Geliebte Schwindlerin
lachen.
„Ich helfe Connie, wie sie es von mir erwartet“, sagte sich Minella. „Das kann doch nicht falsch sein. Papa hat auch allen Leuten geholfen.“
Kaum hatte sie ihre Sachen im Koffer verstaut, da wurde sie schon zur Eile gemahnt. Es gäbe noch soviel vorzubereiten, wurde ihr gesagt.
„Nun komm schon“, drängte Connie. „Wenn Natty gute Laune hat, rückt sie die schönsten Roben heraus, sonst ist das ganze Unternehmen gefährdet. Minella muß für ihre Rolle entsprechend herausgeputzt werden.“
„Unbedingt“, fand auch Nellie und sagte beruhigend zu Minella: „Du schaffst das schon. Dir steht bestimmt alles, was wir für dich heraussuchen. Bei dem Gesicht!“
„Das hast du dir gedacht“, widersprach Gertie. „Hübsche Kleider sind wichtiger als alles andere. Wer weiß das besser als wir!“
Sie drehte sich kokett vor dem Spiegel, während sie ihren Hut aufsetzte.
„Du mußt auch einen Hut tragen, wenn wir ins Theater gehen“, belehrte Connie ihren Gast. „Hast du nur den einen, den du auf der Reise aufhattest?“
„Die anderen sind auch nicht modischer, fürchte ich“, sagte Minella bedauernd. „Sie gehörten alle meiner Mama.“
„Deiner Mama stand jeder Hut“, sagte Connie lächelnd. „Setz einfach irgendeinen auf. Wenn wir beizeiten am Theater sind, sieht dich sowieso niemand.“
Auf der Treppe rief Connie nach Ted und wies ihn an, den Koffer zu holen. Vor dem Haus wartete eine Mietdroschke auf sie. Der Koffer wurde neben den Fahrersitz gehoben, dann stiegen die vier Mädchen lachend und schwatzend in die enge Kutsche.
In ihrer Mitte kam Minella sich wie ein im Käfig gefangener unscheinbarer Spatz zwischen anmutigen Kolibris vor.
Für die anderen war es offenbar ein Riesenspaß, den Grafen mit einer fremden Tischdame zu überraschen. Die ganze Fahrt über redeten sie von nichts anderem und ließen sich auch über den Gastgeber aus.
„Mir ist er manchmal direkt unheimlich“, gab Nellie ihre Meinung kund.
„Das bildest du dir nur ein“, entgegnete Gertie. „Du bist eben nicht sein Typ, das ist alles. Brünette hat er noch nie gemocht.“
Nellie warf den Kopf in den Nacken. „Auf seine Gunst kann ich verzichten. Ich bin ganz glücklich mit Charlie. Habe ich euch eigentlich schon erzählt, daß er mir für den Winter einen Zobel versprochen hat?“
„Nein!“ rief Gertie aufgeregt aus. „Kaum zu glauben!“
„Er hat es mir fest versprochen“, wiederholte Nellie. „Und ich werde schon dafür sorgen, daß er dazu steht. Ich brauche dringend etwas mollig Warmes für den Winter.“
„Aber wir sprachen doch über den Grafen“, mischte Connie sich ein, als fürchte sie, Minella könne Anstoß am Geschwätz der Mädchen nehmen.
„Richtig“, sagte Gertie. „Dir wird er als einer der bestaussehenden Männer erscheinen, die dir je begegnet sind, Minella.
Aber er ist zynisch, illusionslos und auch unheimlich blasiert.“
„Eine treffende Beschreibung“, stellte Connie lachend fest, „aber sie stammt bestimmt nicht von dir.“
„Archie hat sich neulich so über ihn geäußert“, gab Gertie zu. „Möchte wissen, was das blasierte Gehabe eigentlich soll.“
„Wenn ich sein Geld hätte, wäre ich vielleicht auch so“, entgegnete Nellie. „Selbst Charlie ist neidisch auf ihn, besonders seit er das Goodwood-Rennen gewonnen und Charlies Pferd um Kopflänge geschlagen hat.“ Sie seufzte, als hätte sie daran eine unangenehme Erinnerung, dann wandte sie sich lebhaft an Minella: „Charlie wäre mächtig ungehalten gewesen, wenn die Party am Wochenende ins Wasser gefallen wäre. Schon deshalb bin ich dir sehr dankbar.“
„Stimmt“, pflichtete Gertie ihr bei. „Beryl wird auch erleichtert sein, wenn sie erfährt, daß du für Katy eingesprungen bist.“
Der Bühneneingang zum Theater war für Minella eine herbe Enttäuschung. Ihr Vater hatte ihr so anschaulich geschildert, wie diese Pforte von Verehrern der Künstlerinnen belagert wurde, daß sie sich etwas Glanzvolles darunter vorgestellt hatte. Dabei war es nur eine ganz gewöhnliche Tür in einer Seitengasse, die von einem schnauzbärtigen Mann mittleren Alters von einem kastenähnlichen Gebilde aus bewacht wurde. Er brummte einen Gruß und schien überrascht, daß die Mädchen schon erschienen.
„Wo ist Natty?“ fragte ihn Connie.
„Weiß ich nicht“, grollte er. „In der Garderobe, nehm’ ich an.“
„Sag ihr, daß wir sie dringend brauchen, sei ein Schatz!“ bat Connie. „Es ist
Weitere Kostenlose Bücher