglichen Gedanken an die BMK und deren Anhänger verdrängt, Shepton Mallet hatte ihm aber gezeigt, welch ein Fehler das gewesen war.
    Nun, da Weston in Ungnade gefallen war, dürfte Mark der Posten in der Armenkommission so gut wie sicher sein. Allein vor der Vorstellung graute ihm. Wenn er diese Verantwortung auf sich nähme, müsste er sich auch dem anderen stellen.
    Weshalb er sich nun im Daniel’s wiederfand, einem Club für junge Gentlemen, der so exklusiv war, dass kein Türschild dem Unkundigen verriet, was sich hinter seinen Mauern verbarg. Wer nicht wusste, wo das Daniel’s lag, war der Mitgliedschaft ohnehin nicht würdig.
    Mark war kein Mitglied, hatte den Weg dorthin aber dennoch gefunden. Der Lakai am Eingang trug eine blaue Armbinde. Als er Marks ansichtig wurde, machte er große Augen, sparte sich aber, die Liste der Mitglieder zurate zu ziehen, und stellte keine impertinenten Fragen. Als Mark ihm sagte, weswegen er gekommen war, nickte er ernst.
    Er nahm Marks Hut und Umhang entgegen und reichte sie dem Diener an der Garderobe weiter. Durch die Tür des Garderobenraums konnte Mark einen Blick auf unzählige Hüte mit blauen Kokarden erhaschen. Wahrlich, er wagte sich in die Höhle des Löwen.
    Im Clubraum ging es sehr gediegen zu. Die jungen Männer saßen gesittet an Tischen und unterhielten sich leise. Mindestens die Hälfte von ihnen trug die blauen Armbinden der BMK. Hier flogen keine derben Scherze durch die Luft, es gab kein lautes Gelächter wie in manch anderen solchen Clubs. Daniel’s galt nicht umsonst als Brutstätte von Englands künftigen Amts- und Würdenträgern – hier reiften junge Männer heran, die eines Tages ihren Platz im Parlament einnehmen oder ein Herzogtum erben würden.
    Der Lakai führte Mark in ein kleines Hinterzimmer, wo ein junger Mann ganz für sich allein saß. Den Namen des Burschen hatte Mark zwar öfter gehört, als ihm lieb war, doch zu Gesicht bekommen hatte er ihn bislang nie. Der andere musste fast in seinem Alter sein, schätzte er. Seltsam, dass ihre Wege sich nie in Eton oder Oxford gekreuzt hatten. Mark fragte sich, wo er stattdessen gewesen war. Seltsam.
    Jedidiah Pruwett trug das dunkle Haar kurz geschoren und einen spärlich wachsenden Bart. Seine Augen lagen hinter Brillengläsern verborgen. Der einzige Farbtupfer an seinem dunklen Aufzug war die blaue Armbinde – die indes war frisch gestärkt und penibel geplättet. Er war so sehr in seine Lektüre vertieft, dass er Mark zunächst nicht bemerkte.
    Mark zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. Pruwett las in der Bibel. Während er das tat, strich er gedankenverloren über seine Brillenbügel. Er schien wirklich ganz weit weg zu sein.
    Mark wartete. Pruwett blätterte um, schaute kurz auf – und ließ das Buch vor Schreck fallen und stieß ein Glas Wasser um.
    „Sir!“ Er sprang auf und hätte dabei fast noch seinen Stuhl umgeworfen. Mit Mühe hielt er seinen Stuhl fest und versuchte, die Bibel vor dem verschütteten Wasser zu retten. Dabei trat er auf seinen Hosensaum, stolperte und ging zu Boden.
    Mark hob die Bibel auf und bot dem Mann seine Hand, um ihm aufzuhelfen. Pruwett seufzte abgrundtief und mühte sich hoch.
    „Wie peinlich“, murmelte er, als Mark ihn wieder auf die Beine gestellt hatte. „So hatte ich mir meine erste Begegnung mit Ihnen nicht vorgestellt, Sir. Normalerweise bin ich auch nicht so tollpatschig, das müssen Sie mir glauben. Es war die Überraschung, Sie hier zu sehen.“ Noch immer hielt er Marks Hand. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, welche Inspiration Sie für mich waren, Sir. Ich verdanke Ihnen einfach alles. Bevor ich Ihr Buch gelesen habe, war ich …“ Er errötete. „Ich war verloren. Die BMK habe ich gegründet, um anderen zu helfen, ihren Weg zu finden, so wie auch Sie mir geholfen haben.“
    Mark zog seine Hand zurück und verspürte leises Unbehagen. „Nun ja, das freut mich. Vielen Dank.“
    Pruwett kramte umständlich nach einem Taschentuch und begann das Wasser vom Tisch zu wischen. „Kann ich irgendetwas für Sie tun?“
    Eigentlich war Mark gekommen, um ihn zu bitten, doch einfach mal weniger zu tun. Aber Pruwett wich seinem Blick beharrlich aus. Nachdem das Taschentuch sich als vergeblich

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